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Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Titel: Deadwood - Dexter, P: Deadwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
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hinein, ohne die Innenseite zu berühren – die Flecken darin schienen zu leben. Jane stand am Ende der Theke, die Hände um zwei Gläser Whiskey gelegt, und behielt den Hut im Auge, damit nur ja keiner den Kranken das Geld wegnahm. Charley fand, sie sah schlimmer aus als beim letzten Mal, als er sie gesehen hatte, aber Jane sah immer schlimmer aus als beim letzten Mal. Vielleicht war es ja einfach nur so, dass es immer etwas gab, was einem vorher noch nicht aufgefallen war.
    Ihre Haut war gelblich, und ihr Bauch hing da wie ein Felsbrocken, kurz bevor er über die Kante kippt. Charley kannte Bäuche, und diese besondere Sorte war auf den einheimischen Whiskey zurückzuführen. Es würde nicht mehr lange dauern, bis sie anfing, Blut zu spucken, sofern das nicht schon der Fall war.
    Ihre Blicke folgten dem Hut, und als Charley den Dollar hineinwarf, sah sie ihn an und vergaß für eine Weile den Hut, der weiterwanderte. Ihre Augen wurden schmal, und Charley sah, dass sie sich nicht erinnerte, wer er war.
    Sie stellte eines der Gläser auf die Theke und ging quer durch den Raum, schob unterwegs ein Freudenmädchen und einen Reisenden aus dem Weg. Charley nickte, Jane antwortete mit einem Nicken. »Ich hab ’ne Menge durchgemacht«, sagte sie schließlich, »und ich erinnere mich nicht mehr an deinen Namen.«
    »Charley Utter.«
    Sie nickte. »Dacht’ ich’s mir doch.« Sie erinnerte sich nicht.
    »Charley Utter«, wiederholte er. »Bills Freund.«
    Sie nickte wieder. Da war nichts. Weder er noch Bill. »Ich bin ein schreiender Adler vom Bitter Creek«, sagte sie, »und je höher man kommt, desto bitterer wird er, und ich, ich komm von ganz weit oben.«
    Charley meinte: »Ich weiß, woher du kommst.«
    Sie sah ihn verwirrt an. »Bist du aus meiner Heimatstadt hierher gekommen?«
    »Nein«, sagte er.
    »Denn von da bin ich nicht mehr. Das hier ist jetzt meine Heimatstadt, wo mein Mann begraben liegt.«
    »Hab gehört«, sagte er, »du hast die Kranken gepflegt.«
    »Manche von denen sind gestorben, aber das war nicht meine Schuld. Der Herr nimmt zu sich, wen er will, und überlässt uns den Rest.«
    Sie stolperte und wäre fast gestürzt. In ihrer Nähe standen Goldgräber, ein paar Reisende, und alle machten gleichzeitig Platz, weil sie auf keinen Fall berührt werden wollten.
    »Es hat dich erschöpft«, sagte er.
    Sie hob ein Glas an den Mund und leerte es in einem Zug. »Das stimmt.«
    Und weil er freundlich zu ihr war und sie in Verlegenheit brachte, stieß sie ihren Adlerschrei aus und ließ ihn ohne ein weiteres Wort dort am Tisch zurück. An der Theke nahm sie das Geld aus ihrem Hut, stopfte es vorn in ihre Hose und klopfte dann diese Stelle ab, um sich zu vergewissern, dass es sicher verstaut war.
    »Ich bin noch nie ausgeraubt worden«, sagte sie zu niemand Bestimmtem. Sie setzte den Hut auf, nahm das Glas von der Theke und ging zur Tür. Ehe sie hinausging, blieb sie stehen, schoss noch einmal in die Bodendielen und ließ ihren Adlerschrei ertönen.
    »Morgen reise ich ab«, sagte sie. »Bei Sonnenaufgang.«
    Und das tat sie.
    Um acht Uhr am folgenden Abend sah der Barkeeper im
Gem Theater
zur Tür und begann zu lächeln. Es hieß, dass Jane um sechs Uhr an diesem Morgen aufgesessen und Richtung Süden geritten war. »Ungefähr um diese Zeit kommt sie sonst immer rein«, sagte er.
    »Sie wird schon irgendwas zu tun finden, wenn es dunkel wird«, meinte Charley. »Falls es eine Bar in den Hills gibt, ist sie jetzt dorthin unterwegs.«
    Der Barkeeper lächelte. »Gott sei Dank in der entgegengesetzten Richtung.«
    »Sie hatte ein gutes Herz«, meinte Charley. »Bei allem, was mit ihr nicht in Ordnung war, brauchte sie eine Seuche, um es zu offenbaren.«
    »Sie waren nicht oft genug hier«, sagte der Barkeeper. »Dieser Schrei war der Fluch der Badlands. Hat die Zeche geprellt und Reisenden Angst gemacht. Die Frau hat noch nie die Wahrheit gesagt.«
    Charley sah sich im Raum um. »Genau wie die restlichen Kriegshelden hier.«
    »Jane war die Schlimmste«, sagte der Barkeeper. »Kein Mensch hat je so viel gelogen wie sie.«
    Charley zuckte die Achseln. »Sie hat’s nicht böse gemeint«, sagte er. »Sie hat die Kranken gepflegt …«
    »Das hat sie erzählt, ja«, sagte der Barkeeper. »Hier und da und wo sie ging und stand. Je weniger Kranke es gab, desto wundersamer wurden ihre Heilungen.«
    Charley zog seinen Hut tief ins Gesicht, so wie Jane es gern gemacht hatte, und starrte auf sein Glas. Der Barkeeper

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