Deadline - Rache, wem Rache gebuehrt
durchsucht. Sie hatten Haare gefunden, abgeschnittene Fingernägel, die nicht vom Opfer stammten. Von wem dann? Von jemandem, den Tanya gekannt hatte? Es würde Wochen dauern, bis die Ergebnisse der DNA-Analyse vorlagen, vielleicht sogar noch länger. Paterno wusste aber, dass er so viel Zeit nicht hatte.
Er brauchte die Antworten auf der Stelle. Er musste Marla Cahill finden. Bevor sie noch jemanden umbrachte.
Bevor sie ihren eigenen Enkel ermordete.
Cissy stand am Küchenfenster. Sie hatte zugesehen, wie die Sonne aufging und die Regentropfen glitzern ließ. Sie hatte das Zwitschern der Vögel gehört und das Ächzen und Summen des neuen Heizkessels, als er seine Arbeit aufnahm. Sie hatte den Kaffee gerochen, den Jack aufbrühte, und gespürt, wie er ihr den warmen Becher in die Hand drückte.
»Ciss?«
»Was er jetzt wohl gerade macht? Er sollte in seinem Bettchen liegen und schlafen. Wir sollten darauf warten, dass er aufwacht. Was meinst du, was macht er gerade?«
»Quäl dich nicht so.«
»Wie kannst du dastehen und dir keine Sorgen machen?«, brach es aus ihr heraus.
Jack schluckte. »Ich mache mir Sorgen.«
Cissy ließ sich auf einen der Küchenstühle sinken. »Ich kann nichts tun. Ich kann nicht denken. Ich möchte einfach schlafen, bis sie ihn gefunden haben, gesund und munter, aber ich kann nicht schlafen!«
»Paterno ruft uns an, sobald er etwas weiß. Oder das FBI.«
»Und wenn wir ihn niemals wiederfinden? Wenn wir gar nichts erfahren?«
»So darfst du nicht denken«, sagte Jack streng.
In Wahrheit war Jack außer sich. Wut und Angst saßen ihm in den Knochen. Wenn sich herausstellte, dass Marla dahintersteckte, würde er ihr eigenhändig den niederträchtigen Hals umdrehen!
Die Minuten schlichen zäh dahin. Jack bereitete Toast für sich und Cissy. Er musste sie praktisch dazu zwingen, eine Kleinigkeit zu essen. Dabei brachte er selbst nur mit äußerster Mühe etwas hinunter, doch er war entschlossen, bei Kräften zu bleiben. Ihnen stand eine Kraftprobe bevor, und er wollte darauf vorbereitet sein.
Es war kurz vor neun, als die Leute vom FBI eintrafen. Sie begannen systematisch, sich auf den zu erwartenden Anruf zur Lösegeldforderung einzurichten. Cissy und Jack standen abseits, sahen zu und gingen den Männern aus dem Weg. Als Cissy vor dem Haus ein Auto mit kreischenden Bremsen halten hörte, stürzte sie zur Tür.
»Beejay?«, flüsterte sie.
»Warte …«, rief Jack und versuchte sie aufzuhalten, als sie nach draußen hastete.
Zu ihrer maßlosen Enttäuschung sah Cissy Jacks Vater Jonathan und seinen Bruder J. J. aus Jonathans Wagen steigen und durch den Regen zur Haustür laufen. Cissy ließ sich gegen Jack sinken, der sie fest an sich drückte, als die beiden Männer ins Haus traten.
»Ist er zurück?«, fragte Jonathan mit kreidebleichem Gesicht. »Hat man ihn gefunden?« Jack hatte seinen Vater am Vorabend angerufen, um ihn von dem Mord an Tanya und Beejays Entführung in Kenntnis zu setzen.
Jack schüttelte den Kopf, und J. J., gewöhnlich so distanziert und nur mit sich selbst beschäftigt, sah ihn mit großen Augen an, als böte sich ihm ein grausiger Anblick, den nur er allein wahrnahm. Beide machten einen großen Bogen um die Männer vom FBI.
»Wo ist Jannelle?«, fragte Jack.
»Ich weiß es nicht, mein Sohn. Ich habe nur J. J. erreicht und bin gleich hergekommen. Allmächtiger Gott.« Er fuhr sich mit zitternder Hand durchs Haar. »Habt ihr schon eine Lösegeldforderung erhalten?«
»Nein«, antwortete Cissy matt.
»Warum sonst hätte man ihn entführen sollen?«, fragte Jonathan, als stünde er vor einem Rätsel. »Es kann nur um Lösegeld gehen.«
Sie gingen gemeinsam in die Küche, und Jonathan ließ sich schwer auf den Stuhl sinken, von dem sich Cissy gerade erhoben hatte. J. J. blieb an der Hintertür stehen und blickte nach draußen. Jack löffelte Kaffeemehl in den Filter und sah zu, wie die Kanne sich füllte.
»Ihr müsst das Lösegeld bezahlen«, sagte J. J. leise. »Haltet die Polizei und das FBI da heraus. Das klappt nie.«
»Ich fürchte, dafür ist es zu spät«, erklärte Jack.
»Der Kidnapper hat Tanya umgebracht«, erinnerte J. J. ihn. »Er wird vor einem weiteren Mord nicht zurückschrecken.«
Tränen der Angst stiegen Cissy in die Augen.
»Dieses blutrünstige Miststück«, sagte Jonathan wütend.
»Wir wissen nicht, ob es wirklich Marla ist«, wandte J. J. ein. »Wir wissen überhaupt nichts«, bekräftigte Jack.
»Wir wollen nicht
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