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Deathbook (German Edition)

Deathbook (German Edition)

Titel: Deathbook (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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würdest, wenn dir das Umfeld nicht mehr gefällt.»
    «Also kann man so etwas nicht stoppen?»
    Jan zuckte mit den Schultern. «Nicht auf Dauer. Aber dieses Programm hier, das kann ich stoppen. Es dauert nur eine Weile.»
    Mir fiel etwas ein. Ich spürte, wie mir das Blut in den Kopf schoss.
    «Sag mal, Jan, wenn Thaumann von seinem infizierten Computer mit jemandem gechattet hat, kann ein Dritter das mitverfolgt haben?»
    «Klar.» Er sah mich an. «Dieser Thaumann hat mit dir gechattet?»
    Ich nickte. «Ja, aber via Facebook. Kann da auch jemand mitlesen? Thaumann erwähnte so etwas, deswegen wollte er sich mit mir treffen.»
    Jan lächelte mitleidig. «Um bei Facebook mitzulesen, brauchst du nicht einmal ein Spionageprogramm. Das war doch neulich sogar im Fernsehen, nicht mitbekommen?»
    «Nein. Klär mich auf.»
    «Okay. Ich kann eine App für das App-Zentrum bei Facebook programmieren und es der App erlauben, auf deine Daten zuzugreifen. Sogar deine privaten Nachrichten mitzulesen. Wenn du dir als User diese App aus dem App-Zentrum runterlädst, wirst du bei der Installation nach Genehmigungen gefragt. Die App fragt dich, welche deiner Daten sie nutzen darf. Das kannst du per Mausklick also selbst festlegen. Die meisten User kümmern sich aber nicht darum, erlauben einfach alles, weil es ja schnell gehen muss heutzutage. Und zack, kann ich als Programmierer deine Nachrichten mitlesen. Allerdings gehe ich davon aus, dass unser Freund hier bei der Programmierung auch daran gedacht hat. Der braucht keine Hilfe vom alten Mark Zuckerberg.»
    Ich hatte es ja schon geahnt, aber in diesem Moment hatte ich die Gewissheit. Thaumann war vorsichtig gewesen, aber nicht vorsichtig genug. Er wollte mir ein Geheimnis anvertrauen, das der Täter unbedingt gewahrt wissen wollte. Deshalb musste Thaumann sterben. Und der große Unbekannte war geschickt. Er hatte es auch noch geschafft, den Verdacht auf mich zu lenken. Allerdings konnte er nichts von der Notiz wissen, die ich mit der Bleistiftschraffur sichtbar gemacht hatte.
    Ich war ihm auf der Spur.
     
     
    W as würde entstehen, wenn alle Erfahrungen, die Menschen je gemacht hatten, und alles Wissen, das Menschen je errungen hatten, an einem zentralen Ort zusammenfänden?
    Weisheit? Allwissenheit? Ewigkeit?
    Ann-Christin hatte einen interessanten Artikel darüber gelesen, wie man sich das Leben nach dem Tod vorstellen musste. Die These lautete, dass das menschliche Gehirn viel zu klein sei, um alle Erfahrungen und alles Wissen abzuspeichern. Deshalb gebe es von beidem ständig etwas an eine Aura ab, die alle Menschen umgebe. In dieser Aura, die man auch Jenseits nennen konnte, befinde sich jeder Gedanke, der je gedacht worden war, und jede Antwort, die je ersonnen worden war. Alle Toten hätten auf alles Wissen Zugriff, die Lebenden nur auf das eigene. Sobald man sterbe, eröffne sich eine Welt, in der es keine Fragen mehr gebe, weil das Wissen dort zum eigenen Wesen gehörte.
    Oder besser: weil man selbst dieses Wissen war.
    Wenn dem so war, was war dann das Internet?
    Nichts weiter als ein kollektives Gedächtnis, dass auf ständige Fütterung angewiesen war? Oder entwickelte es aus sich selbst heraus Wissen, weil die Toten darin einen Ort für die Ewigkeit fanden?
    Dazu passte die Internetseite, auf die sie gestoßen war, als sie bei Google eingegeben hatte: «Mit Verstorbenen in Kontakt bleiben».
    Die Seite hieß Stay Alive und sollte wohl eine digitale Gedenkstätte sein. Dort warb man mit so merkwürdigen Sätzen wie: Bleiben Sie mit Verstorbenen in Verbindung. Setzen Sie sich Ihr eigenes Denkmal. Die Betreiber boten ein «Eternity Package» für 499  Euro an. Auch die Ewigkeit hatte schließlich ihren Preis.
    Wenn also das Jenseits nichts weiter war als ein körperloser Zustand des allumfassenden Wissens, schufen sich die Menschen mit dem Internet dann gerade ein neues Jenseits? Eines, auf das man nicht bis zum Tod warten musste?
    War es das, was Gott gemeint hatte mit dem ewigen Leben?
    Ann-Christin war aufgekratzt und verwirrt. Außerdem brummte ihr der Schädel. Deshalb nahm sie das Geräusch zuerst gar nicht wahr. Erst als es sich wiederholte, wurde sie aufmerksam.
    Was war das?
    Sie blieb mit dem Laptop auf den Oberschenkeln auf dem Bett sitzen und lauschte.
    Irgendwas hatte geklappert. Vorn an der Haustür.
    Traute Gustav sich doch wieder zurück? Ann-Christin würde ihm auf gar keinen Fall die Tür öffnen. Reglos verharrte sie, hörte ihr eigenes Herz schlagen

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