Deathkiss - Suess schmeckt die Rache
über ihre Wange.
»Und du?«
»Ich dachte, ich schlafe am besten hier bei dir. Auf dem Sofa.«
»Du glaubst wieder mal, ich bräuchte einen Babysitter?«
Er grinste, seine Zähne blitzten weiß in der Dunkelheit. »Ich glaube eher, ich brauche einen.«
Trotz allem hätte Shannon beinahe gelacht, und es tat gut. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass du je einen Babysitter gebraucht hast, Cowboy«, versetzte sie. Zu ihrer Überraschung zog er sie in seine Arme, drückte sie fest an sich und legte das Kinn auf ihren Scheitel.
»Ach, Liebes«, flüsterte er. »Wenn du wüsstest.«
Sie hörte seinen Herzschlag, wollte sich behutsam von ihm lösen, doch er hielt sie nur noch fester. Es war, als hätte er einen stummen inneren Kampf ausgefochten und schließlich widerwillig nachgegeben.
»Ach, zum Teufel«, knurrte er und küsste sie auf den Mund. Die zärtliche Berührung wurde stürmischer, er schob die Finger in ihr Haar und drückte sie an sich, so fest, dass sie kaum atmen konnte. Hungrige Lippen verschmolzen mit ihren.
Shannon erwiderte den Kuss begierig, spürte seinen festen, sehnigen, sehr männlichen Körper. Sie dachte nicht daran, wohin das führen könnte, nur daran, dass sie jetzt, in diesem Augenblick, begehrt, berührt, geküsst werden wollte.
Um alles andere zu vergessen.
Ihre Finger krallten sich in sein Hemd, in ihrem Kopf drehte sich alles. Pure, hemmungslose Phantasie wurde Wirklichkeit, bis hinter der Tür ein scharfes, forderndes Bellen ertönte.
Shannon stöhnte auf, unterbrach den Kuss. »Khan«, sagte sie.
Travis lachte leise. »Ich musste noch nie hinter einem Hund zurückstehen«, sagte er, und Lachfältchen in seinen Augenwinkeln verrieten seine Belustigung.
»Daran wirst du dich gewöhnen müssen, wenn du mich öfter sehen willst.«
Er ließ die Hände sinken. Sie drehte sich um, schüttelte den Kopf über die absurde Situation und öffnete die Tür. Khan stürmte ihr entgegen, wand sich um ihre Beine herum und bellte begeistert.
»Ja, du bist ein ganz Toller«, sagte Shannon. »Wir wissen es doch.«
Der Hund forderte auch von Travis Zuwendung ein, und erst nachdem er ausgiebig gekrault, gestreichelt und gelobt worden war, rannte er von der Veranda, um sich ein Gebüsch oder einen Zaunpfahl zu suchen, an dem er sich erleichtern konnte.
»Ist er nicht großartig?«, neckte Shannon Travis.
»Unübertroffen.«
Also hatte der Cowboy sogar Sinn für Humor. Selbst angesichts einer so furchtbaren Situation. Das war gut. Shannon glaubte fest daran, dass schwarzer Humor besser war als gar keiner.
Im Haus winselte der Welpe. »Die Pflicht ruft«, sagte sie, ging hinein, schaltete das Licht an und verdrängte das Grauen der Nacht in den hintersten Winkel ihres Bewusstseins. Für solche Gedanken war später noch Zeit.
»Hi, Marilyn, wie geht’s dir?«, fragte sie, griff in das Ställchen und hob den flauschigen, kleinen Welpen heraus. Er leckte ihr begeistert das Gesicht. »Ja, ja, du hast mir auch gefehlt. Sooo sehr.« Während der nächsten Viertelstunde beschäftigte Shannon sich mit der kleinen Hündin, fütterte sie, drückte sie an sich, sprach mit ihr und ging mit ihr Gassi.
Travis hatte inzwischen Shannons Hausbar entdeckt und schenkte ihnen beiden einen harten Drink ein.
Der Welpe war hellwach und hätte offenbar noch stundenlang herumtoben mögen.
»Ich weiß, du bist jetzt völlig überdreht, nicht wahr?«, sagte Shannon und küsste Marilyns weiches Köpfchen. »Aber nein.« Sie spielte noch ein paar Minuten lang mit den beiden Hunden. Als sie ruhiger wurden, richtete sie sich auf und nahm dankbar den Drink entgegen, ein niedriges Glas mit bernsteinfarbener Flüssigkeit auf Eiswürfeln.
»Scotch«, sagte Travis, und sie stießen an. »Auf … bessere Tage.«
»Und Nächte.«
»Und darauf, dass wir unsere Tochter finden.«
Endlich hatte er es offen ausgesprochen: Sie beide waren gemeinsam die Eltern des verschwundenen Mädchens.
»Ja. Darauf, dass wir Dani finden.« Shannon spürte einen Kloß im Hals; sie nickte und kämpfte plötzlich mit den Tränen. Über den Rand ihres Glases hinweg sah sie Travis an und nippte vorsichtig an ihrem Whisky.
Trotz des Eises rann der Scotch heiß durch ihre Kehle, wärmte ihr Blut, linderte die Anspannung, die seit Tagen nicht von ihr gewichen war. Eigentlich hätte sie sich in Travis’ Gegenwart unbehaglich fühlen müssen, doch das war nicht der Fall. Als sie ihr Glas geleert und in der Spüle abgestellt hatte, schien es das
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