Deadline - Rache, wem Rache gebuehrt
betätigte. Mit der freien Hand öffnete sie die Geheimtür.
Gott, hier drinnen war der Gestank ja noch schlimmer!
Der Kleine begann zu wimmern.
»Alles ist gut«, sagte Elyse gepresst.
Die Tür öffnete sich, und Marla saß wie immer vor dem Fernseher, den Blick starr auf den Bildschirm gerichtet, auf dem eine Nachrichtensendung lief.
»Siehst du das?«, fragte sie, ohne den Kopf zu wenden. »Wie blöd bist du eigentlich? Dein Foto ist überall! Sie haben dein Bild auf der Kamera von der medizinischen Fakultät. Herr im Himmel, Elyse, glaubst du etwa, so werden wir jemals davonkommen?«
»Keine Sorge, ich habe alles im Griff.«
»Jeder Dorftrottel kann das besser!«
Diese undankbare Zicke.
»Mach dir deswegen jetzt keine Sorgen«, sagte Elyse.
»Dreh dich um, Marla. Ich finde, es ist an der Zeit, dass du deinen Enkel kennenlernst.«
19
Marla starrte ihren Enkel an, als wäre er von einem anderen Stern. »Was hast du getan?«
»Ich habe ihn zu seiner Großmutter gebracht. Geh schon«, drängte sie und schob Beejay, die Hand in seinem Rücken, nach vorn, doch der Junge wollte genauso wenig zu Marla gehen, wie diese ihn sehen wollte. »Sie brennt darauf, dich kennenzulernen.«
»Mommy«, wimmerte er. »Mom… miiie …«
»Das ist deine Nana Marla«, erklärte Elyse. Dieses Treffen verlief nicht so, wie sie es sich vorgestellt hatte.
»Warum hast du ihn hierhergebracht? Willst du, dass man uns findet?« Marla war außer sich.
Elyse beschloss, sie noch nicht in die Änderungen des Plans einzuweihen.
Beejays Entführung war ursprünglich nicht vorgesehen gewesen, aber manchmal muss man, wenn sich die Gelegenheit bietet, einfach zugreifen. Konnte Marla das denn nicht begreifen?
»Bring ihn weg! Er darf hier nicht bleiben.«
»Er weiß nicht, wo wir uns hier befinden. Er ist noch viel zu klein.«
»Jemand könnte ihn sehen. O Gott, da haben wir’s! Er fängt an zu weinen!«
Beejay verzog das Gesicht und wurde tiefrot. Marla hatte recht. Der Kleine sah aus, als wollte er sich im nächsten Moment die Seele aus dem Leib brüllen.
»Wir sind ja bald wieder bei deiner Mommy«, versicherte Elyse hastig. »Keine Angst.«
Statt einer Antwort legte er den Kopf in den Nacken und heulte so laut, dass es Tote hätte erwecken können. Marla sah aus, als wollte sie den Kleinen erwürgen, deshalb schleppte Elyse ihn rasch nach oben. Was zum Teufel sollte sie jetzt tun? Das kleine Haus enthielt kaum Möbel, bis auf die, die Elyse für Marlas Zimmer besorgt hatte.
In einem der zwei Schlafzimmer stand ein alter Sessel, und Elyse trug das schreiende Kind durch den Flur und versuchte, es zum Schweigen zu bringen, ohne ihm Angst einzujagen. Herrgott, der konnte vielleicht brüllen! Waren alle Kinder so laut?
»Schsch … schsch …«, sagte sie und nahm ihn unbeholfen auf den Schoß. Was um alles in der Welt sollte sie tun?
»Daddy!«, schrie er. »Daddy!«
»Du musst dich schon entscheiden, Kleiner. Mommy oder Daddy.«
Sie hörte Marla im Keller mit irgendeinem Gegenstand klopfen. Was nun? Wütend vor sich hin schimpfend schleppte Elyse den Jungen wieder nach unten, der verzweifelter »Neieiein!« schrie und versuchte, sich am Treppengeländer festzuhalten. Elyse hatte das Gefühl, dass ihr der Kopf platzte.
»Was machst du da?«, wollte Elyse von Marla wissen. »Ich habe dich gehört! Jemand anderer hätte dieses Hämmern auch hören können!«
Neben Marla lag ein Stück Rohr auf dem Boden. »Ich war noch nicht fertig«, sagte Marla und funkelte sie böse an.
»Wir müssen fort. Ich muss raus hier.«
»Noch nicht!«
»Sieh mal …« Ihr Blick richtete sich auf den Fernseher, in dem gerade die Nachrichten über den Mord an einer jungen Frau in der Nähe von Burlingame gebracht wurden. Tanya.
Elyse sah in einer Art entsetzter Faszination zu, während Marla sagte: »Das hast du getan. Du hast sie umgebracht.«
»Das alles gehört zu unserem Plan«, presste Elyse hervor. Warum kritisierte Marla sie? Sie wusste doch, was zu tun war!
»Hat man dich gesehen? Dich fotografiert? Wie neulich, als du Rory umgebracht hast?«
»Nein.«
»Und das Bild von dir in der Zeitung? Das Phantombild der Polizei? Sie sagen, ich wäre es gewesen. Sie schieben mir diese Morde in die Schuhe.«
»Tja, natürlich.« Elyse war mit ihrer Geduld am Ende, und das unablässige Gebrüll des Kindes verstärkte ihre Kopfschmerzen noch. Es forderte ihr äußerste Beherrschung ab, ihn nicht zu schütteln.
»Du willst, dass ich für all
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