DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)
Blick zur Schau, den George auch in Pollards Augen gesehen hatte, als er ihn zum ersten Mal traf. Er hatte etwas gesehen, worüber er nicht hinwegkam.
»Crycek glaubt, dass da ein Buhmann im Nebel rumläuft«, erklärte Saks.
»Lass ihn in Ruhe«, sagte Fabrini.
Crycek sah niemanden an. Er saß neben Pollard und schien es beinahe zu bereuen, überhaupt etwas gesagt zu haben. Er begrub sein Gesicht in den Händen, als wollte er weinen.
»Seht ihr?«, meinte Saks. »Er hat wieder seine Kopfschmerzen. Und ihr wisst ja, was das bedeutet: Dieses Ding da draußen beeinflusst ihn wieder. Stimmt’s, Crycek? Versucht es wieder, dein Gehirn zu fressen?«
George beugte sich vor und riss Saks die Whiskeyflasche aus der Hand. »Ich glaube, du hast jetzt genug auf nüchternen Magen getrunken.«
Saks fuhr einige Zentimeter hoch, sein Gesicht glänzte rot wie eine reife Tomate. »Mach das noch einmal, Captain George, und ich zieh dir diese Flasche über den Schädel!«
»Warum versuchst du’s nicht, Saks?«, giftete Fabrini. »Denn wenn George noch was von dir übrig lässt, werd ich mich um den Rest kümmern.«
»Meine Herren, Sie vergessen, wo Sie sich befinden«, rügte Tante Elsie sie. »Dies ist ein ordentliches Gericht, daher sollten Sie auch ein entsprechendes Verhalten an den Tag legen. Benehmen wir uns doch wie zivilisierte Menschen. Wir wissen alle, wer der Schuldige ist. Konzentrieren wir uns bitte darauf.«
George behielt Saks im Auge, ob Verhandlung oder nicht. »Warum bist du so davon überzeugt, dass da draußen nichts ist, Saks? Komm schon, erleuchte uns mit deiner Weisheit.«
Aber darauf biss Saks nicht an. »Weil Crycek verrückt ist. Er hat eine Schraube locker, das ist alles. Und man muss schon verrückt sein, um so eine Scheiße zu glauben, Captain.«
»Dann hast du es nicht gespürt?«, hakte George nach.
Die anderen beobachteten sie aufmerksam. Alle außer Tante Elsie. Die Männer sahen und hörten gut zu, wahrscheinlich waren sie froh darüber, dass jemand dieses Thema aufgegriffen hatte. Es war etwas, über das sie alle nachgedacht, aber nicht zu reden gewagt hatten.
»Einen Dreck habe ich gespürt.«
George nickte. »Nun, ich schon. Und ich hab’s mehr als einmal gespürt. Du kannst ruhig weiter wie ein Idiot grinsen, Saks. Du hast es genauso gespürt wie wir, nur hast du nicht den Mut, es zuzugeben. Aber das ist schon okay – denn ich weiß nicht, was genau da draußen lauert, nur dass da etwas ist. Und dieses Etwas, dieser Teufel oder Buhmann, er glaubt an dich, Saks. Egal, ob du an ihn glaubst oder nicht.«
»Das ist alles nur verdammter Schwachsinn«, schnaubte Saks. »Ammenmärchen.«
»Glaubst du wirklich?« George sah die anderen an, einen nach dem anderen. »Was ist mit euch? Seid ihr auch Saks’ Meinung? Glaubt ihr auch, dass es dort im Nebel nichts gibt außer Algen und Knochen und gruseligen Viechern? Glaubt das einer von euch ernsthaft? Nein? Dachte ich mir. Dann stehst du mit deiner Meinung wohl allein da, Saks.«
Saks stand auf. »Schlappschwänze«, sagte er. »Ihr seid ein Haufen bepisster Schlappschwänze. Ihr habt ja sogar Angst vor eurem eigenen Schatten. Ich glaub an keinen Teufel. Nicht hier und auch nicht zu Hause. Es gibt keinen Teufel!«
»Oh doch, es gibt ihn.«
Cushing kam aus der Kombüse. In seiner Stimme schwang ein Unterton mit, der allen verriet, dass er es ernst meinte. »Er ist da draußen, Saks. Und er ist nicht nur so ein halb ausgegorener christlicher Kinderschreck mit Mistgabel und Hörnern. Nein, er ist das wahre Böse, und er hat Pläne für uns. Das kannst du mir glauben.« Er seufzte und blickte in die Runde. »Aber erst mal genug davon. Lasst uns was essen, danach kommen wir zur Sache.«
18
Zur Sache also.
Sie saßen zusammen, der Whiskey war leer, jetzt gab es nur noch Kaffee und blutunterlaufene Augen. Einige rauchten. George, Saks und Pollard studierten Greenbergs Karte des Schiffsfriedhofs und seiner Umgebung. Crycek überflog den vom Wissenschaftler verfassten Brief.
Cushing wanderte rastlos vor ihnen auf und ab. »Also, wie gesagt, dieser Greenberg – der Typ, den Elizabeth als den Eremiten kannte – gehörte zu einer Gruppe von Experten, die sich freiwillig hierherversetzen ließen. Sie teilten die Überzeugung, dass die ganzen Flugzeuge und Schiffe im Bermudadreieck und der Sargassosee nach irgendwo transportiert wurden. Sie wussten nur nicht, wohin. Also ließen sie sich – fragt nicht, wie – auf gleichem Weg
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