Deathkiss - Suess schmeckt die Rache
zugleich als Nachttisch diente, und entnahm ihm ein Bier, das er vorhin gekauft hatte, zusammen mit einer völlig überteuerten Pizza, die abscheulich geschmeckt hatte.
Den Tag über hatte er weitere Nachforschungen angestellt, war bei der Zeitungsredaktion und in der Bibliothek gewesen, und die ganze Zeit war ihm die Polizei in diesem schmutzigen silbernen Taurus gefolgt. Kein Wunder, er war schließlich zu dem Zeitpunkt, als das Feuer ausbrach, auf dem Grundstück gewesen. Dass er den Notruf alarmiert hatte, konnte Tarnung sein. Seine Kleidung wies Blutflecken auf, Shannons Blut, und sie kannte ihn nicht. Hinzu kam noch all das belastende Material, das sie in seinem Pick-up gefunden hatten.
Er drehte den Verschluss von der Bierflasche und schnippte ihn quer durchs Zimmer in den Abfalleimer unter dem verschrammten Schreibtisch.
Die Polizei hatte ihn fast eine Stunde lang vernommen und ihn dann gehen lassen, aber seitdem wurde er beschattet.
Er konnte ihnen nicht verübeln, dass sie ihn im Visier hatten. Lästig war es dennoch.
Während er einen tiefen Zug aus der Flasche trank, kreisten seine Gedanken erneut um die Frage, wer es wohl auf Shannon Flannery abgesehen hatte.
Er hatte diese Frau immer als Feindin betrachtet, hatte befürchtet, sie könnte irgendwann nach der Tochter suchen, die sie vor dreizehn Jahren weggegeben hatte, und sein Leben ins Chaos stürzen. Er war nicht einmal sicher, ob die private Adoption rechtmäßig war. Jahrelang hatte Travis befürchtet, Shannon könnte es sich anders überlegen, könnte versuchen, ihre Tochter zurückzufordern, Dani könnte ihm genommen werden.
Nach Ellas Tod wuchs seine Besorgnis sich beinahe zum Verfolgungswahn aus, aber jetzt … Nachdem er erlebt hatte, wie Shannon Flannery sich dafür einsetzte, ihre Tiere zu retten, und dann selbst brutal zusammengeschlagen wurde, war er ihr gegenüber milder gestimmt.
Vielleicht war sie gar nicht der Feind.
Wer war es dann?
Wer hatte sein Kind in seiner Gewalt?
Er trank sein Bier aus und stellte die Flasche auf dem Nachttisch ab. Wenn er doch nur Dani wieder bei sich hätte, mehr wollte er gar nicht.
Die Kehle wurde ihm eng; in seiner Wange zuckte ein Muskel. Er klappte sein Handy auf und tippte die Kurzwahl für Shane Carters Nummer ein. Natürlich würde Carter ihn von sich aus anrufen, wenn es Neuigkeiten in Bezug auf Dani gab, aber Travis hatte dennoch das Bedürfnis, nachzufragen.
Es klingelte einmal.
Zweimal.
»Carter«, meldete sich der Sheriff.
»Travis hier. Wollte nur wissen, ob es was Neues gibt.« Es gelang ihm nicht, den verzweifelten Unterton in seiner Stimme zu unterdrücken.
»Bisher noch nicht«, erwiderte Carter und räusperte sich.
»Keine Lösegeldforderung?«
»Nein.«
»Keine neuen Anhaltspunkte, keine Spuren?« Wenn es doch wenigstens ein Fünkchen Hoffnung gäbe.
Carter zögerte kurz, ehe er antwortete: »Nicht direkt, aber wir überprüfen da gerade etwas.«
»Was?«, fragte Travis, und sein Herz schlug vor Angst heftiger. O Gott, bitte gib, dass sie nicht die Leiche eines Mädchens gefunden haben, dessen Identität gerade im Labor festgestellt wird. Er schloss ganz fest die Augen und umklammerte das Handy, als hinge sein Leben davon ab.
»Earl Miller, der drüben in Janssens Eisenwarenladen arbeitet, meint sich zu erinnern, dass er an dem Tag von Danis Verschwinden einen weißen Lieferwagen mit Kennzeichen aus Arizona gesehen hat. Er glaubt, es war ein Ford, ist sich allerdings nicht sicher. Den Fahrer hat er nicht gesehen. Und eine weitere Person, Madge Rickert, hat einen ähnlichen Wagen morgens gegen halb neun in einer Seitenstraße in der Nähe der Schule stehen gesehen, als sie mit ihrem Hund spazieren ging. Sie erinnert sich daran, weil sie ihren Chihuahua daran hindern musste, das Bein an einem der Hinterreifen zu heben.«
»Etwa um die Zeit ist Dani zur Schule gegangen.«
»Womöglich hat der Entführer sie beobachtet.«
»Herrgott.« Travis konnte kaum atmen, seine Brust war wie zugeschnürt. Die Polizei ging inzwischen also auch von einer Entführung aus.
»Hör zu, Travis, bisher ist völlig ungewiss, ob diese Spur zu etwas führt, aber im Augenblick ist sie unser einziger Ansatzpunkt. Wir hören uns bei Blanche Johnsons Nachbarn um, ob dort jemand einen solchen Lieferwagen gesehen hat.«
Travis nickte. Sie glaubten beide nicht, dass Danis Verschwinden und der Mord an Blanche Johnson zufällig zeitlich zusammenfielen. »Halte mich auf dem
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