Deadline - Rache, wem Rache gebuehrt
gewesen sein.«
»Mach ich.«
Paterno klappte sein Handy zu und lenkte den Cadillac durch die dunkle Nacht. Der Wind frischte immer mehr auf, blies vom Pazifik ins Land, fegte durch die Straßen und trieb den Regen unter dem schwarzen Himmel vor sich her. Es war eine Nacht, in der man, wie Paternos Großmutter zu sagen pflegte, nicht einmal einen Hund vor die Tür jagte.
Die Scheibenwischer hatten alle Mühe, die Regenmassen zu bewältigen, und die Scheinwerfer der entgegenkommenden Fahrzeuge blendeten so, dass Paterno blinzeln musste, als er in der Nähe des Alamo Square auf die Straße einbog. Jack Holts Jeep stand in der Zufahrt zum Haus; hinter geschlossenen Jalousien und Vorhängen schimmerte Licht. An der Straße stand ein FBI-Wagen. Unauffällig? Weiß Gott.
Paterno fand eine Parklücke am Straßenrand, schaltete den Motor aus und schob sich die Kopie des Mietvertrags in den Mantelausschnitt. Zum Schutz gegen den Regen schlug er den Mantelkragen hoch, lief über die Straße und drückte, an der Haustür angekommen, auf die Klingel. Herrgott, was für eine Nacht!
Bevor er noch den Finger vom Klingelknopf nehmen konnte, wurde die Tür geöffnet, der verdammte Köter fing an zu kläffen, und Jack Holt forderte ihn auf einzutreten, brachte das Hundevieh zum Schweigen und sagte: »Wir haben schon von Marlas Tod gehört. Es geht durch die Nachrichten.« Holt sah ihn missbilligend an. »Sie hätten uns anrufen können.«
»Ich wollte Sie persönlich unterrichten.«
»Sie haben sich reichlich Zeit gelassen.«
Cissy saß im Wohnzimmer vorm Kamin. Sie sah aus, als hätte sie stark abgenommen. Es war traurig. Die Belastungen der letzten Zeit waren ihr deutlich anzusehen.
»Also stimmt es«, sagte sie, stand auf und rieb sich die Arme, als fröre sie von innen heraus. »Meine Mutter ist tot.«
»Wir haben Grund zu der Annahme, ja. Natürlich trug sie keinen Ausweis bei sich, wir haben auch ihre Gefängniskluft nicht gefunden und auch sonst nichts, was darauf hinweist, dass sie die Tote ist.«
»Sie konnten es nicht erkennen?«, fragte Cissy voller Unbehagen.
»Sie ist schon eine ganze Weile tot.«
Sie wurde kreideweiß und schluckte heftig, als würgte es ihr im Magen.
»Wir müssen das Zahnschema oder die DNA prüfen, um ganz sicher sein zu können.«
Cissy nickte ein paar Mal verkrampft, musste das Gehörte zunächst verarbeiten. »Sie ist ermordet worden?«
»Das nehmen wir an. Eine Verletzung am Hinterkopf sieht aus wie eine Schusswunde.«
»Wer hat sie umgebracht?«, wollte Jack wissen. »Die Person, die unseren Sohn in ihrer Gewalt hat?«
Paterno wich aus. »Nach der Autopsie wissen wir mehr.«
»Aber sie hatte sich in diesem Haus verkrochen.« Cissy sah ihn an.
»Ja.«
Sie hob den verflixten Köter hoch und drückte ihn an sich. »Sie waren der Meinung, sie hätte eine Komplizin.«
»Es könnte sich um ein Doppelspiel handeln. Vielleicht ist Ihre Mutter gar nicht verantwortlich für die Verbrechen.« Cissy sagte gedehnt: »Ich glaube, die Person, die sie umgebracht hat, hat hier angerufen.«
Paterno horchte auf. »Angerufen?«
Jack nickte. »Das FBI hat den Anruf vom Wagen aus aufgezeichnet. Sie waren gerade hier und haben mit uns gesprochen.«
»Ich habe nichts von dem Anruf erfahren.«
»Dazu gibt es nicht viel zu berichten. Die Frau hat Cissy im Grunde nur mit dem Eingeständnis gequält, dass sie Beejay bei sich hat. Sie sagte, sie hätte ihn zu seiner Großmutter gebracht.«
Paterno warf Cissy einen Blick zu, und sie wiederholte das Gespräch Wort für Wort. Sie endete mit: »Dann legte sie auf. Ich kann es nicht glauben. Wenn Marla schon tot war … halb verwest? Was hat sie sich dabei gedacht? Beejay war bestimmt außer sich vor Angst.« Sie verzog das Gesicht und blinzelte die Tränen fort.
»Wir haben in dem Haus einen Fetzen Baumwollstoff gefunden. Flauschig. Blau. Könnte von einer Decke stammen. Wir analysieren ihn noch.«
»Das verfluchte Miststück! Was macht sie mit meinem Kind?« Cissy kochte vor Wut. Der Hund winselte, und sie beugte sich herab, um Coco wieder zu Boden zu lassen. Paterno fragte: »Kennen Sie eine Frau namens Elyse?« Cissy und Jack verneinten mit einem Kopfschütteln.
»Elyse Hammersley?«
»Nein. Warum?«
»So heißt die Frau, die das Haus gemietet hat, in dem Marla gefunden wurde. Wir nehmen an, dass sie auch in Verkleidung als Mary Smith aufgetreten ist.« Er zog die Kopien des Mietvertrags und des Ausweises aus der Tasche und reichte sie den
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