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Deadline - Toedliche Wahrheit

Deadline - Toedliche Wahrheit

Titel: Deadline - Toedliche Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mira Grant
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loszuwerden. Er stand einfach nur auf und ging zur Tür. George hatte ihre Leute gut ausgebildet, und Alaric hatte unter ihr angefangen.
    Kelly wollte ihm auf den Flur folgen, wobei sie den Polizeiknüppel, den Becks ihr in die Hand gedrückt hatte, an ihre Brust presste wie ein Kind einen Teddybär, doch dann zögerte sie. »Wo gehst du hin?«
    »In meine Wohnung.« Ich nahm das Gewehr, das ich mir aus dem Schrank geholt hatte, und legte es mir über die Schulter. »Ich muss was holen.«
    Dave schaute von seiner Tastatur auf. »Shaun … «
    »Sag’s nicht! Bleib hier, halt das Netzwerk in Gang, verschiebe die Dateien, die wir später noch brauchen, und sag einfach nichts!« Kelly trat hinter Alaric auf den Flur. Ich schaute erst zu Dave und dann zu Becks und schüttelte den Kopf. »Ich bin gleich wieder da.«
    Ich glaube einfach nicht, dass du das gerade gesagt hast.
    »Das sage ich doch seit jeher«, brummte ich und verließ die Wohnung.
    Überall auf dem Hausflur brannte die Notbeleuchtung und tauchte alles in blutrotes Licht, das »ein Gefühl der Dringlichkeit vermitteln« und zugleich »das mentale Trauma möglicher biologischer Kontamination vermindern« sollte. Der Regierungsjargon für »Rot macht den Leuten eine Scheißangst, und sie rennen schneller« und »Auf diese Weise sieht man nicht so gut, wo man reintritt«. Um es noch schlimmer zu machen, hatten sich die Rollläden an unserem Gebäude automatisch geschlossen, zumindest in den öffentlichen Bereichen, wo niemand sich die Mühe gemacht hatte, manuelle Schalter zu installieren. Die Jalousien hielten das Geschrei draußen, aber auch das Tageslicht.
    Lass gut sein, Shaun! Ist nicht so wichtig.
    »Als der mit dem Körper entscheide ja wohl ich, was wichtig ist.« Die Treppe war frei. Ich nahm immer zwei Stufen auf einmal und war jederzeit bereit zu schießen, falls sich etwas in einer Art und Weise bewegte, die mir nicht gefiel. Doch nichts regte sich.
    Shaun …
    »Halt die Klappe, George!«, sagte ich und öffnete meine Wohnungstür.
    Jeder Blogger hat eine Black Box, für den Fall, dass etwas schiefgeht. Nein, das stimmt so nicht. Jeder gute Blogger hat eine Black Box, für den Fall, dass etwas schiefgeht. Wenn man mit einem Blogger zusammenarbeiten will, dann nur mit einem, der eine Black Box hat, weil man nämlich nur mit Bloggern zusammenarbeiten sollte, die begreifen, dass das »wenn« in »wenn etwas schiefgeht« nicht »falls« heißt, sondern »sobald«.
    Black Boxes gibt es in vielen Gestalten. Sie sind nach den Flugschreibern benannt, die für den Fall eines Absturzes Informationen aufzeichnen. Der Gedanke hinter der Black Box eines Bloggers ist im Prinzip derselbe: In ihr werden die Informationen aufgezeichnet, die auf jeden Fall erhalten bleiben müssen, wenn alles andere dran glauben muss. Georges Black Box war darauf ausgelegt, jedes bekannte Dekontaminierungsprotokoll zu überstehen sowie einige, die es bislang nur in der Theorie gibt. Es handelte sich um den ersten Gegenstand aus unserem Sendewagen, den man mir nach ihrem Tod zurückgab. Becks und die anderen mochten nicht glauben, dass die Black Box es wert war, sich nach draußen zu wagen, aber das war ein Irrtum. Sie war das Einzige, wofür sich dieses Risiko lohnte.
    George und ich sind praktisch online aufgewachsen. Da die Masons uns während unserer Kindheit fröhlich für Quoten ausgebeutet und unseren eigenen Eintritt in die Welt des Journalismus vorbereitet haben, hatten wir nie viele Geheimnisse. Alles, was wir je getan haben, landete in irgendjemandes Postfach. Zumindest fast alles. Es gab immer ein paar Dinge, die wir mit niemandem teilen wollten oder von denen wir nicht wussten, wie man sie teilte. Darum haben wir auf Papier Tagebuch geschrieben. Es war die einzige Möglichkeit, uns ein bisschen Privatsphäre zu erschleichen. Ich sage übrigens absichtlich »wir«: George war immer die Denkerin von uns beiden, während ich immer der Macher war, aber wir haben fast zwanzig Jahre lang ein gemeinsames Tagebuch geführt. Das tun wir noch immer. Ich schreibe meine Seiten, und dann schließe ich die Augen und sie kümmert sich um ihre.
    Ich lese sie nicht mehr. Es ist besser, sich einfach vorzustellen, dass sie echt sind.
    In der Black Box befanden sich unsere Tagebücher. Ihre Krankenakte, ihre Ersatzsonnenbrille, ihr erster MP 3-Rekorder und Dateien vom Beginn der Wahlkampftour bis zu dem Punkt, an dem sie nichts mehr aufgenommen hat. Ihre Flaschen mit abgelaufenen

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