Dead Souls: Horror (German Edition)
Petrie?«, fragte er.
Johnny nickte. Sein Magen knurrte, und er stellte fest, dass er in den letzten 36 Stunden nicht viel gegessen hatte – obwohl er keinen Appetit hatte. Er warf seine Tasche auf den Rücksitz und setzte sich daneben. Er tastete nach dem Anwaltsbrief in seiner Gesäßtasche, der jetzt zu einer Art Schmusedecke geworden war; danach griff er in die Reisetasche und holte die durchsichtigen Plastiktüten heraus, die die Feder, die er zu Hause auf der Feuerleiter gefunden hatte und Eds seltsamen Abschiedsbrief enthielten. Vorsichtig faltete er sie und steckte sie ebenfalls in seine Tasche, ein sicherer Ort für seine ganzen Erinnerungsstücke an dieses wichtige Ereignis.
Sobald die Tür geschlossen war, fuhr der Fahrer vom Parkplatz ab, bog nach links und fuhr langsam die Farland Avenue entlang. Johnny saß still hinter dem Fahrer, ließ die Aussicht auf sich wirken und beobachtete die Unterschiede zwischen dem hektischen Lebensstil von Manhattan und einer Kleinstadt in New England. Hier war alles verteilt, kleine Geschäfte und Parkplätze waren mit Blumentöpfen geschmückt, dazwischen Waldflächen und Weiden, die scheinbar unendlich groß waren. Im Gegensatz dazu stellte die Großstadt zu Wellfield einen polaren Gegensatz dar: Überfüllt mit allem Möglichen, man konnte keine paar Meter weit vorausschauen, weil so viele Gebäude und Leute im Weg waren.
Das Taxi kam in eine Gegend, die scheinbar ein belebteres Stadtviertel war – vielleicht das Herz von Wellfield – und bog nach rechts ab. Johnny erblickte ein Diner, ein kleines Kino und ein Bankgebäude mit einer riesigen LED-Anzeige, die verkündete, dass die Temperatur 74 Grad Fahrenheit betrug. Als das Taxi im Leerlauf an einer Ampel lief, konnte Johnny eine Drogerie, ein Spielzeuggeschäft und einen Schreibwarenladen sehen.
»Woher kommst du«, fragte der Fahrer und brach das Schweigen.
»New York.«
»Großstadtjunge, was?«
»Ja, Sir.«
»Besuchst du Verwandte hier?«
»Das könnte man so sagen.«
Als die Ampel grün aufleuchtete, setzte sich das Taxi ruckartig in Bewegung. Fast einen Kilometer fuhren sie schweigend weiter, vorbei an Geschäfts- und Häuserreihen und Schlangen von geparkten Autos, die mit dem Heck zur Straße standen. Sie fuhren um einen Brunnen, auf dessen mittlerer Säule drei Zementbären Ausschau hielten, dann kamen sie an weiteren kleinen Geschäften vorbei. Vielleicht 100 Meter hinter diesen Geschäften konnte Johnny eine große Fläche Brachland erkennen, einen Hügel hinauf. Es war von einem wackelig aussehenden Holzzaun umgeben, dahinter wuchsen Unkraut und knorriges Buschwerk in die Höhe, dicht aneinander wie U-Bahn-Fahrer während der Hauptverkehrszeit. Ein verrostetes Metallschild warnte die Leute in der Nähe, dass es sich um ein »Privatgrundstück« handelte und dass der »Zutritt verboten!« war. Auf Johnny wirkte dieses brachliegende Land in diesem bebauten Stadtgebiet deplatziert. Aber was wusste er schon? Er war hier fremd: Ein Fremder in einem fremden Land.
Der Fahrer bog rechts in die Center Street ein, dann hielt er ungefähr nach 20 Meter am Bordstein an. »Nach neun ist es fast unmöglich, in der Main Street einen Parkplatz zu finden. Ich hoffe, das ist okay.«
Johnny verspürte ein nervöses Kribbeln im Bauch. Er drehte sich in seinem Sitz um. »Das war die Main Street?«
»Die einzige in Wellfield. Wenn man sie verlässt, gibt es nicht viel anderes zu sehen. Die Anwaltskanzlei ist gleich dort um die Ecke. Nummer 14.« In der Ferne konnte Johnny die Pfeife eines Güterzugs hören.
»Was schulde ich Ihnen?«
»Ist schon alles bezahlt.«
»Super. Danke.« Er packte seine Tasche und stieg aus dem Taxi auf den Gehsteig. Der Fahrer rief: »Einen schönen Tag!« Dann fuhr er davon, und Johnny blieb wieder einmal ganz allein zurück. Selbst die Sonne fühlte sich hier anders an. Sauberer. Goldener. Mit der Tasche über der Schulter lief er den Gehsteig entlang und kam an einer jungen Mutter mit einem Kinderwagen vorbei, die ihn lächelnd mit »Guten Morgen« grüßte. Er erwiderte die freundliche Geste und stellte fest, dass es hier in Wellfield zusätzlich zu den freundlichen Menschen viele Dinge gab, an die er sich gewöhnen müsste.
Dann fragte er sich entsetzt, wie lange er eigentlich hier bleiben würde, er wusste nämlich, dass es nur eine Frage der Zeit war, bevor ihn schließlich jemand hier aufspürte. Erneut ging ihm sein Vater durch den Kopf, der sich umgebracht hatte und
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