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Dead End: Thriller (German Edition)

Dead End: Thriller (German Edition)

Titel: Dead End: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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Geräusch schien aus den Wänden zu kommen. Dicht neben meinem blutigen Fuß lagen ein dreieckiges Gewebestück, von dem ich wusste, dass es mein Uterus war, und ein scharfes Messer mit langem Griff und stählerner Klinge.
    Mach Schluss. Jetzt gleich.
    Ich glaube, ich habe es vielleicht sogar laut gesagt, der Gedanke war so glasklar.
    Ein bisschen mehr Schmerz – du hast doch schon so viel durchgemacht, was machen da ein paar Sekunden mehr noch aus – und es ist vorbei. Sie können dir nie wieder etwas tun, du brauchst nie mehr daran zu denken, was sie mit dir gemacht haben. Du weißt, dass du das hinkriegst, du hast es doch schon mal gemacht, du hattest ein Messer in der Hand und hast dein Handgelenk vorgestreckt und …
    … das Messer war in meiner Hand. Ich lag auf den Knien und zitterte vor Kälte, oder vielleicht war das auch der Schock, und der Messergriff fühlte sich warm und glatt an. Fünf Buchstaben waren grob in die Klinge geritzt worden. LACEY . Mein Messer.
    Einen Augenblick lang mutig sein, und es ist geschafft. Tief Luft holen.
    Ein Gedanke. Ein winziger, halbherziger Einspruch, kaum imstande, sich Gehör zu verschaffen. Wenn man mir den Leib aufgeschlitzt hatte, wieso hatte ich dann keine höllischen Schmerzen?
    Ich starrte auf die Narbe an meinem linken Handgelenk hinab. Ich erinnerte mich an den weißglühenden Schmerz jenes Moments, als das Fleisch aufklaffte und Blut hervorbrach, ich erinnerte mich an die Schreie, die in meinen Ohren gegellt hatten.
    Du kannst es noch einmal tun. Du wirst es nicht einmal spüren, dein Körper ist doch schon mit Beruhigungs- und Betäubungsmitteln vollgepumpt, der Schnitt wird nicht viel mehr sein als ein Kitzeln, der Kuss einer Mutter, der dich liebevoll in den Schlaf schickt.
    Mein Arm war ausgestreckt, die Handfläche nach oben gedreht wie eine Opfergabe, der Griff des Messers fühlte sich an wie ein alter Freund, und ich war bereit.
    Und trotzdem, wie ein Klopfen an der Tür spät in der Nacht, war da dieser hartnäckige Gedanke, der mit aller Kraft auf sich aufmerksam machen wollte. Wenn ich den Boden unter mir fühlen konnte, kalt und hart, und das Holz des Messergriffs und die feuchte Klebrigkeit des Blutes, das mich bedeckte, wieso spürte ich dann keine Schmerzen?
    Mach schon! Es ist vorbei. Dein Leben war doch sowieso nichts. Hat es je einen einzigen Tag gegeben, der nicht kalt und schwer und einsam war? Wer wird denn überhaupt merken, dass du nicht mehr da bist?
    Konnte ein Sedativum Schmerzen betäuben und alle anderen Empfindungen intakt lassen? Irgendwie glaubte ich das nicht. Ich zwang mich, meinen verstümmelten Körper zum ersten Mal genau zu betrachten. Was ich sah, machte mir genug Mut, um ihn zu berühren.
    Ich war unverletzt. Oh großer Gott, mir fehlte überhaupt nichts. Ich legte die Hand auf meine linke Brust und fühlte ein Herz schlagen. Und ich atmete, natürlich atmete ich, meine Lunge war genau da, wo sie immer gewesen war. Unter dem Blut, von dem ich jetzt wusste, dass es nicht meins war, war mein Bauch unversehrt. Sie hatten mich nackt aufs Bett gelegt und mich mit Blut und Fleischfetzen bedeckt, die wahrscheinlich nicht einmal von einem Menschen stammten, und hatten gehofft, dass mir das den Rest geben würde.
    Du könntest es trotzdem tun. Beim zweiten Mal ist es immer leichter.
    »Nein«, sagte ich und legte das Messer neben mich auf den Boden. Es lag in einer dunkelroten Pfütze, die Klinge war ein schimmerndes Versprechen. Und ein kleines Stimmchen flüsterte in meinem Kopf: Bist du sicher?

80
    DC Richards verschaffte sich Zutritt zu Evis Haus, indem er ein kleines Badezimmerfenster einschlug. Gleich darauf öffnete er die Haustür.
    »Bleiben Sie bitte im Flur, Sir«, wies er Harry an. »Nichts anfassen.«
    Harry konnte Richards leise in sein Funkgerät sprechen hören, während er erst eine und dann eine zweite Tür öffnete. Er erhaschte einen kurzen Blick auf eine Küche, in der alles niedriger zu sein schien als gewöhnlich, und dann in einen Raum, der anscheinend ein Schlafzimmer war.
    Evis Haus. Alice hatte ihm vor Monaten die Adresse gegeben. Er hatte es sich viele Male auf Google Earth angesehen, hatte versucht, sich auszumalen, wie es wohl im Innern aussah. Irgendwie hatte er es sich gemütlicher vorgestellt, breite Kamine und weiches goldenes Licht, nicht diesen kalten, grandiosen Flur mit dem Boden aus Steinfliesen.
    Ein Rollstuhl stand neben der Tür. Er streckte die Hand aus, um über die Armlehne zu

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