Dead Man's Song
Reparaturwerkstätten für Schuhe, Fahrräder oder Regenschirme, ein neues Kinocenter mit sechs Leinwänden und sogar ein Fitneßstudio.
Ollie klingelte erneut. Blitze zuckten hinter den niedrigen Gebäuden auf der anderen Straßenseite. Donner rollte. Die mittlere der drei Türen öffnete sich. Den Mann, der dort erschien und auf die Detectives und den Regen blickte, schätzte Carella auf etwa einsfünfundachtzig. Er hatte die breiten Schultern und den mächtigen Brustkorb eines Schwergewichtsboxers, was Reverend Gabriel Foster früher auch einmal gewesen war. Seine Augenbrauen waren gezeichnet von Narben, die das Ergebnis zu häufigen blindwütigen Widerstands gegen überlegene Gegner waren, als er überall im Land in Clubkämpfen antrat. Mit achtundvierzig sah er noch immer bösartig und gefährlich aus. Bekleidet mit einem moosgrünen Cordanzug über einem schwarzen Rollkragenpullover, schwarzen Schuhen und schwarzen Socken und mit einem schweren goldenen Ring am kleinen Finger seiner linken Hand stand er in der gewölbten offenen Tür seiner Kirche, während die Detectives draußen im Regen ausharren mußten.
»Sie haben schlechtes Wetter mitgebracht«, stellte er fest.
Den Polizeiakten zufolge lautete Fosters Geburtsname Gabriel Foster Jones. Er hatte ihn jedoch, als er zu boxen begann, zu Rhino Jones umgewandelt, und dann, als er als Prediger auftrat, zu Gabriel Foster. Foster betrachtete sich als aktiven Bürgerrechtler. Die Polizei sah in ihm einen Aufwiegler, einen opportunistischen Egomanen und einen Geschäftemacher, der die Rassendiskriminierung zu seinem eigenen Vorteil zu nutzen wußte. »Neuralgisches Terrain« war die polizeiinterne Bezeichnung für Orte, an dem das Erscheinen von Polizeikräften Rassenunruhen auslösen konnte. Nach Carellas Erfahrungen handelte es sich dabei vorwiegend um Kirchen.
Die Detectives standen im strömenden Regen auf der breiten Eingangstreppe der Kirche und warteten darauf, daß der Prediger sie hereinbat. Dieser zeigte durch nichts die Bereitschaft zu einer derartigen gastfreundlichen Geste.
»Detective Carella«, stellte Carella sich vor. »87. Revier. Wir suchen einen Mann namens Walter Hopwell. Soweit wir erfahren haben, soll er hier arbeiten.«
»Das trifft zu«, sagte Foster.
Der Regen prasselte unbarmherzig auf sie herab.
»Offenbar kannte er jemanden namens Daniel Nelson, der gestern vormittag getötet wurde«, sagte Meyer.
»Ja, ich habe es in den Nachrichten gesehen.«
»Ist Mr. Hopwell zur Zeit hier?« fragte Carella.
»Weshalb möchten Sie ihn sprechen?«
»Wir nehmen an, daß er möglicherweise über Informationen verfügt, die den Fall betreffen, in dem wir gerade ermitteln.«
»Sie sind doch der, der Sonny Cole erschossen hat, nicht wahr?« fragte Foster.
Carella sah den Prediger wortlos an.
»Was hat das mit unserer Frage zu tun?« fragte Ollie.
»Alles«, erwiderte Foster. »Dieser Officer hat kaltblütig einen Bruder getötet.«
Einen Bruder, dachte Ollie.
»Dieser Officer hat die Person erschossen, die seinen Vater getötet hat«, sagte Ollie. »Was überhaupt nichts mit Walter Hopwell zu tun hat.«
Regen rann an seinen Wangen herab und tropfte von seinem Kinn. Er war triefend naß, blickte in das gemütlich trockene Heim des Predigers und haßte das Arschloch, weil es trocken und schwarz war und so verdammt selbstgefällig auftrat.
»Sie sind hier nicht willkommen«, stellte Foster fest.
»Na schön, dann passiert folgendes«, sagte Ollie.
»Laß es gut sein, Ollie«, bat Carella.
»Aber ganz und gar nicht«, widersprach Ollie und wandte sich wieder an Foster. »Wir bitten den Staatsanwalt, Hopwell unter Strafandrohung als Zeugen in einem Mordfall vorzuladen. Dann kommen wir mit der Vorladung für Walter Hopwell alias Harpo Hopwell zurück, stellen uns vor Ihrer hübschen kleinen Kirche im Regen auf und fragen jeden, der herauskommt: >Sind Sie Walter Hopwell, Sir?< Wenn die Antwort ja lautet oder wenn wir keine Antwort kriegen, überreichen wir ihm die Vorladung für halb zehn morgen vormittag vor der Grand Jury. Wenn er vor der Grand Jury erscheinen muß, kann es vielleicht den ganzen Tag dauern, ihm dieselben Fragen zu stellen, die wir jetzt in einer halben Stunde klären können, wenn Sie uns reinlassen. Was halten Sie davon, Mister? Es ist Ihre Entscheidung.«
Foster musterte Ollie, als überlegte er, ob er ihn mit einem Hieb in den Magen oder mit einem sauberen Kinnhaken auf die Bretter schicken sollte. Ollie traute
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