Deathbook (German Edition)
schüttelte den Kopf. Er lag auf dem Bett, hatte eine Hand in den Nacken geschoben und bediente mit der anderen sein Smartphone.
«Tun wir doch gar nicht. Außerdem hat er meistens die besten Ideen.»
«Mag sein, aber diese Idee ist beschissen.»
Ohne sie anzusehen und während sein Daumen wie ein nervöses Insekt über das Display huschte, sagte Tobias:
«Ich weiß gar nicht, warum du dich so anstellst. Gerade hast du dich noch darüber beschwert, dass deine Kohle nie reicht. Dann musst du aber auch zugreifen, wenn sich eine Chance bietet.»
Julia saß im Schneidersitz am Fußende des Bettes. Ihr Handy lag unbeachtet vor ihr auf der karierten Decke. Sie besaß noch kein neues Smartphone und konnte nicht dauernd online sein. Ihre Eltern hatte kein Geld für so etwas. Sie hatte zwar einen Nebenjob, Babysitten, doch der brachte viel zu wenig ein. Damit würde sie nie die dreihundert Euro für ein Smartphone zusammenbekommen. Sie müsste dafür auf neue Klamotten verzichten, und das wollte sie nicht.
«Ich mache für Geld eben nicht alles», erwiderte sie schnippisch.
Ihr Freund ließ sein Smartphone auf seine Brust sinken, sah sie an und zuckte mit den Schultern.
«Es geht doch nur um ein paar Videos.»
Julia verstand nicht, wie Tobias so dumm sein konnte. Sie war zunehmend genervt von ihm und hasste es, wie er Troublemaker geradezu verehrte. Der Typ spielte sie doch gegeneinander aus. Aber darüber konnte sie mit Tobias nicht reden, bei dem Thema ging er sofort an die Decke. Freundschaft war für ihn etwas Heiliges, und Trouble und Speedi waren eben seine besten Freunde.
«Begreifst du denn wirklich nicht, dass es um viel mehr geht als nur um ein paar Videos? Wenn dieser geheimnisvolle Anima Moribunda wirklich Menschen tötet, was sollte ihn zum Beispiel davon abhalten, einen von uns zu töten? Hast du darüber schon mal nachgedacht?»
Wieder dieses gleichgültige Schulterzucken. Es machte Julia rasend.
«Du weißt doch gar nicht, in welcher Ecke der Welt er sitzt. Der Typ muss nicht mal in Deutschland sein. Ich mach mir da keine Sorgen.»
Tobias nahm sein Handy auf, warf einen Blick drauf und legte es wieder ab.
«Alles klar, Troubles Cousin ist dabei. Der macht den Computerscheiß.»
Er sah sie an. Mit diesem spitzbübischen Lächeln, das sie so an ihm mochte.
«Letzte Chance. Willst du nicht doch noch einsteigen?»
Julia schüttelte den Kopf. «Nee, auf keinen Fall. Und ich finde, du solltest auch die Finger davon lassen.»
«Ich lass doch meine Kumpels nicht hängen.»
«Alter, begreifst du es nicht? Trouble nutzt euch doch nur aus.»
«Jetzt mach aber mal halblang …»
«Nee, das geht mir gegen den Strich. Seine überhebliche Art kotzt mich echt an.»
Tobias richtete sich auf. «Was soll das denn jetzt? Haste deine Tage, oder was?»
Julia schnappte nach Luft. «Du …»
Ihr lag so vieles auf der Zunge, aber sie schluckte es herunter. Sie sprang vom Bett auf.
«Mir reicht’s, ich hau ab.»
«Was? Warum das denn? Ich dachte, wir vögeln.»
«Ich glaub es nicht … du bist echt ein blöder Wichser.»
Julia zog Hose und Schuhe an, schnappte sich ihr Handy und riss die Zimmertür auf. «Ruf mich bloß nicht an!»
Sie schlug die Tür zu und verschwand aus der Wohnung, ehe Tobias’ Eltern sie fragen konnten, was denn los sei. Seine Mam und sein Dad waren echt okay, und es würde ihr später leidtun, wenn sie in ihrer Wut jetzt etwas Falsches sagte.
Statt den Fahrstuhl zu nehmen, rannte sie aus der neunten Etage das Treppenhaus hinunter. Die Plastiksohlen ihrer Sneakers klatschten auf den gefliesten Boden, und das Geräusch hallte laut wieder. Julia stoppte nicht und warf keinen Blick zurück. Sie wusste, Tobias würde ihr nicht folgen, um sie zurückzuholen. Sie hatten sich schon öfter gestritten, und nie war er ihr nachgelaufen. Einmal mehr fragte sie sich, warum sie überhaupt noch mit ihm zusammen war. Er sah gut aus, brachte sie zum Lachen, war auch nicht so dumm, wie er manchmal rüberkam, aber er hatte eindeutig die falschen Freunde.
Als Julia das Erdgeschoss erreichte, hatte sie einen Entschluss gefasst: So konnte es nicht weitergehen. Sie würde Tobias in den nächsten Tagen die Pistole auf die Brust setzen. Entweder er stieg aus der Sache aus, oder sie würde Schluss machen. Troublemaker oder sie, auf diese Entscheidung lief es am Ende hinaus.
Sie stieß die schwere Metalltür des Wohnblocks auf und trat in die Nacht hinaus. Auf dem Bürgersteig blieb sie erst einmal
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