DEAD SHOT
sich wie ein Puzzle zusammen. Und genau das störte ihn. Das Leben war nie so geradlinig. Irgendwelche Büroleute bauten Mist. Dokumente wurden falsch einsortiert. Die Erinnerung trog. Nicht immer passten die Informationen zueinander. Die Sache mit Swanson war zu glatt, als hätte jemand die Fakten absichtlich so arrangiert. Und alles entschärft.
Mit den Daten im Laptop, machte Chris sich auf den Weg zu den Leuten, die laut Akten irgendwann einmal etwas mit Swanson zu tun gehabt hatten. Der Vorteil an einem Ort wie South Boston war, dass die Leute bodenständig waren und oft noch in demselben Haus wohnten wie früher. Chris gab sich als Reporter für ein einschlägiges Magazin aus und erzählte den Interviewpartnern, er wolle eine Story über diesen echten amerikanischen Helden schreiben. Dafür benötigte er nur noch ein paar Anekdoten aus Swansons Jugendjahren. Viele der Leute, die er antraf, erzählten nur zu gern von früher und schickten Chris zu Kyles altem Schulkameraden Michael McLaughlin.
McLaughlin, ein kleiner rauflustiger Kerl, war Kyles bester Freund auf der Highschool und der Partner im Baseballteam gewesen. Im Spiel hatte Kyle sich immer am wohlsten gefühlt, wenn er McLaughlin hinter sich wusste.
Auch nach der Highschool waren sie in Kontakt geblieben, als Kyle zu den Marines ging. Michael hatte es einige Jahre als Profi in den unteren Baseballligen versucht, war dann aber nach South Boston zurückgekehrt. Schließlich hatte Kyle sich allmählich von dem alten Freundes- und Bekanntenkreis zurückgezogen, denn wann immer er heimkehrte, hatte er niemandem erzählen dürfen, wo er gewesen war oder was er getrieben hatte. Dennoch schickte Swanson ab und an Ansichtskarten aus fernen Ländern und Geburtstags- oder Weihnachtsgeschenke für sein Patenkind Mary Elizabeth, Michaels Tochter. Michael erzählte Lowry, wie sehr das kleine neunjährige Mädchen ihren Patenonkel vermisst habe.
Der Detektiv bedankte sich bei McLaughlin für das Interview und ging wieder. Es war nicht allzu viel, was Lowry nach einem ganzen Tag mit Nachforschungen vorzuweisen hatte. In einem Internetcafé fand er einen Hot Spot und schrieb seinen Bericht. In den Anhang der Mail packte er Kopien der Dokumente, Namen, Telefonnummern und die Adressen der Leute, mit denen er gesprochen hatte, außerdem noch kurze Zusammenfassungen der Gespräche. Abschließend merkte er an, seiner Meinung nach habe irgendjemand alles so zurechtgebogen, dass der Marine in Syrien seinen Schussverletzungen erlegen sei und dann in Arlington begraben wurde. Viel mehr könne man nicht unternehmen, schloss er, es sei denn, man schaue in dem Grab nach, ob dort auch wirklich Swansons Überreste lagen. Schlussendlich schickte er die Mail ab und fuhr zurück nach Guilford. Zäh quälte sich der Verkehr zur Rushhour aus Boston.
Als Lowry nach Hause kam, warteten bereits einige FBI-Agenten auf seiner Auffahrt.
»Ich wusste, es war zu einfach«, murmelte der Detektiv, stieg aus dem Wagen und ging auf die Beamten zu, die Hände schön vom Körper abgespreizt, damit kein Missverständnis aufkam.
Kapitel zweiundzwanzig
Washington, D. C.
I m Hoover Building hatte man eine Kommandozentrale eingerichtet, und Agenten von unterschiedlichen staatlichen Behörden saßen an den Terminals und Telefonen. Drucker und Faxe produzierten meterlange Papierschlangen. Zusätzliche Kabelstränge am Boden sorgten dafür, dass die Armada aus Hightechgeräten genügend Saft hatte. An einer Wand hatte man Karten an Korkwände geheftet, weiße Flipcharts säumten eine andere Wand. Bei all den Geräuschen wirkte jeder im Raum beschäftigt. Und alle suchten sie nach Juba.
Kyle saß mit dem Trident-Team in einem Nebenraum, getrennt von den zivilen Beamten. Doch er konnte das Treiben auf mehreren Bildschirmen beobachten. Die Echse beschwerte sich zwar, dass das Equipment antiquiert sei, aber Kyle war beeindruckt, wie schnell Dave Hunt und Carolyn Walker ihr gesamtes Arsenal aufgefahren hatten. Mit einem Mal kam Schwung in die Sache, da alle an einem Strang zogen und jeder wusste, wer gesucht wurde.
Da Kyle den Mann, der ihm in Paris entwischt war, identifiziert hatte, kam die britische Polizei ins Spiel und nahm Dr. Allen Osmand und dessen Frau Martha in ihrem Haus fest. Eine Collage mit Fotos von ihrem Sohn Jeremy wurde angefertigt: angefangen bei den Sportveranstaltungen zur Schulzeit über die Jahre bei den Royal Marines und schließlich bis zu dem unscharfen Bild, das vor dem Haus in
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