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Dead Man's Song

Dead Man's Song

Titel: Dead Man's Song Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Troll Trollson
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dem Korridor.
    Der Aufseher hatte in den vergangenen Wochen genug Zeitungen gelesen.
    Er ging nicht mal in Milagros’ Zelle hinein. Statt dessen kehrte er im Korridor um, ging an der Zelle des alten Mannes mit den anklagend geweiteten Augen vorbei, schloß die Stahltür am Gangende auf, verriegelte sie wieder hinter sich, begab sich zum Wandtelefon neben dem Dienstzimmer und wählte die Nummer seines direkten Vorgesetzten, des diensthabenden Captains der Security Division.
     
    Der Aufseher berichtete, daß zwei Detectives in die Arrestabteilung gekommen waren und ein Stück Papier vorgezeigt hätten, das sie autorisierte, Hector Milagros zu befragen. An die Namen der beiden könne er sich nicht erinnern. Er habe sie gebeten, sich einzutragen, und hatte angenommen, daß sie es auch getan hätten. Er habe nachher nicht eigens im Besucherbuch nachgeschaut. Er erzählte dem Captain, sie hätten sich etwa eine halbe Stunde in der Zelle aufgehalten, und er habe in dieser Zeit nichts Ungewöhnliches gehört. Allerdings sei die Tür am Ende des Gangs aus Stahl und so gut wie schalldicht. Er sagte, er könne sich nicht erinnern, einen der beiden Detectives hier schon mal gesehen zu haben, und er könne sich auch nicht erinnern, wie sie ausgesehen hätten, außer, daß einer von ihnen einen Schnurrbart gehabt hatte. Der diensthabende Captain vermutete, daß der Mann nur seine Haut retten wollte. Er las auch Zeitung.
    Damit ihm später niemand vorwarf, er habe Verschleppungstaktik betrieben, während man sich eine plausible Geschichte zurechtlegte, rief er sofort einen Krankenwagen und ließ den Gefangenen schnellstens ins St. Mary’s bringen, dasselbe Krankenhaus, aus dem Sharyn Cooke keine vier Tage vorher Willis herausgeholt hatte. Dann telefonierte er mit dem stellvertretenden Direktor der Security Division, der sich den Bericht in seinem Bett zu Hause anhörte und abwechselnd Überraschung und größte Besorgnis bekundete. Der stellvertretende Direktor weckte seinerseits den Direktor, der als leitender Beamter der gesamten Einrichtung vorstand. Der Direktor überlegte, ob er den Supervisor des Department of Correction wecken sollte, und rief ihn schließlich zu Hause an. Der Police Commissioner selbst wurde um kurz vor drei Uhr morgens geweckt. Er war es, der die Medien umgehend informierte, ehe irgend jemand auf die Idee kam, daß eine Vertuschungsaktion in Gang gesetzt worden war.
    Gabriel Foster hörte die Neuigkeiten erst, als er am nächsten Morgen den Fernseher einschaltete.
     
    Am selben Morgen rief Carella zuerst Cynthia Keatings Anwalt an, um ihm mitzuteilen, er hoffe, sie nicht vor ein Geschworenengericht laden zu müssen, um sich ein paar einfache Fragen beantworten zu lassen, und als Alexander am Telefon frech wurde, sagte Carella: »Herr Anwalt, ich habe in dieser Sache keine Zeit mehr zu vergeuden. Ja oder nein?«
    »Was für Fragen?« wollte Alexander wissen.
    »Fragen in bezug auf die Urheberrechte, die sie von ihrem Vater geerbt hat.«
    »In meinem Büro«, sagte Alexander. »Um zehn Uhr.«
    Sie waren fünf Minuten vor dem Termin dort.
     
    Alexander trug eine schokoladenbraune Cordhose, ein beiges Hemd mit Button-down-Kragen, eine grüne Krawatte und ein braunes Tweedjackett mit ledernen Ellbogenflecken. Er sah aus wie ein Landedelmann, der den örtlichen Pastor zum Tee erwartet. Cynthia trug einen hellblauen Rollkragenpullover zu einem kurzen Minirock, eine dunkelblaue Strumpfhose und hochhackige dunkelblaue Pumps. Sie wirkte groß und langbeinig, ihr dunkles Haar war anders frisiert, und ihr Make-up war dezenter, perfekter. Insgesamt schien sie eine Selbstsicherheit auszuströmen, die an jenem ersten Morgen im Oktober nicht zu erkennen gewesen war, nachdem sie, wie sie zugegeben hatte, ihren Vater vom Haken in der Badezimmertür abgenommen und zu seinem neuen Ruheplatz im Bett geschleift hatte. Offenbar bewirkte die Aussicht auf einen Musicalhit wahre Wunder für ihre Persönlichkeit. Alexander hingegen war abweisend, blond und arrogant wie eh und je.
    »Was wollen Sie von meiner Klientin?« fragte er. »In fünfundzwanzig Worten oder weniger.«
    »Ehrlichkeit«, sagte Carella.
    »Das sind aber viel weniger Worte«, sagte Meyer.
    Alexander streifte ihn mit einem schiefen Blick.
    »Sie war immer ehrlich zu Ihnen«, sagte er.
    »Gut«, meinte Carella. »Dann brauchen wir nicht so hart zu arbeiten, nicht wahr?«
    »Hören Sie, Sie glauben doch nicht ernsthaft, daß sie irgend etwas mit dem Mord an

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