Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Deathbook (German Edition)

Deathbook (German Edition)

Titel: Deathbook (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
Vom Netzwerk:
nicht so vehement auf sich aufmerksam gemacht.»
    «Ich … ich verstehe das nicht. Was haben Sie mit alldem zu tun? Und was soll dieses Versteckspiel? Warum müssen Sie mich entführen?»
    «Machen Sie mal halblang, Schriftsteller. Ich habe Sie nicht entführt, ich habe Sie gerettet. Sie haben sich wie ein Trottel verhalten und wären ohne mich jetzt tot. Er war nämlich auch dort, wissen Sie.»
    «Im Containerhafen? Wer war dort?»
    Meine Augen hatten sich an die Dunkelheit gewöhnt, und ich konnte die helle, von grauem Haar umgebene Maske auf dem Rücksitz besser erkennen. Der Kopf zuckte dauernd von rechts nach links, so als schaue die Latex-Oma sich über ihre Schultern um.
    «Der Tod, Sie Dummkopf. So wie Sie und ich zwischen der realen Welt und der Online-Welt wechseln, tut er es auch. Online sucht er sich seine Opfer, aber er tötet sie real.»
    «Warum können Sie mir nicht Ihr Gesicht zeigen?»
    «Nichts da. Ich darf niemandem trauen. Er ist seit Monaten hinter mit her, und ich habe nur überlebt, weil ich unsichtbar geworden bin. Ich riskiere hier schon viel zu viel. Wenn ich ihm entkommen will, muss die Welt Bescheid wissen. Und obwohl Sie dumm sind, glaube ich doch, dass Sie der Richtige sind, um es ihr mitzuteilen. Weil die Dummen angstfrei sind.»
    «Sie haben also Angst? Vor wem?»
    Die Latex-Oma schwieg einen Moment. Die Maske war starr auf mich gerichtet. Plötzlich fuhr ein Fahrzeug von der Autobahn auf den Rastplatz. Licht flutete das Innere meines Wagens. Für den Bruchteil einer Sekunde erkannte ich Augen in den großen Maskenlöchern.
    «Runter!», zischte die zänkische Stimme.
    Gleichzeitig duckten die Latex-Oma und ich uns unter die Fensterlinie. Der Wagen fuhr vorbei, ohne anzuhalten. Wir warteten eine Minute ab, dann richteten wir uns wieder auf.
    «Vor wem haben Sie solche Angst?», wiederholte ich.
    Wieder zuckte ihr Kopf hin und her.
    «Haben Sie wirklich noch nicht begriffen, was hier vor sich geht, Herr Schriftsteller? Der Tod ist uns allen auf den Fersen. Mir, Ihnen und allen anderen, die sich online auf die Suche nach ihm machen. Gehen Sie ins World Wide Web, schauen Sie sich um. Der Tod ist allgegenwärtig. Er hat sich die Technik zunutze gemacht. Und da er ein körperloses Wesen ist, kann er dort sein und hier, beides zugleich. Er macht sich einen Spaß daraus, seine Opfer nach einem bestimmten Ritual auszuwählen.»
    «Was für ein Ritual?»
    «Sie kennen es doch, oder? Hat der Tod Ihnen nicht auch seine Karte geschickt?»
    «Die Visitenkarte mit der Maske?»
    Die Latex-Oma nickte. «Mit der Maske und dem QR -Code. Und wenn Sie den eingescannt haben, haben Sie Ihr Todesurteil unterschrieben. Haben Sie ihn gescannt? Haben Sie ein Todesvideo angeschaut?»
    Auch wenn die Person auf dem Rücksitz meines Wagens mit Sicherheit irre war, begann ich doch zu begreifen, worauf sie hinauswollte. In all dem Gefasel steckten Fakten.
    Ich nickte. «Ja, gestern.»
    «Tja, Pech gehabt, Herr Schriftsteller. Damit sind Sie tot. Früher oder später erwischt er Sie. Durch den QR -Code weiß er alles über Sie.»
    «Sie haben den Code auch gescannt, nehme ich an. Und Sie leben noch.»
    Die Latex-Oma rutschte ein Stück auf mich zu.
    «Nein, ich lebe nicht mehr. Ich vegetiere dahin wie ein Schatten. Schauen Sie mich doch an. Was halten Sie von mir? Sie halten mich für total irre. Und wer weiß, vielleicht bin ich das längst. Aber es ist die einzige Möglichkeit. Ich muss heute hier, morgen dort sein, muss heute diese Maske, morgen eine andere tragen. Ich darf keinen eigenen Computer haben und kein Handy. Jeden Tag sitze ich in einem anderen Internetcafé und bleibe nie länger als eine Stunde online. Ich meide jede Kamera, und es gibt viele, mehr als Sie sich vorstellen können. Sie und alle anderen denken, das Internet kann man ausschalten, aber das stimmt nicht. Es ist längst überall und jederzeit. Es ist eine Parallelwelt, die sich wie eine durchsichtige Matrix über die reale Welt gelegt hat. Trennung unmöglich. Gott hat den Garten Eden erschaffen, dann ist er gestorben. Seitdem basteln die Menschen an einem Gegenentwurf: der Hölle. Sie ist fast fertig. Das Internet ist die Hölle, und der Tod fühlt sich wohl darin.»
    Sie hatte schnell gesprochen und war jetzt außer Atem. Ich spürte, wie mich die Furcht in ihren Worten ansteckte. Sie fühlte sich an wie klammes, feuchtes Wetter. Dagegen gab es keinen Schutz, sie drang durch Kleidung und Haut bis in die Knochen.
    «Viermal bin ich dem

Weitere Kostenlose Bücher