Deborah Crombie - 03 Und Ruhe in Frieden 04 Kein Grund zur Trauer
stehen. »Können wir nicht wieder ein Team sein?«
Was Gemma durch den Kopf schoß, war so wirr wie ihre Gefühle. Wie sollte sie ihm erklären, weshalb sie so zornig gewesen war, wenn sie es selbst nicht wußte? Er hatte vollkommen recht - sie würden diesen Fall in den Sand setzen, wenn sie so weitermachten wie bisher, und das konnten sie sich beide nicht leisten. Sie, die sich soviel auf ihre professionelle Einstellung zugute hielt, hatte sich wie eine Idiotin benommen, aber die Worte einer Entschuldigung blieben ihr im Hals stecken. Mit Mühe brachte sie ein ersticktes »In Ordnung, Chef«, hervor, doch sie hielt den Blick fest auf den Boden geheftet.
»Gut«, sagte er. Und als die Ampel umschaltete, und sie auf die Fahrbahn hinaustraten, murmelte er so leise, daß sie nicht sicher war, recht gehört zu haben: »Das ist immerhin ein Anfang.«
Als sie wenige Minuten später in den Eigin Crescent einbogen, suchte sie nach einem unverfänglichen Gesprächsthema. »Es ist ein richtiges Yuppie-Viertel geworden, seit ich hier weg bin.« Jedes Reihenhaus in der halbmondförmig gekrümmten Straße war in einer anderen Farbe gestrichen, Fenster und Türen einhellig weiß abgesetzt, jedes hatte seine eigene Satellitenschüssel und ein Schild, das auf eine Alarmanlage hinwies.
Kincaid warf einen Blick auf einen Zettel, und bald hatten sie das Haus gefunden, in dem die Penmarics den oberen Stock bewohnt hatten. »Und das hier ist eines der Opfer der Yuppie-fizierung«, sagte Kincaid, während er den pfirsichfarbenen Anstrich und die glänzend weiße Tür betrachtete. »Lucy hat mir erzählt, daß die Tür früher gelb war.« Er schien enttäuscht.
»Im Grunde ist diese Sanierung wahrscheinlich gut«, meinte Gemma, während sie mit der Schuhspitze ein Stück Holz herumschob, das wohl beim Transport eines Gerüstes vom Container in den Nachbargarten auf die Straße gefallen war. »Sie hebt das Niveau des Viertels, aber der Charakter, den das alte hatte, ist verlorengegangen. Damals war es hier gemütlich und ein kleines bißchen schäbig, man hatte das Gefühl, man könnte beim Nachhausekommen die Schuhe ausziehen, sich in einen Sessel fläzen und die Pommes gleich aus dem Papier essen.
Jetzt sieht’s hier eher nach intimen kleinen Abendessen mit einem guten Wein und Delikatessen von Fortnum aus. Nicht das geeignete Ambiente für Geister.«
»Nein, keine Geister«, stimmte Kincaid zu, als sie sich abwandten und umkehrten. »Wir müssen mehr in die Ferne schweifen.«
Gemma hatte nicht erwartet, daß sie so bald schon wieder mit David Ogilvie Zusammentreffen würde; diesmal jedoch zog sie ihr Notizheft mit einem Gefühl der Erleichterung heraus und überließ die Gesprächsführung Kincaid.
»Erinnern Sie sich an den Fall Stephen Penmaric?« fragte Kincaid, nachdem sie die Formalitäten hinter sich gebracht hatten.
Ogilvie zog verwundert die dunklen Augenbrauen zusammen. »Sie meinen Claire Gilberts ersten Mann? Natürlich erinnere ich mich an die Geschichte. Aber ich habe seit Jahren nicht mehr daran gedacht.« Sein Lächeln wirkte wie ein Zähnefletschen. »Warum interessieren Sie sich dafür? Glauben Sie, Claire hatte eine alte Flamme mit einer Neigung ihre Ehemänner zu beseitigen?«
Kincaid lachte ein wenig. »Die Theorie ist auch nicht schlechter als das, was wir bisher haben.« Er lehnte sich ein wenig zurück, umfaßte sein hochgezogenes Knie mit beiden Händen und betrachtete Ogilvie mit einem Blick, den Gemma im stillen als seinen Kommen-wir-zur-Sache-Blick bezeichnete. »Ich habe natürlich die Akten gelesen«, sagte er. »Absolut ergebnislos. Sie waren damals der ermittelnde Beamte, und wir wissen beide«, sein Lächeln unterstellte eine selbstverständliche Einigkeit, »daß der Beamte, der die Ermittlungen leitet, keine Eindrücke in einem Bericht aufnehmen darf, aber genau die möchte ich jetzt wissen. Was haben Sie in Ihrem Bericht nicht geschrieben? Was für einen Eindruck hatten Sie von Claire? Wurde Stephen Penmaric ermordet?«
David Ogilvie lehnte sich in seinem Sessel zurück und antwortete mit Bedacht. »Ich denke heute noch das gleiche, was ich damals dachte. Stephen Penmarics Tod war ein tragischer Unfall. Der Bericht ist unergiebig, weil die ganze Untersuchung ergebnislos verlaufen ist. Sie wissen so gut wie ich«, fügte er mit unverhohlenem Sarkasmus hinzu, »wie gering die Chancen sind, bei Fahrerflucht den Täter zu finden, wenn es keine
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