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Dead Souls: Horror (German Edition)

Dead Souls: Horror (German Edition)

Titel: Dead Souls: Horror (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Laimo
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Stimme: »Mr. Judson, bitte.«
    »Darf ich fragen, wer dran ist?«, wollte sie schroff wissen, scheinbar war sie nicht bereit, ihren Chef zu stören, ihn von Anwaltspflichten, welche ihn auch immer begruben, wegzuziehen.
    »Mein Name ist …«
    Er stockte.
    Warum habe ich solche Angst? Ich habe mich noch niemals zuvor in meinem Leben so gefühlt. Fühlt sich so meine Mutter? Nimmt sie deshalb diese ganzen Tabletten? Irgendetwas stimmt da nicht. Ich kann es spüren.
    … Sie, Mr. Thomas Petrie, werden den gesamten Nachlass, der mir als Vollstrecker vermacht wurde, erhalten. Der Wert des Erbes wird auf zwei Millionen Dollar geschätzt …
    »Sir?«, fragte die heisere Stimme.
    »Mein Name ist Johnny Petrie. John Petrie.«
    Am anderen Ende der Leitung wurde kurz gezögert, dann folgte etwas, das wie unerwartet überraschtes Keuchen klang. »Ich sage ihm, dass Sie in der Leitung sind, Mr. Petrie. Bitte bleiben Sie dran!«
    Mr. Petrie? Das war neu. Ein respektvoller Titel für Erwachsene … besonders für die, die Geld haben.
    Im nächsten Augenblick hörte er eine eingespeicherte Version von Jimi Hendrix’ »Angel«. Er lächelte verwundert. Wie stehen die Chancen? Während die blecherne Musik durch seinen Kopf filterte, schaute er sich in der schmerzlichen Vertrautheit seines Zuhauses um: Das kleine Zwei-Zimmer-Appartement an der Upper East Side, das eine gute Nachbarschaft aufweisen kann, aber erbärmliche Wände mit einer wahllosen Ansammlung von religiösen Motiven und Statuen verziert, Gobelinstickerei-Leinwände, die schneebedeckte Bauernhäuser abbildeten, und ein paar staubige Kunstdrucke von Norman-Rockwell-Gemälden. Alle Möbel waren alt und nutzten sich langsam ab, ebenso die Geräte. In der Ecke stand ein alter Rollschreibtisch, offen, eine altmodische Schreibmaschine zur Schau stellend. Das Petrie-Appartement war eine kleine und dürftige Zwangsunterbringung, inklusive der Insassen, mit denen Johnny nichts gemeinsam hatte. Er wandte seinen Blick von dem Kreuz und dem Rosenkranz, die über der Tür hingen ab, und fing an, den Brief erneut zu lesen; er bemühte sich sehr, dessen Absichten zu verstehen, und spekulierte damit, dass er irgendwie den Fachjargon missverstanden hatte und in Wirklichkeit nicht der Empfänger eines Grundstücks im Wert von zwei Millionen Dollar war.
    Bevor er noch irgendwelche weiteren Vermutungen äußern konnte, ertönte eine Männerstimme in der Leitung. Es gab keine Einleitung, keinen höflichkeitsbedingten freundlichen Austausch. Er kam gleich zum Punkt, vielleicht versuchte er, seine Beute zu fangen, bevor sie flüchtete.
    »Spricht da John Petrie?«
    Johnny wurde überrumpelt. Er setzte sich aufrecht auf den Stuhl, er bemerkte nicht einmal, dass er so tief darin versunken war. »J-ja.«
    »In vier-sieben-neun East-Eighty-Eight Street, New York, New York?«
    »Ja, da wohne ich.«
    »Meine …«, kam als Antwort, gefolgt von schwerem Atmen. »Sie sind es.«
    Wie antwortet man darauf? Johnny hatte keine Ahnung. Er schüttelte den Kopf, sein Verstand war plötzlich leer und frei von Worten. Er kam sich wie ein Reh vor, das im Scheinwerferlicht eines nicht zu stoppenden LKWs stand, nicht in der Lage, das Unvermeidliche zu verhindern.
    Er suchte nach Worten und schaute schnell aus dem Fenster. Da ließ sich eine große Amsel auf der Feuerleiter nieder. Johnny beobachtete sie, wie sie wahllos auf dem verrosteten Gitter herumhüpfte, dann ans Fenster kam, den Kopf neigte und ihre perlenartigen kleinen Augen auf ihn richtete.
    Die Stimme des Anwalts brach das Schweigen zwischen ihnen, und Johnny schreckte hoch. »Ich vertraue also darauf, dass Sie den Brief gelesen haben, den ich Ihnen geschickt habe?«
    »Das habe ich«, antwortete Johnny und wandte seinen Blick von dem Vogel ab. Er hatte ihn seltsam abgelenkt, fast so sehr, dass er innerhalb von Sekunden beinahe vergessen hatte, mit wem er am Telefon sprach.
    »Und Sie verstehen alles?«
    »Nun ja, eigentlich … Sie sind Mr. Judson, richtig?« Blöde Frage, aber die Irrealität dieses Anrufes zusammen mit der Ablenkung der Amsel hatte ihn verwirrt, und er musste sichergehen, dass er seine Karten richtig ausspielte.
    »Ja, Johnny.«
    »Ich … ich bin nicht sicher, was ich davon halten soll. Im Ernst, ich meine, das ist irgendein Scherz, oder?« Er schaute wieder zu dem Vogel. Er war an den Rand der Leiter gehüpft und huschte über die Stufe.
    »Nein, Johnny, das ist es nicht.« Plötzlich war Judsons Stimme ruhig, reserviert, die

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