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Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Titel: Deadwood - Dexter, P: Deadwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
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nickte Charley zu.
    Die Tochter war eigentlich zu alt, um eine Tochter zu sein, aber man hatte ihr einen Rock angezogen und ihre Wangen rosa angemalt. Charley fand, sie hatten das Beste aus dem gemacht, was sie hatten. Er schloss sich erneut dem Applaus an.
    Die Tochter drehte sich zwei Mal im Kreis und zeigte dabei ihre Pluderhosen, legte dann den Handrücken gegen die Stirn und sagte: »Ach.« Sie hatte das Manuskript in der Hand, trug aber frei vor.
    »Scheiße«, sagte jemand hinter ihnen, »ich hasse es, wenn es mit
Ach
anfängt.« Dann verschluckte der Wind die Stimme. Der Wind und der Regen. Das Segeltuch flatterte heftig hoch und runter, wodurch sich die Bretter lockerten, mit denen es festgemacht war.
    Jack Langrishe kam von der anderen Seite der Bühne und las aus einem Buch ab. »Was ist los, mein Täubchen?« fragte er. »Warum siehst du so traurig aus?«
    In diesem Moment wurde das Dach vom Theater geblasen. Ein langes Donnergrollen ertönte, dann gab es einen explosionsartigen Knall und Regen prasselte auf sie herunter, so dick wie Bärenpisse. Hüte, Blätter, Sägemehl und Holzreste, die die Zimmerleute zurückgelassen hatten, wurden durch die Gegend gewirbelt.
    Jack Langrishe hielt auf der Bühne inne und blickte nach oben. Charley hatte den Eindruck, er schaute auf etwas, das viel weiter entfernt war als das Dach. Hüte rollten über den Boden, und einige der Ladys hielten sich schützend ihre Hände vors Gesicht.
    Ein Blitz ließ das Publikum kurz in grünem Licht erstarren. Auf der Bühne kämpfte die Bankierstochter mit ihrem Rock und dem Wind. Regentropfen liefen an Jack Langrishes Wangen herunter, ohne seinen Puder zu verschmieren.
    Bei dem Knall hatten Charley und Bill nach ihren Hüten gegriffen, nun saßen sie da und betrachteten die Szene, während der Wolkenbruch ihre Hutränder zu kleinen Regenrinnen werden ließ. Es herrschte ein ziemlicher Lärm – hauptsächlich wegen des Donners und des flatternden Segeltuchs –, aber niemand schrie und keiner verließ das Theater.
    Dann räusperte sich Jack Langrishe. Als Schauspieler konnte er das so laut, dass er damit sogar das Gewitter übertönte. So gut es ging, drehte sich das Publikum mit dem Rücken zum Wind und blickte nach oben zur Bühne. Ungefähr die Hälfte der Stehlampen brannte noch und verlieh zusammen mit den Blitzen den Bewegungen der Schauspieler etwas Abgehacktes, was Charley sehr theatralisch fand. Jack Langrishe ergriff den Arm der Bankierstochter. »Was ist los, mein Täubchen?«
    Die Tochter starrte ihn an.
    »Was ist los, mein Täubchen?« wiederholte er.
    »Ach, Scheiße auch«, sagte sie.
    Es gab einen Donnerschlag, und als es wieder still war, lachten die Leute. Zehn Minuten später begann es zu hageln.
    Die Aufführung dauerte fast eine Stunde, der Sturm war nach der Hälfte vorbei. Der Wind erstarb, auch der Regen verebbte, und bevor es zu Ende war, konnte man die Sterne am Himmel sehen. So schnell änderte sich alles in den Hills. Am Ende stand Mrs. Langrishe an der Tür und schüttelte jedem, der gekommen war, die Hand. Die Straße hinter ihr hatte sich in ein knöcheltiefes, fließendes Gewässer verwandelt. Ihr Kleid war durchweicht und klebte an ihr wie eine zweite Haut. Ihre Frisur hatte sich gelöst, und schwarze Tränen schienen ihre Wangen hinunterzulaufen. Charley hatte noch nie eine schönere Frau gesehen. Sie dankte erst ihm für sein Kommen und dann Bill, wobei sie Bills Hand in beide Hände nahm.
    »Ich hoffe, wir haben nächstes Mal etwas Amüsanteres für Sie.«
    »Trockener«, antwortete Bill. »Trockener reicht.«
    Mrs. Langrishe hielt sich die Hand vor den Mund und begann zu lachen. »Sie sind ein Witzbold, Mr. Hickok«, sagte sie. Und dann lächelte sie dieses Lächeln, das den Pimmel zum Leben erwecken konnte, aber Bill registrierte es gar nicht. »Vielleicht möchten Sie einmal in einem unserer Stücke auftreten?« schlug sie vor.
    Bill schüttelte den Kopf. »Ich bin drei Monate lang in Buffalo Bill Codys
Wild West Show
aufgetreten, aber das war nichts für mich.«
    »Vielleicht lag es an der Wahl des Stoffes«, sagte sie. Irgendwie hatte Charley den Eindruck, dass sich alles, was Mrs. Langrishe sagte, doppeldeutig anhörte. »Wir könnten Ihnen etwas anbieten, das mehr Ihrem Geschmack entspricht. Vielleicht den großen Dichter …«
    »Nun«, antwortete Bill, »wenn es der große Dichter wäre, hätten Charley und ich vielleicht Interesse.«
    Sie berührte Bills Hand, nur mit den Fingerspitzen

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