Dead End: Thriller (German Edition)
Flint
Sie sollten vielleicht mal die Kunst der Präzision erlernen, Flint. Wenn ich einen Roman will, gehe ich in die Buchhandlung. Wegen der Reifenabdrücke habe ich diskrete Nachforschungen angestellt, aber ich würde mir davon nicht allzu viel versprechen. Es hat ungefähr um 16 Uhr aufgehört zu regnen. Die Polizei war gegen 3 Uhr früh vor Ort. Das macht elf Stunden, in denen alle möglichen angetrunkenen Eliteuni-Schnösel an dieser Stelle von der Straße hätten abkommen können.
Darf ich wiederholen, dass Sie nicht in Cambridge sind, um im Todesfall Nicole Holt oder in einem von den anderen zu ermitteln, sondern bloß eine hübsche Bekloppte sein und die Augen offen halten sollen?
Süße Träume.
Fünf Minuten verstrichen, und kein einziges Wort kam über meine Lippen, das man in der Kirche hätte wiederholen können. Ich wollte ihm gerade meinerseits eine Mail schicken – was in Anbetracht meiner Stimmung nicht ratsam gewesen wäre –, als die Tür aufging. Eine junge Frau mit lila Haaren, deren Gliedmaßen zu dünn schienen, um sie aufrecht zu halten, stand im Türrahmen.
»Laura?«, fragte sie und schwankte auf unfassbar hohen Absätzen. »Gott sei Dank, eine Mitbewohnerin in meinem Alter. Mein Gott, bin ich breit. Ist in dem Becher da Kaffee drin?«
Da war in der Tat Kaffee drin, er dampfte auf meinem Schreibtisch. Sie kam auf mich zugestolpert, nahm den Becher und trank daraus. Dabei schien sie gar nicht zu bemerken, dass der Kaffee heiß genug war, um sich daran zu verbrühen.
»Talaith?«, fragte ich. Sie war ein bisschen älter, als ich erwartet hatte. Vielleicht zwei- oder dreiundzwanzig.
»Toxin«, verkündete sie, während ihr ein Rinnsal heiße Flüssigkeit übers Kinn rann. Eine Moment lang schien es, als hielte sie nicht viel von meinen Kaffeekochkünsten. »Oder Tox«, fuhr sie fort. »Talaith nennt mich nur der Pfarrer.« Meinen Kaffee in der Hand, machte sie die Tür zum Flur zu, dann taumelte sie quer durchs Zimmer, stieß die Tür zu ihrem Schlafzimmer auf, stellte meinen Becher auf dem Boden ab und kippte vornüber aufs Bett. Sie nuschelte irgendetwas in ihr Kissen, das wohl ungläubiges Staunen darüber ausdrücken sollte, wie der Abend für sie verlaufen war.
Ich stand auf und wusste nicht, ob ich belustigt oder sauer war, und dann setzten die Trommeln ein.
»Es ist kein Blut, Evi.«
Evi saß am Küchentisch und versuchte, höfliche Konversation mit einer jungen Polizistin zu machen. DI Castell stand in der Tür.
»Und was ist es dann?«, fragte sie.
Castell zuckte die Achseln, machte ein verlegenes Gesicht. »Unser Labor ist nicht gut genug, um das sofort feststellen zu können, fürchte ich«, antwortete er. »Wir müssen es einschicken. Könnte ein paar Wochen dauern, bis wir Bescheid wissen. Aber Blut ist es definitiv nicht. Ich würde sagen, irgendeine Art Farbe.«
»Und wie ist das Zeug in mein Bad gekommen?«
»Also, das können wir Ihnen sagen«, meinte er und trat weiter ins Zimmer. »Irgendjemand hat es in Ihren Druckausgleichsbehälter gekippt. Wir haben ihn ablaufen lassen, und er ist sauber wieder vollgelaufen, aber Sie sollten wahrscheinlich morgen den Klempner holen, damit er sich das mal ansieht. Nur um sicher zu sein, dass es nichts Ätzendes war.«
»Ich habe doch die Schlösser auswechseln lassen«, sagte Evi. »Hier sollte eigentlich niemand reinkönnen.«
Einen Augenblick lang sah DI Castell sie nur an. »Wenn heute hier was repariert wurde, ist es durchaus möglich, dass der Betreffende reingekommen ist«, erwiderte er dann. »Wir fragen bei der Uni nach, mal sehen, ob irgendjemand aufgetaucht ist und behauptet hat, er müsse sich mal die Leitungen ansehen oder so was.«
»Vielen Dank«, sagte Evi.
»Diese Nachricht da auf dem Spiegel. Ich kann dich sehen. Wissen Sie, was das soll?«
Evi schüttelte den Kopf.
»Ganz schön unheimlich, so was im Badezimmer zu schreiben«, bemerkte die Polizistin.
»Schön«, sagte Castell. »Wir haben das ganze Haus überprüft, von oben bis unten. Alles ist da, wo es hingehört. Morgen früh schicken wir die Leute von der Spurensicherung her. Sind Sie sicher, dass ich Meg nicht anrufen soll? Sie kann in zehn Minuten hier sein.«
Evi schüttelte abermals den Kopf und dankte ihm. Sie stand auf, nahm ihren Stock und folgte den Beamten zur Tür. Auf der Schwelle zögerte Castell.
»Sie wissen, wo wir sind, wenn Sie uns brauchen?«, fragte er.
Sie nickte. Der DI hatte ihr bereits seine Karte gegeben, mit seiner
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