Deathkiss - Suess schmeckt die Rache
Streicheleinheiten. Nur der Wasserhahn in der Küche tropfte, und der Kühlschrank summte. Shannon machte Licht und blieb im Flur stehen. Alles war so, wie sie es zurückgelassen hatte, und erschien ihr doch verändert, beinahe unwirklich. Als sei sie nicht nur wenige Tage, sondern Jahre fort gewesen.
Sie ging in die Küche, drehte den Hahn fest zu und bemerkte, dass die Bananen und Äpfel im Korb auf dem Tisch verfaulten. Das Ladegerät ihres Handys befand sich an seinem Platz, und ihre Handtasche stand augenscheinlich unberührt auf dem Küchentresen.
Shea fragte durch die offene Haustür: »Alles in Ordnung?«
»Ja. Nur dass Khan nicht da ist.«
»Entweder hat Santana ihn zu sich genommen, oder er ist bei den anderen Hunden«, vermutete Shea.
»Wahrscheinlich.« Doch das ungute Gefühl blieb. Alles sah aus wie immer, aber die Atmosphäre des Häuschens hatte an Wärme und Behaglichkeit eingebüßt. Shannon rieb sich die Arme, als ob sie fröstelte, dabei war es noch immer brütend heiß.
»Ich suche ihn und sehe nach den Tieren. Du machst dich frisch.« Er sah wieder auf die Uhr. »Kommst du allein die Treppe hoch?«
Sie zwang sich zu einem Lächeln. »Ich denke schon. Halte ich dich etwa auf? Hast du eine heiße Verabredung oder so?«
»Was?« Shea schrak auf, dann grinste er. »Nein … Nichts. Nur eine Angewohnheit.«
Shannon glaubte ihm nicht recht, sagte jedoch nichts dazu.
»Ich lasse die Tür offen. Ruf mich, wenn du mich brauchst«, ermahnte er sie, dann machte er auf dem Absatz kehrt und eilte im Laufschritt zu den Stallungen. Er wirkte nervös. Überreizt. Aber das galt wohl für sie alle.
Unter Schmerzen schleppte sie sich Stufe für Stufe die Treppe hinauf. In ihrem Zimmer mit dem ungemachten Bett angekommen, wusch sie sich ein wenig, legte farblosen Lippenstift und etwas Wimperntusche auf und zog mit einigen Schwierigkeiten Jeans und ein Stricktop an. Das Bücken bereitete ihr große Schmerzen, deshalb schlüpfte sie einfach in ein Paar Flip-Flops. Dann mühte sie sich vergebens ab, ihr Haar zu bändigen. Es lockte sich wild, und am Hinterkopf war eine kahle Stelle, wo ihr Kopf rasiert und die Kopfhaut mit einer Reihe sauberer Stiche genäht worden war. Behutsam schob sie ein paar Strähnen über die empfindliche Stelle, band die widerspenstigen Locken zu einem Pferdeschwanz zusammen und betrachtete sich prüfend im Spiegel.
Sie sah ein wenig besser aus, aber einen Schönheitswettbewerb würde sie nicht gewinnen.
Egal, für ein Gespräch mit Travis Settler musste es reichen.
Auf dem Weg nach unten hörte sie von der Zufahrt her ein Motorengeräusch. Scheinwerferlicht durchdrang die Dunkelheit, als sie ins Freie trat. Sie erwartete Nate Santana, vielleicht mit Khan auf dem Beifahrersitz, doch stattdessen sah sie den neuen Sportwagen ihres Bruders Robert, einen BMW, dessen silberne Lackierung im Lampenlicht beinahe flüssig wirkte. Er hatte das Auto an dem Wochenende gekauft, als er aus dem Haus ausgezogen war, in dem er mit Mary Beth und ihren beiden Kindern gewohnt hatte. Shannons Meinung nach war der schnittige Wagen nur ein weiteres Symptom seines Leidens, das unter dem Namen Midlife-Crisis bekannt war.
Robert war nicht allein: Aaron saß auf dem Beifahrersitz. Als die beiden ausstiegen, kam Shea aus dem Hundezwinger und eilte auf seine Brüder zu.
»Was soll das denn werden?«, fragte Shannon und kniff misstrauisch die Augen zusammen. »Ein Hinterhalt?« Mit einem Blick in die finsteren Gesichter fügte sie hinzu: »Von den Brüdern Grimm?«
»Sehr witzig«, knurrte Robert.
»Und wo steckt Oliver?«, erkundigte sich Shannon.
»Bei Mom … Oder in der Kirche«, antwortete Robert. »Du weißt doch, im Weinberg des Herrn ruht die Arbeit nie.«
»Raus mit der Sprache«, forderte sie und sah Shea vorwurfsvoll an. »Wenn ihr euch verbündet habt, um mir mein Treffen mit Settler auszureden, dann vergesst es. Das wird euch nicht gelingen.«
»Wir wollen nur, dass du über alle wichtigen Tatsachen Bescheid weißt«, sagte Aaron.
»Wo wir gerade von Tatsachen reden – was hast du eigentlich zu der Tatsache zu sagen, dass du dich nicht an unsere Abmachung gehalten, sondern den beiden erzählt hast, was ich dir anvertraut hatte?« Sie deutete auf Robert und Shea.
»Nach diesem Vorfall fand ich, sie müssten es erfahren.«
Shannon ließ sich nicht so leicht besänftigen. »Also, was wollt ihr?«
»Gehen wir doch erst mal rein und setzen uns«, schlug Shea vor. Jetzt wurde Shannon
Weitere Kostenlose Bücher