Deathkiss - Suess schmeckt die Rache
gemeißelt. Seine Nase sah aus, als sei sie wenigstens einmal gebrochen gewesen. »Es eilt«, schrie sie, so laut sie konnte. »Entweder Sie helfen mir, oder Sie lassen mich verdammt noch mal in Ruhe.«
»Was soll ich tun?«
Sie überlegte nicht lange. »Nebenan ist der Hundezwinger.« Sie wies auf das langgestreckte, niedrige Bauwerk zwischen Stall und Garage. »Lassen Sie die Hunde raus, okay? Ob sie weglaufen, ist mir gleich, lassen Sie sie einfach raus!«
Er machte sich bereits auf den Weg.
»Neben der Tür hängt ein Feuerlöscher. Wenn die Hunde befreit sind, setzen Sie den Feuerlöscher ein, wo es nur geht, und dann drehen Sie den Gartenschlauch auf. Er ist an der Westseite des Hauses angebracht!«
»Verstanden!«
Sie trat in den Stall, in dem ein Höllenlärm herrschte.
Pferde stiegen, wieherten schrill vor Angst. Rauchgeruch lag in der Luft, sie hörte das Feuer draußen tosen und sah durchs Fenster die Flammen immer höher schlagen. Die Stallungen waren in blutroten, flackernden Feuerschein getaucht.
Den Feuerlöscher noch in der Hand, betätigte sie den Lichtschalter. Nichts geschah. »Verdammt!« Sie schlug noch einmal auf den Schalter, aber vergebens. Schwitzend lief sie die Stallgasse entlang.
Die Pferde schäumten vor Angst, keilten mit aufgerissenen, rollenden Augen in ihren Boxen aus.
»Ruhig«, versuchte sie die Tiere zu beschwichtigen. »Es ist gut.«
Wo zum Teufel blieb die Feuerwehr?
Sie drückte den Lichtschalter am anderen Ende des Stalles.
Wiederum vergebens.
»Mist.«
Sie musste sich wohl oder übel im Dunkeln zurechtfinden, denn jetzt war keine Zeit, eine Taschenlampe zu suchen. Zum Glück kannte sie das Gebäude wie ihre Westentasche.
Schnell! Schnell!
Shannon tastete sich an der Wand entlang, entriegelte das breite Tor zur Koppel und stemmte sich dagegen. Die Torflügel schwangen auf, schlugen gegen die Außenmauer.
Roter Lichtschein vom Feuer fiel in den Stall, und eine schwarze Rauchwolke drang herein. Rasch befestigte Shannon die Torflügel mit Keilen. Diese Seite des Stalls war vom Feuer abgewandt, die Koppel weitläufig, und am anderen Ende gab es ein Tor, durch das sie die Tiere notfalls evakuieren konnte.
Sie kehrte um und lief zu den Boxen.
Bam!
Shannon fuhr zusammen.
Die vordere Stalltür, durch die sie gerade hereingekommen war, schlug zu.
»Hey!«, rief sie, erhielt jedoch keine Antwort. Entweder hatte der Wind die Tür zugeschlagen, oder der Fremde, wer immer er sein mochte, hatte sie geschlossen.
Aber warum?
Großer Gott, darum konnte sie sich jetzt nicht kümmern. Sie musste die verdammten Pferde in Sicherheit bringen.
Den Feuerlöscher unter einen Arm geklemmt, tastete sie sich durch die Stallgasse zurück und öffnete die erste Box auf der rechten Seite, in der Nates schwarzer Wallach stand. Dabei sagte sie sanft: »Komm, mein Junge.« Die Aufforderung war überflüssig – das große Pferd schoss bereits mit Schaum vor dem Maul wie der Blitz aus der Box. Die Hufe klapperten laut auf dem Betonboden, der schwarze Schweif wehte.
Eines gerettet, jetzt noch sieben!
Schweiß lief ihr über Gesicht und Arme. Sie öffnete die gegenüberliegende Box, und eine reizbare kleine Schecke keilte aus. In ihrer Angst glitt sie auf dem Beton ab und schürfte sich die Flanke auf, als sie aus der Box stürmte, doch dann galoppierte auch sie ins Freie hinaus.
So weit, so gut.
Der Rauch wurde immer dichter, und Shannon musste husten, doch die Pferde würden entkommen. Während sie sich der nächsten Box zuwandte, hörte sie die Hunde bellen und hoffte inständig, dass der Fremde, der so plötzlich aufgetaucht war, sie ebenfalls befreien konnte.
Sie öffnete die Box auf der linken Seite, und eine Schimmelstute mit grauen Nüstern und Fesseln flüchtete ins Freie. Zwei weitere folgten gleich darauf.
Von Adrenalin getrieben, öffnete Shannon eine Box nach der anderen, um Gedränge zu vermeiden und nicht selbst unter die Hufe zu geraten. Zwei Füchse, dann noch ein Rappe und ein Grauschimmel rannten auf die Koppel hinaus. Das Klappern ihrer Hufe übertönte das Prasseln und Tosen des Feuers.
Nur noch ein einziges Tier!
Dichte Rauchwolken waberten im Stall, so dass Shannon kaum noch etwas sehen konnte, als sie hustend die letzte Box erreichte. Sie riss die Tür auf, doch statt herauszustürmen, drängte sich die verschreckte Stute zitternd in eine Ecke. Ihr falbes Fell war schweißnass und von Schaum bedeckt.
»Komm schon, Mädchen«, redete Shannon ihr zu,
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