Deathbook (German Edition)
zu der ungewöhnlichen Zeit musste meine Frage auf die meisten wie das Gestammel eines Betrunkenen gewirkt haben.
Einer aber hatte sich damit beschäftigt. Max Gottlob.
Weil er sich vor zwei Tagen ein Tattoo hatte stechen lassen, habe ihn der Totenkopf auf eine Idee gebracht, schrieb er. Aus Mast auf Dato hatte er Master of Tattoo gemacht und die Wortkombination bei Google abgefragt. Über 52 Millionen Einträge hatte er gefunden. Er riet mir, mich dort mal umzusehen oder eventuell auf dieser Basis ein wenig mit den Worten zu spielen.
Mit offenem Mund saß ich vor dem Rechner und konnte es nicht fassen. Okay, ich war total übermüdet gewesen und schockiert von dem, was ich in der Kiesgrube gesehen und gerochen hatte, aber darauf hätte ich trotzdem selbst kommen können. Mit den Worten spielen, sie verändern, ihnen dadurch einen Sinn geben.
Ich bedankte mich bei Max Gottlob, wechselte zu Google und gab «Master of Tattoo» ein.
Schon die Anzahl der Treffer war ernüchternd, aber auch deren Inhalt. Es waren fast ausschließlich Einträge in englischer Sprache, und es würde eine Ewigkeit dauern, sich da durchzuforsten. Eine Ewigkeit hatte ich nur leider nicht.
Ich trank Kaffee, zog Blatt und Bleistift heran und begann zu rätseln.
Mast auf Dato.
Master of Tattoo.
Wenn der Schriftzug auf der Flanke des schwarzen Transporters in Englisch gewesen war, war es kein Wunder, dass Ludwig Herrenhäuser ihn falsch abgelesen hatte. Mit Mast hatte er noch halbwegs richtig gelegen, aus of hatte er auf gemacht. Aber warum aus Tattoo Dato? Das T konnte man kaum mit dem D verwechseln.
Hatte es vielleicht ein D in dem Schriftzug gegeben?
Ich kritzelte vor mich hin und kam auf Master of DaTattoo. Klang zwar abwegig, aber ich gab es dennoch bei Google ein.
Und erhielt über hundert Einträge. Es wurde also schon enger. Die meisten stammten natürlich aus dem Tattoobereich. Ich durchforstete sie, spielte noch ein bisschen mit den Begriffen herum, holte mir einen zweiten Kaffee, suchte weiter und fand auf einer Internetseite den Begriff «Dark Tattoo».
Das löste etwas in mir aus.
Auf meinen Schmierzettel schrieb ich unter Mast auf Dato:
Master of Dark Tattoo.
Plötzlich war ich aufgeregt. Dass klang gut, es klang passend. Es klang genau nach dem, was ein Ludwig Herrenhäuser mit seinen schlechten Augen in der Morgendämmerung zu Mast auf Dato umformulieren würde.
Ich gab Master of Dark Tattoo ein. Die Trefferzahl war wieder höher, aber es war auch ein Hauptgewinn dabei.
Es gab eine Internetseite mit der Adresse www.masterofdarktattoo.de
Die klickte ich an.
In der Bildergalerie wimmelte es von Totenköpfen, mystischen Motiven, Zombies und allerlei blutrünstigen Bildern auf menschlicher Haut. Ich fand auch das Bild des Tätowierers. Er hieß Mario Böhm. Ich fand sofort, dass er verdächtig aussah.
Unter dem Reiter «Kontakt» fand ich die Adresse des Studios, dazu eine Verlinkung zu Google Maps.
Mir stockte der Atem, als ich herausfand, dass das Studio nicht weit von dem ehemaligen Kiesabbaugebiet entfernt war, in dem Manuela und ich die verbrannte Leiche gefunden hatten.
A strid Pfeifenberger hatte zusammen mit Franz Altmaier Pausenaufsicht auf dem Schulgelände. Normalerweise gingen die Lehrer dabei getrennte Wege, um das große und unübersichtliche Areal besser kontrollieren zu können. Deshalb wunderte Astrid sich darüber, dass Franz sie begleitete. Er kaute auf einem Salamibrot herum, während er neben ihr herstapfte. Wie beinahe jeden Tag war er gut aufgelegt, und Astrid beneidete ihn ein wenig um die Lockerheit, die er im Umgang mit den Schülerinnen und Schülern zeigte.
«Was macht eigentlich der Schriftsteller?», fragte Franz zwischen zwei Bissen.
«Andreas Winkelmann?»
«Ja, du weißt schon, wegen Kathi.»
«Ich hab seit ein paar Tagen nichts von ihm gehört.»
«Aber er war doch neulich wieder hier in der Schule.»
«Du hast ihn gesehen?»
«Ja, im Vorbeigehen. Was hat er denn gewollt?»
«Er wollte mit einem Schüler sprechen, in den Kathi angeblich verliebt war. Aber dabei ist nichts herausgekommen.»
«Aha … und überhaupt? Was hältst du von ihm? Ich meine, er ist doch ziemlich sicher, dass Kathi keinen Selbstmord begangen hat.»
«Ja, aber ich kann ihn verstehen. Die beiden standen sich nahe. Und ehrlich gesagt, ich glaube auch nicht an einen Suizid.»
Franz warf ihr einen Blick zu. In seinem Mundwinkel hingen Brotkrümel.
«Ich zuerst auch nicht, aber je länger
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