Deadwood - Dexter, P: Deadwood
Geldschuld in Höhe von zweihundert Dollar verbannt, und Song war in den Bergen gestorben.
Sie saß auf ihren Fersen und sah zu, wie die letzten Weißen um die Ecke verschwanden und dem Wagen zum Friedhof folgten. Der Kleine war nicht unter ihnen. Sie fragte sich, ob er wohl auch tot war.
Die alte Frau sprach von ihren Töchtern, die ihr nicht gehorchten, und ihrem Sohn, der ein Feigling war. Er war am Tag, nachdem das Sklavenschiff in British Columbia anlegte, geboren worden, und seitdem hatte die alte Frau keinen Augenblick mehr Ruhe und Frieden gehabt.
»Schweig still«, sagte sie. Ci-an stand auf und ging zu ihrer Badewanne. Während sie sich auszog und ins Wasser stieg, wandte die alte Frau ihren Blick ab. Ci-an war die einzige Chinesin in Deadwood mit einer eigenen Badewanne. Wie es bei den Weißen aussah, wusste sie nicht. Nicht einmal Tans Frau hatte eine in ihrem Zimmer. Natürlich schlief Tan nicht bei seiner Frau.
Ci-an dachte an die Frau, die fett und träge war, während sie ihren eigenen Körper im Wasser betrachtete. Ihre Schönheit bereitete ihr jetzt nur noch Freude, indem sie diese Tan vorenthielt. Selbst wenn er sie nahm, verweigerte sie sich ihm. Sie lag bewegungslos auf dem Bett und suchte die Zimmerdecke nach dem Gesicht ihres Bruders ab. Sie lächelte nicht und sie wehrte sich nicht, nicht einmal, als er gedroht hatte, sie an die Weißen zu verkaufen.
Das würde er schon bald tun, und sie war froh darüber. Deren Haut hatte einen fauligen Geruch an sich, und sie besaßen keine Manieren, aber eines Tages würde der Kleine, der Song in den Ofen geschoben hatte, in ihr Zimmer kommen. Wenn er nicht schon tot war.
Sie hielt einen ihrer Füße fest und wusch sich zwischen den Zehen. Ihre Füße waren kleiner als ihre Hände und sie schmerzten, wenn sie ihr Zimmer verließ. Wenn sie in ihrem Zimmer blieb, wie Tan es wünschte, wurden ihre Füße gefühllos, fast wie abgestorben. Das war der Lohn für den Gehorsam. Einmal war sie ans Nordende der Stadt gegangen und einmal zum Friedhof im Süden, und die krummen, fragilen Knochen ihrer Füße hatten so wehgetan, dass sie alles andere vergaß und völlig in dem Schmerz aufging.
Und da begriff sie, dass sie in ihrem Zimmer warten musste, bis die Vergeltung zu ihr kam.
Die alte Frau kniete sich neben die Wanne und begann, ihr den Rücken zu waschen. »Ein ungehorsames Kind zerrt am Herzen einer Mutter wie ein Kind im Grab«, sagte sie.
»Schweig still, alte Frau«, sagte Ci-an. »Du weißt nicht, was du da redest.«
Am Abend kam Tan You-chau zu ihrer Tür, um sie nach unten zu bringen. Sie trug ein Seidengewand und hatte sich das Gesicht mit Reispuder und Rouge geschminkt. Ihre Handflächen waren parfümiert. Die meisten Mädchen von Tan hatten ihre traditionelle Kleidung ausrangiert. Er hatte sie sowieso alle an die weißen Männer verkauft. Lediglich die Sängerinnen – die Kinder der Freude – erschienen mit geweißtem Gesicht, doch sie waren hässlich und schminkten sich nachlässig, eher, um den weißen Mann zu täuschen, als um sich gegen diesen Ort zu schützen. Auch sie hatte Tan an die weißen Männer verkauft.
»Ah«, machte er, als sie die Tür öffnete, »China Doll.« Diesen Namen hatte er ihr gegeben. Er war in beiden Sprachen unter ihre Porträts geschrieben, die draußen hingen. Sie mochte es nicht, so angesprochen zu werden, ganz besonders nicht von ihm, der ihr den Namen gegeben hatte. Ausdruckslos verbeugte sie sich vor ihm.
»Bevor du heute Abend für die Goldgräber singst, möchtest du vielleicht einem Mann beiwohnen«, sagte er.
Sie sah ihn gleichgültig und ohne Angst an. »Soll ich mich aufs Bett legen?« fragte sie. Ihre Gefügigkeit erzürnte ihn. Er stieß sie weg, und sie stürzte. Die rauen Holzdielen zerrissen ihr Gewand. Er zog sie an der Schärpe hoch und warf sie ohne Mühe aufs Bett. Sie lag still da. Er stand am Bettrand, starrte sie an, atmete durch zusammengebissene Zähne.
Sie verzog keine Miene. Nicht, als er ihr Gewand zerriss, nicht, als er in sie eindrang, nicht, als er ihr ins Gesicht schlug. Sie lag still da und suchte unter der Decke nach dem Gesicht ihres Bruders. Am Schluss spuckte er auf ihre Brüste. »Ich werde dich an die Kuhfresser verkaufen«, sagte er.
Ausdruckslos lag sie auf dem Bett und rührte sich auch nicht, um den Speichel von ihrer Brust zu wischen. Er stand auf und knöpfte sich die Hose zu. Er trug die Kleidung des weißen Mannes und sprach Worte ihrer Sprache. Er lachte zu
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