Deadline - Toedliche Wahrheit
drücken und ihr sagen können, dass sie ihn hübsch verpacken soll, und sie hätte eine Multimediaschlacht aus dem Hut gezaubert, noch ehe die Worte ganz aus meinem Mund gewesen wären. Sie war in ihrem Fach die Beste gewesen. Eigentlich in allem, was sie tat, was in gewisser Weise das Problem war, weil das letztlich auch ihren Verrat an uns einschloss, bei dem eine Menge Leute ums Leben gekommen sind. Bei ihrem Geständnis hat sie gesagt, dass es ihr leidtäte. Damals habe ich ihr geglaubt, und ich glaube ihr auch heute noch. Manchmal machen Menschen Fehler, und manchmal handelt es sich um die Sorte Fehler, bei denen man keine zweite Chance erhält.
Trotzdem ist sie kein bisschen weniger tot, und trotzdem vermisse ich sie kein bisschen weniger.
Letztlich wählte ich drei kurze Filmausschnitte und zehn Bilder aus, packte sie an den Stellen in meinen Artikel, an denen sie die beste Wirkung erzielen oder zumindest nicht völlig unmotiviert erscheinen würden, und machte Feierabend. Im Moderatorenforum hinterließ ich den Vermerk, dass ich ein paar Stunden offline sein würde und nur gestört werden wollte, wenn die Welt unterging. Selbst dann sollten die Leute erst bei Mahir nachfragen, bevor sie mich anriefen. Damit war zwar nicht garantiert, dass man mich in Ruhe ließ, aber immerhin würde es die Leute ein wenig bremsen. So als ob man die Realität auf Schlummeralarm stellt.
Erst als ich aufstand, wurde mir klar, wie verspannt ich war. Ich reckte mich, bis es in meinen Schultern knackte. Auf dieses Stichwort hin fingen die Hälfte aller Muskeln in meinem Körper an, sich zu beschweren, während die andere Hälfte scheinbar zu Wackelpudding wurde. »Scheiße! Ich werde auch nicht jünger«, bemerkte ich und ging in die Küche.
Alaric war weg. Wahrscheinlich hatte er Dienst in den Foren. Nun, besser er als ich, allerdings habe ich diese Strafe Gottes schon so oft erduldet, dass mir jeder auf diesem Posten ehrlich leidtut.
Becks und Maggie saßen immer noch am Tisch und sahen die sichtlich nervöse Kelly mit dem Ausdruck von Katzen an, die eine Maus belauern. Als ich die Küche betrat, drehte sie sich zu mir um, und ein Ausdruck der Erleichterung trat auf ihr Gesicht. Falls sie sich durch mein Eintreffen erlöst fühlte, musste es hier ziemlich übel zugegangen sein, während ich im Nebenzimmer gewesen war.
»He«, sagte ich. »Ich gehe hoch, duschen.«
Der Ausdruck der Erleichterung auf Kellys Miene verblasste. »Willst du deine Fleischpastete nicht aufessen?«
»Nein, ich bin satt. Maggie, kannst du dich um alle Kommentare kümmern, die ich in den nächsten paar Stunden bekomme? Ich muss ein bisschen Schlaf nachholen, sonst bin ich morgen zu nichts zu gebrauchen.«
»Geht klar.« Maggie lächelte. »Jetzt geh schon! Du nimmst dich zu hart ran.«
»Da hast du wahrscheinlich recht.« Ich hielt inne, als mir ein Gedanke kam. »Maggie, sag Alaric, dass er mal nach der Wanze sehen soll, die wir im Konferenzzimmer platziert haben. Die sollte eigentlich jetzt in seinem aktiven Verzeichnis auftauchen. Wenn sie etwas sendet, will ich es sofort wissen.«
»Die Dekontaminierung wird ein paar Tage dauern«, sagte Kelly. Falls sie irgendwelche Einwände hatte, was das Verwanzen von öffentlichen Einrichtungen anging, behielt sie sie für sich. »Bis dahin werdet ihr nichts reinkriegen.«
»Tja, dann habe ich wohl eine Menge Zeit, meinen Schönheitsschlaf nachzuholen. Gute Nacht euch allen, und versucht euch ein bisschen auszuruhen.«
»Mach ich«, sagte Becks und bedachte mich mit einem nachdenklichen Blick, als ich mich zum Gehen wandte.
Die Treppe hochzukommen kostete mich mehr Mühe, als ich erwartet hatte. Ich war so verdammt müde. Eigentlich kam mir der Weg viel zu anstrengend vor, wo ich mich doch genauso gut zum Schlafen auf die Stufen setzen konnte. Ich wusste, dass ich duschen musste. Laut der strengen Vorschriften für Feldeinsätze hätte ich in dem Moment duschen sollen, in dem ich das Haus betreten hatte. Es kann einem wirklich die Versicherung versauen, wenn man sich nicht nach jedem registrierten Feldeinsatz einer anständigen Dekontamination unterzieht, aber das Gesetz lässt gewisse Schlupflöcher, die man nur kennen muss. Den Ausflug zu Dr. Abbeys Labor hatten wir nicht aufgezeichnet, und die Anlagen der Seuchenschutzbehörde gehören zu den wenigen öffentlichen Orten, die nicht als Gefahrenzonen gelten. Es war absolut legal, dass ich mich nicht wie ein braver kleiner Junge abgeschrubbt hatte,
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