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Dead Man's Song

Dead Man's Song

Titel: Dead Man's Song Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Troll Trollson
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Dame besuchen kann.«
    »Und unterwegs anhalten und eine Pizza essen kann«, sagte Kling.
    »Mit fünfzigtausend Mäusen kriegst du eine Menge Pizzas«, sagte Sharyn, spießte einen Pilz auf und schob ihn sich in den Mund. »Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie etwas gewonnen, du etwa?« sagte sie. »In meiner Jugend hat meine Mutter ständig Bingo gespielt. Das Höchste, was sie gewonnen hat, waren mal fünf oder zehn Dollar. Ich habe nichts gewonnen.«
    »Ich einmal ein Fahrrad.«
    »Wann?«
    »Als ich zwölf war. Auf einer Kirmes.«
    »Ohne Scherz?«
    »Ja. An einem dieser Rouletteräder. Ich weiß immer noch die Zahl.«
    »Und welche war es?«
    »Siebzehn. Schwarz mit weißen Streifen.«
    »Die Zahl?«
    »Das Fahrrad.«
    »Genauso wie wir«, sagte Sharyn.
    »Aber weißt du«, sagte er, »sie hat nie etwas gewonnen. Dies war eine Belohnung.«
    »Richtig, dafür, daß sie ihn verpfiffen hat«, sagte Sharyn.
    »Wir versuchen, diese Denkweise zu vermeiden«, sagte Kling.
    »Welche?« fragte Sharyn. »Und wer ist wir?«
    »Die Polizei. Die Denkweise, das Wahrnehmen einer öffentlichen Pflicht mit dem Verpfeifen von irgend jemand gleichzusetzen.«
    »Donnerwetter, das versucht ihr?« sagte sie. Und deponierte Teller und Stäbchen auf dem Nachttisch neben ihrem Bett. Dann leerte sie ihre Tasse Tee, rutschte zu ihm hinüber und küßte ihn auf den Mund.
    Sie schmeckte nach jeder schwarzen Frau, die er je gekannt hatte.
    Tatsächlich war sie die einzige Schwarze, die er je gekannt hatte, die einzige Frau, gleich welcher Farbe, die er in der nahen oder fernen Zukunft kennen wollte. Er betrachtete es als einen Glücksfall, daß sie über ihn das gleiche dachte, daß aus irgendeinem Grund in diesem verwickelten Universum zwei Menschen aus grundverschiedenen Stämmen sich gefunden und beschlossen hatten, es miteinander zu versuchen. Er hielt es für ein Wunder, und sie auch, daß sie es offenbar trotz vielfältiger Handicaps zu schaffen schienen. Man stelle sich das vor. Ein kleines Negermädchen aus Diamondback wird stellvertretende Polizeichefin, und ein weißer Junge auf einem Fahrrad wird Polizeidetective, und in dieser hektischen Stadt finden sie einander. Und verlieben sich ineinander. Das sollte man mal den Hutus und Tutsis, den Albanern und den Serben, den Arabern und den Juden erzählen.
    Sie beide wußten, daß die Gott-, Vaterland- und Brüderlichkeitsgeschichte, die man ihnen unabhängig voneinander in der Schule eingetrichtert hatte, heute nicht mehr in diesem Maße zutraf. Sie waren eine schwarze Frau und ein weißer Mann, die in der realen Welt zusammenlebten. Was sie hatten, war kein idealistisches demokratisches Gefühl, das auf Gleichheit basierte. Sie wußten, daß vieles von dem, was sie füreinander empfanden, mit identischen Vorlieben und Abneigungen zu tun hatte, ja, aber das war nicht alles. Sie hatten einen gleichgelagerten Sinn für Humor, und sie hatten die gleiche Arbeit, mehr oder weniger, und sie hatten den gleichen Geschmack in Bezug auf Bücher und Theater, und sie beide liebten Basketball und wählten gleich und sehnten sich nach einem Haus und drei Kindern, falls die Zukunft das für sie bereithielt - aber das war Amerika, und daher hatten sie ihre Bedenken und Sorgen hinsichtlich der Zukunft und hüteten sich, ihre Wünsche übermächtig werden zu lassen. In der Dunkelheit der Nacht, wo es keine Farben und keinen Mangel an Farben gab, könnten sie, falls sie jemals darüber nachdachten, ob ihre Ähnlichkeit dieses starke und ungewöhnliche Band zwischen ihnen geschaffen hatte, unabhängig voneinander zu dem Schluß gelangen, daß es auch ihre Unterschiede gewesen waren. Sie waren nicht farbenblind.
    Jeder Weiße oder Schwarze in Amerika, der einem erklärte, er oder sie wäre farbenblind, log.
    Tatsächlich hatte Kling sich von ihr angezogen gefühlt, weil sie schwarz und schön war und weil er neugierig war, und Sharyn hatte sich zu ihm hingezogen gefühlt, weil er so gottverdammt blond und weiß und gutaussehend und reserviert gewesen war. Zwischen ihnen bestanden Unterschiede, die Kontinente und Ozeane überspannten und von Urwaldtrommeln und Segelschiffen und Sklaven in Ketten und weißen Männern erzählten, die sie auf Märkten verkauften, und da war Blut im Schnee und Blut auf den Sternen, und Blut mischte sich mit Blut, bis Blut etwas Bedeutungsloses war. Diese Unterschiede brachten sie noch dichter zusammen. Wenn sie sich umarmten, erlebten sie eine Vertrautheit, eine

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