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Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Titel: Deadwood - Dexter, P: Deadwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
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und schüttelte dem Mann, der die Zügel hielt, die Hand. Er saß dort, gerade und ernst, mit breiten Schultern, gekleidet in teures Wildleder. Der Mann neben ihm war klein und noch besser gekleidet. Beide hatten schulterlanges Haar.
    »Das ist nicht Wild Bill«, meinte er, doch er wusste, dass er es war.
    Lurline trat vom Fenster zurück, setzte sich wieder aufs Bett und nahm ihre Sachen. Sie zog ihre Unterwäsche an, ihre Strapse und die Strümpfe, dann warf sie sich das Kleid über den Kopf. Je mehr sie anzog, desto weniger mochte er sie. »Ich hab dir eine Überraschung mitgebracht«, sagte er wieder. Er wünschte, er wäre noch etwas länger auf ihr liegen geblieben, um sie daran zu erinnern, wer er war.
    Sie schlüpfte mit den Füßen in ihre Schuhe – es waren eher Slipper, jetzt, wo er genauer hinsah, man konnte keine zwei Schritte auf der Straße mit ihnen gehen, ohne dass sie vom Matsch verschluckt wurden – und ging zur Frisierkommode hinüber. Dort hatte sie eine Flasche Eau de Toilette stehen, neben einer Reihe kleinerer Parfumflakons. Sie spritzte etwas davon auf ihre Hand und rieb sich damit Hals, Nacken und das Dekolleté ein.
    »Dieser Jammerlappen da neben ihm besitzt wahrscheinlich mehr Klamotten als du«, sagte Boone. Sie schien vergessen zu haben, dass er im Zimmer war. Sie kniete sich hin, griff unter die Kommode, holte einen Spiegel mit Horngriff heraus und richtete sich mit der einen Hand die Haare, während sie mit der anderen Hand den Spiegel hielt. Ihrem Gesichtsausdruck nach war sie nicht besonders zufrieden mit dem, was sie sah.
    Sie versteckte den Spiegel wieder unter der Kommode, wobei sie sich Zeit ließ, und wollte dann zur Tür gehen. Als er ihr plötzlich im Weg stand, wich sie zurück. Boone war schneller, als er aussah, darin hatten sich schon alle möglichen Leute getäuscht, mit fatalen Folgen. Und Boone gab einem nie die Gelegenheit, ihn selbst zu täuschen.
    »Willst du denn gar nicht wissen, was ich dir mitgebracht hab?« fragte er.
    Sie sah ihn mit glanzlosen Augen an. »In Ordnung«, sagte sie, »was ist es?« Es war nicht so, wie es eigentlich sein sollte. Mit Bitten und Betteln.
    »Etwas aus Cheyenne«, sagte er und sah, wie sich bei ihr Interesse regte. Vielleicht dachte sie, es sei etwas zum Anziehen. Lurline gab jeden Cent, den sie verdiente, für ihre Garderobe aus. Sie hatte mindestens vier Kleider.
    »Nun?« fragte sie.
    »Du musst es suchen«, antwortete er.
    Sie zuckte die Achseln und schaute dann hinüber zu dem Kleiderhaufen auf dem Stuhl. »Es ist da drin«, sagte sie. Boone lächelte sie an, und sie ging hinüber, wobei sich ihre Slipper auf den Holzdielen anhörten wie Hufe, und nahm seine Hose hoch. Sie griff hinten in die Gesäßtaschen und zog Harry Pines Schneidezahn heraus. Boone hatte ihn abgebrochen, als er nach Goldzähnen suchte, und ihn als Glücksbringer behalten. Er wollte sich davon ein Schmuckstück anfertigen lassen.
    »Was zum Teufel ist das?« sagte sie.
    »Das meine ich nicht«, sagte er. »Pack es wieder ein.«
    Auf der Straße wurde eine Rede gehalten, dann brandete Applaus auf. Sie blickte zum Fenster hinüber und vergaß wieder, was sie gerade taten. »Ich verpasse alles«, maulte sie.
    »Das ist doch nichts Besonderes«, entgegnete er. Sie nahm seine Jacke und steckte die Hände in die Taschen. Dann ließ sie die Jacke auf das Bett fallen, neben seine Hosen, und berührte den Lederbeutel. Er lächelte.
    Sie nahm ihn hoch, das Gewicht machte sie neugierig. Der Beutel war zugebunden und sie brauchte eine Weile, bis sie den Knoten gelöst hatte. »Du solltest nicht an den Nägeln kauen«, sagte er zu ihr.
    Als sie es geschafft hatte, faltete sie das Stück Rohleder auseinander. Er stand still daneben und beobachtete ihr Gesicht. Sie blickte hinein. »Was ist das?« fragte sie.
    »Schau selbst«, meinte er.
    Sie griff hinein, zögerte einen Moment und zog dann den Kopf an den Haaren heraus. Sie hielt ihn vor sich, in Augenhöhe. Er hatte gehofft, sie würde anfangen zu schreien. »Scheiße«, meinte sie, »das ist Frank Towles.«
    »Es ist sein Kopf«, sagte er.
    Sie steckte ihn zurück in den Beutel und ließ diesen aufs Bett fallen. »Du warst doch schon überall in den Hills mit diesem Kopf«, sagte sie. Dann ging sie um ihn herum und verschwand, nach Blumen duftend, aus der Tür. Diesmal hielt Boone sie nicht auf.
    Er hörte ihre Slipper auf der Treppe und schloss die Tür. Er nahm Frank Towles’ Kopf aus dem Beutel und betrachtete

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