Deadline - Toedliche Wahrheit

Schmerzmitteln. Alles in allem war es das Greifbarste, was mir von meiner Schwester geblieben war, das ich auf keinen Fall zurücklassen würde.
    Ich brauchte keine fünf Minuten, um meinen Scheiß zusammenzupacken. Ich steckte die Black Box mit allen greifbaren Waffen in einen Kleidersack und stopfte die Lücken mit Ersatzmunition aus. Auf meinem Nachttisch stand ein Bild von uns, das ich mir in die Jackentasche steckte. Wenn man evakuieren muss, besteht immer die Möglichkeit, dass man nicht zurückkommen kann. Man sollte alles mitnehmen, ohne das man nicht leben will.
    An der Tür verharrte ich und warf einen Blick zurück auf die Umzugskartons und die kahlen Wände. Alles, was mir etwas bedeutete, passte in einen Kleidersack, meine Manteltaschen und meinen Kopf. Das hatte etwas Trauriges. Hätte es zumindest gehabt, wenn ich es mir gestattet hätte, darüber nachzudenken.
    Lass es , flüsterte George in meinem Hinterkopf, so leise, dass ich sie fast nicht verstand.
    Es macht mir Angst, wenn ihre Stimme so verblasst. Es erinnert mich daran, dass ihre Anwesenheit genau genommen bedeutet, dass ich verrückt bin, und dass verrückte Menschen manchmal wieder gesund werden. »Nein«, erwiderte ich brüsk, zog die Tür hinter mir zu und eilte zur Treppe.
    Auf halbem Weg begann mein Ohrstecker laut zu piepen. Ich nahm ihn vom Kragen, steckte ihn mir ins Ohr und fragte: »Was ist?«
    »Wir haben ein Problem.« Dave klang so gelassen, als würde er mir sagen, dass ich noch etwas vom Einkaufen mitbringen solle. »Alaric ist gerade vom Dach zurückgekommen.«
    »Das ging schnell.« Ich blieb nicht stehen, sondern sprang drei Stufen auf einmal nehmend die Treppe hoch. Trotzdem hatte ich das Gefühl, zu langsam zu sein. Schneller ging es nicht.
    »Tja, jedenfalls hat er genug Felderfahrung, um zu wissen, dass man sofort umkehren sollte, wenn man die Tür zum Dach öffnet und sich einer Horde Infizierter gegenübersieht.«
    Mein Zeh blieb an einer Stufe hängen, und ich stolperte. Ich packte das Geländer und stieß mir dabei den Ellbogen. » Wie bitte?! «, blaffte ich praktisch gleichzeitig mit George.
    »Da oben ist ein Mob. Kelly sagt zwanzig, Alaric sagt elf, und ich würde sagen, dass die Wahrheit irgendwo dazwischen liegt.« Dave hielt inne. »Er hat Mrs Hagar identifizieren können, ehe er die Tür zugeknallt und verriegelt hat. Die anderen sind nicht aus unserem Gebäude.«
    »Was soll das heißen?«, fragte ich, während ich mich wieder in Richtung dritter Stock in Bewegung setzte.
    Das soll heißen, dass dieser »Ausbruch« das ist, was sich irgendwer unter einem Großreinemachen vorstellt.
    »Jemand muss sie dort abgesetzt haben«, sagte Dave und bestätigte damit, ohne es zu wissen, Georges Aussage. »Unser Gebäude kann unmöglich spontan neue Zombies ausspucken.«
    Schwitzend nahm ich die letzten paar Stufen in vier großen Sätzen und stieß die Wohnungstür auf. Kelly zuckte zusammen, wich zurück und prallte gegen Alaric. Sie war kreidebleich. Alarics Haut war zu dunkel, als dass er genauso hätte aussehen können, weshalb er sich mit einem kränklichen Gelbton beschied. Dave drehte sich nicht mal um. Er tippte einfach weiter und bewegte die Finger über seine zusammengelegten Tastaturen, als dirigierte er das weltgrößte Orchester.
    »Macht euch zur Evakuierung bereit«, blaffte er. »Sobald Becks zurückkommt, sind wir hier raus.«
    »Warum gehen wir ihr nicht entgegen?«, wollte Kelly wissen. Ihre Stimme nahm einen hysterischen Unterton an. »Warum müssen wir hier oben warten? Auf dem Dach gibt es einen aktiven Ausbruch ! Die Leute dort oben sind infiziert !« Ihr Tonfall wurde schriller, als ob sie Zweifel daran hätte, dass wir den Ernst der Lage begriffen.
    Tief durchatmen , sagte George. Wenn nötig, zähl bis zehn .
    Tatsächlich musste ich sogar bis dreizehn zählen, ehe ich ruhig genug war, um niemanden beim Reden anzuschreien. »Wir sind uns der Protokolle im Falle eines Ausbruchs bewusst, Dr. Connolly«, sagte ich. Mein Tonfall war so eisig, dass Dave kurz von seinem Monitor aufschaute und den Kopf schüttelte, ehe er sich wieder an die Arbeit machte. »Rebecca ermittelt soeben, ob wir so weitermachen können wie geplant oder ob wir uns einen anderen Fluchtweg suchen müssen. Die Tür zum Dach ist verriegelt, ebenso wie der Haupteingang. Hier drin sind wir sicherer, als wenn wir überstürzt irgendwohin rennen, wo wir einen Ausgang vermuten.«
    »Aufgrund der Gebäudearchitektur ist der Tunnel