Deathbook (German Edition)
atmete schwer.
Leiste deinen Beitrag, TommyX 5 …
D er Anruf kam zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt, und ich wünschte mir, ich hätte ihn nicht entgegengenommen. Ich konnte mich überhaupt nicht auf das Gespräch konzentrieren, denn in Gedanken war ich ganz woanders. Dabei hätte ich mich unbedingt konzentrieren müssen, es ging schließlich um meine Zukunft.
Es war meine Lektorin vom Verlag, Katharina Naumann. Unser letztes Telefonat lag vier Wochen zurück. Damals hatte ich ihr versprochen, dass ich in spätestens zwei Wochen ein Konzept für das neue Projekt fertig haben würde. Ich war also zwei Wochen überfällig. Katharina setzte mich noch nicht einmal unter Druck. Aber da ich mich nicht gemeldet hatte, blieb ihr nichts anderes übrig, als sich zu erkundigen.
«Wenn das mit Kathi nicht passiert wäre, wäre ich schon viel weiter», log ich, dass sich die Balken bogen. «Aber seit zwei Tagen sitze ich wieder daran. Und es wird gut, glaub mir, richtig gut.»
«Erzähl mir doch mal in Stichpunkten den Plot», bat Katharina.
«Ach, komm, du weißt doch, dass ich so nicht arbeite. Aber die Kernidee ist wirklich klasse. Ist ein ganz neues Konzept. Ich bin mir sicher, es wird dir gefallen.»
«Andreas …»
«Ja?»
«Du würdest es mir doch sagen, wenn du Probleme hast, nicht wahr?»
An dieser Stelle stockte ich kurz, und ich war mir sicher, Katharina registrierte das ganz genau. Wir beide kamen sehr gut miteinander aus, teilten einen ähnlichen Humor und hatten zu Beginn unserer Zusammenarbeit festgelegt, dass wir stets ehrlich miteinander umgehen wollten. Diesen Vorsatz brach ich jetzt.
«Klar würde ich das, aber es gibt keinen Grund zur Sorge. Pass auf, in zwei Tagen schicke ich dir den ersten Entwurf. Das ist dann zwar nicht in Stein gemeißelt, aber besser als gar nichts.»
«Tu das bitte. Du weißt, ich muss bei der Programmkonferenz nächste Woche etwas präsentieren. Lass mich bitte nicht hängen.»
Ich versprach es und verabschiedete mich.
Dann ließ ich das Handy in meinen Schoß sinken und starrte durch die Windschutzscheibe.
Verfluchter Mist! So langsam wurde es wirklich eng für mich. Ich hatte immer noch keine Idee, und statt an meinem Schreibtisch zu sitzen und mir den Kopf zu zermartern, war ich abermals auf dem Weg zu Kathis Schule. Katharinas Anruf hatte mich unterwegs erwischt.
Nach dem Facebook-Gespräch mit M. A. Thaunn hatte ich einfach nicht zu Hause am Schreibtisch sitzen bleiben können. Es nervte mich gewaltig, dass der Typ mich so hinhielt. Und weil ich nicht wusste, was ich sonst tun konnte, hatte ich Astrid Pfeifenberger angerufen. Der Einzige auf meiner Liste der Menschen aus Kathis Schule, mit dem ich noch nicht gesprochen hatte, war dieser Marco, der Junge, für den Kathi angeblich geschwärmt hatte. Das musste ich unbedingt nachholen. Wir waren in der Cafeteria der Schule verabredet, und Frau Pfeifenberger hatte versprochen, mich dem Jungen vorzustellen.
Ich parkte meinen Wagen auf dem Schulparkplatz, lief hinüber und suchte mir den Weg in die Cafeteria. Wegen des Anrufs war ich etwas zu spät. Die Lehrerin saß schon an einem der runden Tische. Sie sah mich sofort und winkte mich zu sich. Es war gerade Pause, die meisten Tische waren besetzt, und es herrschte ein hoher Lärmpegel.
Astrid Pfeifenberger stand auf und reichte mir die Hand. Sie trug ihr braunes Haar heute zu einem Zopf geflochten und sah dadurch viel jünger aus.
«Möchten Sie einen Kaffee?», fragte sie. Sie hatte einen bereits halb geleerten Becher vor sich stehen.
«Danke, sehr nett, aber ich hatte heute schon genug Koffein.» Ich ließ mich ihr gegenüber auf den Stuhl sinken.
«Was ist mit Ihrer Lippe passiert?»
Ich zuckte mit den Schultern. «Kleiner Unfall, nichts von Bedeutung.»
«Aha.» Ihr Blick ging abermals tiefer, als er sollte. Diese Frau hatte eine unheimliche Gabe, in die Menschen hineinzuschauen. «Und wie geht es Ihnen sonst? Von der Lippe mal abgesehen.»
«Es geht. Der Schock über Kathis Tod weicht langsam. Verstehen kann ich ihn trotzdem nicht.»
«Haben Sie denn nichts herausgefunden bis jetzt?»
Schon während der Fahrt hatte ich darüber nachgedacht, was ich der Lehrerin sagen sollte. Ich hielt sie für vertrauenswürdig, sie war mir sogar sympathisch. Aber bisher hatte ich nichts als Mutmaßungen, und ich wollte ihr Vertrauen nicht verspielen, in dem ich damit hausieren ging.
Ich schüttelte den Kopf. «Es gibt ein paar Ungereimtheiten. Kathi
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