Dead Man's Song
Rechte an dem Stück hinterlassen würde.«
»Woher wissen Sie das?« fragte Carella.
»Er hat es ihr gesagt. Er sagte, wenn er stürbe, bekäme sie fünfundzwanzigtausend Dollar von der Lebensversicherung und die Rechte an diesem jämmerlichen kleinen Stück. Verzeihen Sie meine unfreundlichen Kommentare, aber diese ganze Angelegenheit geht mir fürchterlich auf die Nerven.«
Donnerwetter, was meinen Sie, wie uns die Sache nervt, dachte Carella.
»Ich sage Ihnen etwas«, meinte Zimmer. »Wir veranstalten morgen eine kleine Kennenlernparty…«
»Eine was?« fragte Brown.
»Ein kleines Treffen der üblichen Verdächtigen«, sagte er und grinste. »Warum kommen Sie nicht auch vorbei?«
Carella fragte sich, wo die einfachen Fälle geblieben waren, bei denen man zum Tatort kam und einen Kerl mit qualmender Kanone in der Faust und einer blutenden Leiche zu seinen Füßen vorfand. Zimmer hatte angedeutet, daß er selbst einen guten Verdächtigen abgab. Carella gab ihm recht. Aber das traf auch auf Cynthia Keating zu oder auf ihren geldgierigen Ehemann oder auf jeden der Rechteinhaber in London, Tel Aviv oder Los Angeles. Ganz zu schweigen von all den Leuten, die an der Produktion beteiligt waren - der neue Buchautor und Komponist, der Regisseur, die Choreographin, Zimmers Partnerin. Jeder, der das Stück auf der Bühne sehen wollte, hätte den Jamaikaner anheuern können, der Haie an der Badezimmertür aufgehängt hatte wie ein nasses Handtuch.
»Um wieviel Uhr morgen abend?« fragte er.
»Wollt ihr ein Rätsel hören?« fragte Parker. »Da habt ihr ein Rätsel.«
»Wir wollen keine Rätsel«, sagte Carella.
»Wir haben schon ein Rätsel«, sagte Meyer.
»Zwei Rätsel«, sagte Kling.
»Zu viele Rätsel«, sagte Brown.
»Hier ist mein Rätsel«, sagte Parker. »Ich stoppe neulich einen Burschen, der gerade bei Rot durchgefahren ist, während ich direkt an der Ecke stehe. Ich halte ihn an, weil ich ein pflichtbewußter Cop bin…«
Brown putzte sich die Nase.
»… und verlange von ihm seinen Führerschein und die Wagenpapiere. Er holt jede Menge Kram aus seiner Brieftasche und seinem Handschuhfach, und ratet mal, was dabei ist?«
»Was denn?« fragte Kling.
»Sein Trauschein.«
»Sein was?«
»Ja«, sagte Parker.
»Weshalb hat er seinen Trauschein bei sich?«
»Das ist das Rätsel«, sagte Parker.
»Hat er vor kurzem geheiratet?«
»Nein, der Trauschein war zehn Jahre alt.«
»Weshalb schleppt er ihn dann mit sich herum?«
»Das weiß ich nicht. Deshalb ist es ja auch ein Rätsel.«
»Ich hasse Rätsel«, sagte Carella.
Die Kennenlernparty sollte um achtzehn Uhr in Connie Lindstroms Penthouseapartment auf der Grover Avenue mit Blick auf den Grover Park stattfinden. Es war Welten vom Gebäude des 87. Reviers entfernt, aber nur gut drei Kilometer weit stadteinwärts gelegen. Hätten Brown und Carella an diesem Samstag gearbeitet, wären sie in zehn Minuten auf der Party gewesen. Aber sie kamen von zu Hause in Riverhead und brauchten an die vierzig Minuten, nachdem Brown Carella um zwanzig nach fünf abgeholt hatte. Mittlerweile hatte ein heftiger Schneesturm eingesetzt und traf sie mit voller Wucht, als sie die Brücke über den Devil’s Byte überquerten. Sie erreichten die Adresse erst gegen halb sieben. Wie sich herausstellte, hatten sie sich kaum verspätet. Die meisten Gäste waren in ähnlicher Weise durch den Schneesturm aufgehalten worden und trafen ebenfalls gerade erst ein. Die Detectives hatten sich für diesen Anlaß umgezogen und trugen Anzüge, Brown einen blauen, Carella einen grauen. Sie hätten darauf verzichten können. Die Hälfte der Gäste war in Jeans erschienen. Einer von ihnen, ein Schauspieler, fragte sie, was sie machten. Als sie ihm erklärten, sie seien Polizeidetectives, sagte er, er habe einmal in einer Sommerproduktion von Detective Story mitgespielt.
Der neue Songschreiber des Stücks, der sich ihnen als Randy Flynn vorstellte, erklärte Carella, daß Kennenlernpartys normalerweise ausschließlich bei Probenbeginn stattfänden, wenn die Besetzung das erste Mal mit den Produzenten und den Autoren zusammentrifft. »Connie ist noch neu in diesem Geschäft«, flüsterte er. »Sie kennt die Gepflogenheiten noch nicht.« Flynn, ein Mann in den Sechzigern, der mehrere Bühnenhits aufweisen konnte, legte eine unsägliche Überheblichkeit an den Tag, die wohl seinen weltweiten Ruhm bestätigen sollte. Ständig an einer Zigarette nuckelnd, erzählte er Carella, daß
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