Deadwood - Dexter, P: Deadwood
Kleides war nass und lag schwer auf ihrer Brust. Sie war nicht tot.
Sie begann zu weinen.
Der Prediger wandte sich zufrieden von der Straße ab. Sie erhob sich, und er schaute sie an. Die Blutung ließ nach, und sie wischte sich mit dem Laken von Al Swearingens Bett ab. »Ich habe die böse Seite des Herrn von diesem Ort vertrieben«, sagte er.
Sie blickte an sich herunter und verstand, was er meinte. Gott hatte sich gerächt, und ihr war verziehen worden. Sie ging durch den Raum und küsste die Hände des Predigers. Dabei hinterließ sie einen kleinen Flecken rotes Blut zwischen seinen Knöcheln.
Sie versuchte, sich bei ihm zu bedanken, doch die Worte blieben in ihrem Mund, ganz weit hinten, noch hinter ihrer Zunge. Er sah ihr lange in die Augen, und sie wusste, dass er sie verstand. Dass er sie liebte und ihr vergab.
Und sie wusste, sie war gerettet.
Die Sterbefälle im Seuchenhaus setzten sich noch zwei Wochen lang fort und hörten dann auf. Alles in allem waren es neun. Jane nahm jeden Einzelnen persönlich und lehnte es ab, den Beerdigungen beizuwohnen. Sie richtete den Revolver auf Doc Pierce und seine Neffen, als sie eines der Opfer abholen wollten, ein zehnjähriges Kind. Sie meinte, das Kind sei erst dann tot, wenn sie es sage. Doc Pierce musste die Mutter des Kindes kommen lassen – ein Freudenmädchen aus dem
Green Front
–, um Jane zu überzeugen, den Leichnam herauszugeben.
Abends in den Bars wurde Jane missmutig. Sie saß für sich allein, starrte manchmal ihre Hände an, manchmal die Reisenden. Sie trank mehr als zuvor, als es noch mehr Arbeit gegeben hatte. Die Krankheit hatte ihren Verlauf genommen. Seit die ersten Opfer gestorben waren, hatte es keine Neuerkrankungen mehr gegeben. Sie sprach davon weiterzuziehen. »Ich habe die Gabe des Heilens«, sagte sie, »aber hier ist meine Arbeit fast getan.«
Nachdem nun keine neuen Fälle mehr dazukamen, pflichteten die Barkeeper ihr bei, und einer von ihnen erfand die Geschichte, dass die Seuche in Cheyenne ausgebrochen sei.
Sie sah ihn an und überlegte. »Mit welchen Symptomen?« fragte sie. »Heiße Stirn? Schweißausbrüche? Gibt es Verunstaltungen?«
Der Barkeeper schüttelte den Kopf. »Mehr hab ich nicht gehört, nur dass die Seuche ausgebrochen ist.«
Später an diesem Abend schoss Jane eine Kakerlake von der Theke. Sie sagte, sie seien Krankheitsüberträger und schlimmer noch als die Fliegen. »Wenn sie nicht so gerne in Hundescheiße sitzen würden«, sagte sie, »hätten Fliegen niemals einen so schlechten Ruf bekommen.«
Am nächsten Abend hatte jeder Barkeeper in den Badlands von der Seuche in Cheyenne gehört. Sie kannten die Symptome, die identisch waren bei den Pocken, die Deadwood heimgesucht hatten, und sie kannten die Zahl der Opfer. Es hieß, es wären weit über zweihundert.
Diese Neuigkeit hob Janes Laune beträchtlich. Sie ging von einem Lokal zum nächsten, ließ sich die Zahlen bestätigen. »Eine Stadt wie Cheyenne, da könnten es gut und gerne fünfhundert Opfer werden, bevor ich eintreffe«, meinte sie.
Der Barkeeper, mit dem sie sich gerade unterhielt, sagte: »Je früher, desto besser.« Und dann fügte er hinzu: »Deine Arbeit hier ist doch getan, Jane. Es hat sich in den letzten drei Wochen keiner mehr mit Pocken angesteckt.«
Sie seufzte tief über das Unglück in Cheyenne. »Die Pocken raffen die Guten genauso dahin wie die Bösen«, sagte sie. »Das ist ja das Dumme dabei. Die Einzige, die sich nicht ansteckt, bin ich, denn Gott hat mich immun gemacht, damit ich heilen kann.«
Später schoss sie mit beiden Revolvern in die Bodendielen und stieß ihren Adlerschrei aus und bereitete sich auf die Reise vor. »Alles klar«, sagte sie, »ich werde ungefähr zweihundertzehn Dollar benötigen, um für die Opfer in Cheyenne die Mixtur zu brauen.« In dieser Nacht und auch in der folgenden ließ sie in den Bars der Badlands ihren Hut herumgehen. Sie bekam gerade mal dreißig Dollar zusammen, aber wenigstens hatte niemand den Hut geklaut.
Und so kam es, dass Charley ihr einen Dollar in den Hut legte, als er Calamity Jane das letzte Mal sah. Es war nicht gerade viel, aber es reichte ihr. Er hielt sich gerade im
Gem Theater
auf, wo er gelegentlich abends vorbeischaute, nachdem Al Swearingen durch ein Fenster im Obergeschoss geflogen, auf ein Pferd gestiegen und in die Hills galoppiert war.
Der Hut wanderte die Theke entlang und dann über alle Tische, bis hin zu dem, wo Charley saß. Charley legte seinen Dollar
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