Dead Souls: Horror (German Edition)
Böse besiegt.«
Johnny wischte sich die blutige Stirn mit dem unteren Teil seines Hemdes – Henrys Hemdes – ab. Mit einem plötzlichen, unerwarteten Energieschub sagte er: »Ist das ein realistischer Schachzug? Ich meine, da draußen sind gottverdammte Leichenfledderer, die uns umbringen wollen. Ich glaube wirklich nicht, dass wir Zeit haben, Kerzen anzuzünden und Weihrauch zu verbrennen und irgendeinen toten Jugendlichen herbeizurufen.«
Henry, der ebenfalls das Haus anstarrte, erwiderte: »Das hier ist kein Kinofilm.« Er lehnte sich hinüber und öffnete das Handschuhfach. Er kramte eine große Taschenlampe und eine Pistole heraus. Um sicherzustellen, dass die Waffe geladen war, überprüfte er das Patronenlager, dann schloss er es und drehte daran. »Dieser ehemalige Sheriff wollte nicht seine ganzen Privilegien aufgeben.« Er öffnete die Tür und stieg aus dem Truck. »Komm, hilf mir mit der Truhe!«
Kapitel 42
09. September 2005
03:59 Uhr
Die beiden Männer und die Frau schleppten das Holz der kaputten Treppe in die Mitte der Scheune. Sie bewegten sich langsam, ihre schaumbedeckten Augen waren nicht auf die Aufgabe gerichtet, sondern auf die Amsel, die sie vom Rand des Speichers beobachtete. Sie benutzten vier Stufen, um einen der Seitenträger in eine vertikale Position zu wuchten, fast 30 Zentimeter seines Endes waren fest in den harten Boden gerammt. Mit der kaputten Ausziehleiter befestigten sie den zweiten Seitenträger der Treppe an dem ersten Träger, in rechtwinkliger Position ungefähr auf drei Viertel der Gesamthöhe. Sobald ihre Arbeit getan war, betrat eine zweite Frau die Scheune. Sie trug ein Nachthemd mit dunklen Blutflecken, die von ihrer Schulter bis zum unteren Saum reichten. Sie schaute den Vogel an, dann stierte sie auf das fast zwei Meter hohe Kruzifix, das mitten in der Scheune emporragte …
Kapitel 43
09. September 2005
04:06 Uhr
»Hörst du das?«, fragte Henry und blieb stehen, um zur Scheune zu schauen.
»Was ist das?«
»Das sind … sie .«
Johnny sah nervös zur Scheune hinüber. Vom Mondlicht angestrahlt stand sie mitten im hohen Gras, wie eine riesige Spinne, die über ihr Netz wachte. Der einzelne Fensterrahmen unterhalb ihres Dachfirsts starrte wie ein vorwurfsvolles Zyklopenauge auf sie herab. Ich kann es riechen . Und es riecht nach Tod . Seine Hand verkrampfte sich unterhalb des abgetragenen Griffes der Truhe schrecklich, da er sie von der Vorderseite des Hauses bis nach hinten zur Veranda schleppen musste.
Henry blinzelte, scheinbar versuchte er inmitten der dunklen Schatten irgendeine Bewegung auszumachen. »Ich kann sie nicht sehen, aber ich weiß, dass sie dort hinten sind. Ich kann sie fühlen .« Er stand steif und regungslos da, starrend, lauschend.
Nach ein paar spannungsgeladenen Momenten sah Johnny etwas in Henrys Gesicht, das in ihm eine Flutwelle des Unbehagens auslöste. Vielleicht lag es an den Augen des Mannes, die weit aufgerissen und glasig unbeirrt in die Dunkelheit starrten – eine Dunkelheit, die Johnnys erschöpftem Blick nichts preisgab. Oder vielleicht lag es an seinen Lippen, flach und feucht, die leicht grinsten, als würde er sich auf kranke Weise amüsieren. Schließlich flüsterte Johnny: »Henry?«
Henry blieb still, er schien Johnnys Stimme und die Dringlichkeit der Aufgabe nicht wahrzunehmen.
»Henry …«, sprach Johnny erneut und stupste jetzt Henrys Arm mit seiner freien Hand an.
Der ehemalige Sheriff schüttelte den Kopf, dann starrte er Johnny ausdruckslos an, nachdem er nach Schnellfeuer-Art geblinzelt hatte.
»Wir müssen die Truhe in das Haus schaffen, und dann müssen Sie mir sagen, was zu tun ist.«
Henry nickte gleichgültig, deutlich desorientiert und verwirrt. Schwerfällig atmete er tief durch, dann antwortete er: »Okay, gehen wir!«
Sie betraten das Haus, Henry träge dem Strahl der Taschenlampe nachlaufend. Ein staubiger, bitterer Geruch stieg Johnny augenblicklich in die Nase, und er verzog angewidert das Gesicht. So hat es gestern nicht gerochen. Es riecht jetzt nach toten Sachen . Nach uralten toten Sachen .
Nachdem Johnny die Tür hinter sich geschlossen hatte, folgte er Henry durch die Küche, dann durch den Flur ins Wohnzimmer. Als sie unten an der Treppe ankamen, schaute Johnny nach oben in das rabenschwarze zweite Stockwerk und fragte sich bestürzt, welche Art von Bösem sich dort oben versteckt hielt.
Henry lief weiter ins Esszimmer, und Johnny folgte; als er die Türschwelle
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