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Deadline 24

Deadline 24

Titel: Deadline 24 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A John
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begrüßen? Die hohen Lords warten drüben bei der Drehtür, wo sie versuchen, den Dritten aus ihrem Bunde, Padrino, stückweise vom Gitter zu schneiden.«
    Bevor Monnias Entsetzensschrei aus dem Helikopter gellte und Sally selbst losstürmte, hatte sie immerhin die Genugtuung, Josies Gesicht unter der Sonnenbräune erbleichen zu sehen.

Kapitel 18
    Sie hatte Angst vor dem Wiedersehen mit Paul. Reiß dich zusammen, befahl sie sich selbst, während sie rannte, er ist dein Bruder, und das wird er bleiben, ganz egal wie monstermäßig er aussieht.
    Doch was auch immer für Schreckensbilder durch ihren Kopf tobten, sie trafen nicht zu, auf den ersten Blick jedenfalls nicht. Paul saß entspannt auf dem schwenkbaren Pilotenstuhl, dem Eingang zugedreht, sodass sie ihn von vorne sah. Monnia kauerte auf dem Boden, die Arme auf Pauls Schoß, das Gesicht in der Ellenbogenbeuge verborgen. Raue Schluchzer quälten sich aus ihrer Kehle, erschütterten ihren Körper. Und überall wucherten die schimmernden Röhren des Org, bedeckten die Konsole, den Sitz des Kopiloten, den Boden, den gesamten Innenraum des Fluggeräts. Paul aber wirkte völlig normal, eigentlich übernormal, so wie er früher nie gewirkt hatte. Sein blondes, glänzendes Haar fiel weich herab, seine Haut war glatt, ohne die geringste Unreinheit, seine blauen Augen strahlten, der ganze Paul leuchtete, als verberge sich in seinem Inneren eine große, wunderbare Kraft, aus der er Glück und Freude schöpfte. Ein Lächeln lag auf seinen Zügen, ein versonnenes, verschmitztes Lächeln, als lausche er einer geheimen Stimme, die ihm Weisheit verkündete, oder auch einer wundersamen Musik.
    »Hallo, Paul«, sagte Sally.
    Er reagierte nicht. Seine Augen schauten durch sie hindurch.
    »Paul!«, versuchte sie es lauter.
    Keine Reaktion, wenn man davon absah, dass sein Lächeln intensiver wurde. Aber Sally hatte das sichere Gefühl, es gelte nicht ihr. Es war wie das Lächeln eines Kindes, eines ganz jungen Babys, das nichts weiß von der Welt, das bloß lächelt, weil ihm wohl ist.
    »Ver–steht nichts«, stieß Monnia mühsam hervor. »Hört – nichts. Ist nicht mehr …« Sie brach ab. Sally trat hinter den Pilotensitz und dort holte das Grauen sie ein.
    Die Röhren, die Adern des Organismus, waren in Paul hineingewachsen. Ein Gespinst hell leuchtender Arterien wob sich vom Boden, von den Wänden, von überall her zu Pauls Stuhl hin, drang durch ihn durch, drang in Paul ein, vereinnahmte ihn, wandelte ihn zu etwas unsagbar Fremdem. Eine der Ganglien bohrte sich vom Nacken aus in den Kopf, von ihr aus breitete sich das Geflecht in alle Richtungen aus. Vorsichtig scheitelte Sally sein Haar, sodass sie die Kopfhaut sehen konnte. Ein feines Netz silbriger Linien umspannte die Schädeldecke, strebte zur Stirn hin, bald würde es sein Gesicht überziehen. Mit zwei Fingern lüpfte sie den Hemdkragen und ließ ihn gleich wieder fallen. Der kurze Blick hatte ihr gezeigt, dass vom Körper ihres Bruders nur noch die Fassade vorhanden war, den Rest hatte der Organismus eingesponnen, durchdrungen, sich einverleibt. Pauls Geist war offensichtlich schon völlig in dem fremden Wesen aufgegangen.
    »Ach, Paul«, sagte Sally nur. In ihr war eine große Leere. Sie fühlte nichts, nicht einmal Trauer. Die würde kommen, bald, und mit der Wucht einer Ozeanwelle über ihr zusammenschlagen. Monnia war bereits erfasst, sie klang, als würde sie vor Verzweiflung zerrissen. Und da raste die Welle heran. Sally brach zusammen, fiel einfach um, der Länge nach stürzte sie auf den Boden des Helikopters. Die Röhren des Org dämpften den Aufprall, sie tat sich nicht weh, und wenn doch, so hätte sie es nicht gespürt, sie spürte nichts als das ungeheure Gewicht der Trauer.
    »Nicht zusammenbrechen! – Nicht zusammenbrechen!« Befehle in ihrem Kopf, Gedanken, die nicht von ihr kamen, sie hatte keine Gedanken mehr. Wer dachte für sie, wer mischte sich ein, wer erkühnte sich, ihr die Trauer um ihren Bruder zu verbieten? Ein Bild entstand, auch das wurde ihr geschickt, eine Mauer, ein Wall, riesig hoch, solide gebaut, draußen brach sich weiß schäumend die Flut. Sally schüttelte sich, rappelte sich auf. »Nicht zusammenbrechen«, murmelte sie wie in Trance, klammerte sich an das Bild der schützenden Mauer.
    Sie trat um den Pilotensitz herum, auf dem Paul inmitten des Jammers immer noch selig lächelte, packte Monnia an den Schultern und versuchte, sie hochzuziehen. Es ging nicht. Etwas hielt sie

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