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Deborah Crombie - 03 Und Ruhe in Frieden 04 Kein Grund zur Trauer

Titel: Deborah Crombie - 03 Und Ruhe in Frieden 04 Kein Grund zur Trauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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reizlos zu betrachten. Nicht daß ihre Züge sich verändert hatten; vielmehr waren die normalen Maßstäbe der Beurteilung körperlicher Schönheit plötzlich belanglos. Er fühlte sich ein wenig beschwipst, obwohl er den Wein kaum angerührt hatte. »Sind Sie eine Hexe, Miss Wade?« fragte er, sich selbst überraschend. Dann lächelte er und versuchte einen Scherz daraus zu machen.
      Sie erwiderte das Lächeln mit der für sie typischen ironischen Belustigung. »Nein, aber ich habe ernsthaft überlegt, eine zu werden. Ich kenne mehrere, und ich integriere gewisse Teile ihrer Rituale in meine Behandlungen.«
      »Zum Beispiel?«
      »Segnungen, Schutzformeln und dergleichen. Alles ganz harmlos, das kann ich Ihnen versichern.«
      »Die Leute versichern mir ständig alles mögliche, Miss Wade, und es fängt allmählich an, mir auf die Nerven zu gehen, wenn ich ehrlich sein soll.« Er stellte sein Glas auf den Tisch und beugte sich vor. »Hier im Dorf besteht eine Verschwörung des Schweigens. Eine Schutzverschwörung sogar. Sie alle kennen doch bestimmt Geoffs Geschichte und müssen die Möglichkeit erwogen haben, daß er die Diebstähle in ihren Häusern begangen hat. Und doch hat keiner ein Wort gesagt. Ja, sie waren nur ungern bereit, überhaupt über die Diebstähle zu sprechen. Gab es noch andere Diebstähle, die nicht angezeigt wurden, nachdem man sich miteinander besprochen hatte?«
      Er lehnte sich zurück und ergriff wieder sein Glas. Ruhiger sagte er: »Jemand hat Alastair Gilbert ermordet. Wenn der Mord nicht aufgeklärt wird, dann wird die Ungewißheit sich wie ein Krebs im Dorf ausbreiten. Jeder wird sich fragen, ob der Freund oder der Nachbar seine Loyalität wirklich verdient; jeder wird sich fragen, ob der Freund oder der Nachbar vielleicht ihn selbst verdächtigt. Die Schlange ist in den Garten eingedrungen, Miss Wade, und man wird sie nicht los, indem man sie ignoriert. Helfen Sie mir.«
      Die Musik klimperte in der Stille, die seinen Worten folgte. Zum erstenmal sah Madeleine ihn nicht an, sondern starrte in ihr Glas, das sie langsam in ihrer Hand drehte. Schließlich aber sah sie doch auf und sagte: »Sie haben wahrscheinlich recht. Aber keiner von uns wollte die Verantwortung auf sich nehmen, einem Unschuldigen Schaden zuzufügen.«
      »So einfach liegen die Dinge nie, und das wissen Sie auch.«
      Sie nickte zustimmend. »Ich bin mir immer noch nicht sicher, was Sie von mir erwarten.«
      »Erzählen Sie mir etwas über Geoff Genovase. Claire Gilbert beschrieb ihn als kindlich. Ist er einfältig, ein bißchen langsam?«
      »Ganz im Gegenteil, würde ich sagen. Hochintelligent, aber er hat durchaus etwas Kindliches an sich.«
      »Wie äußert sich das? Beschreiben Sie es mir.«
      Madeleine trank von ihrem Wein und überlegte einen Moment. »Im positiven Sinn würde ich sagen, daß er eine stark entwickelte Phantasie besitzt und immer noch über die Fähigkeit verfügt, sich an den kleinen Dingen des Lebens zu freuen. Im negativen würde ich denken, daß er es nicht immer schafft, sich dem Leben auf der emotionalen Ebene eines Erwachsenen zu stellen ... daß er sich lieber in sein Phantasieleben zurückzieht, um sich Unannehmlichkeiten vom Leibe zu halten. Aber das hat ja jeder von uns zu irgendeiner Zeit schon einmal bei sich selbst erlebt.«
      Besonders in letzter Zeit, dachte Kincaid und fragte sich dann, ob sie den Anflug von Verlegenheit bei ihm erspüren konnte. »Madeleine«, sagte er, absichtlich das förmliche »Miss Wade« fallen lassend, »können Sie bei einem Menschen das Potential zu Gewalt sehen?«
      »Das weiß ich nicht. Mir ist nie ein klares >Vorher-nachher<-Beispiel geboten worden. Ich kann chronische Wut spüren, wie ich Ihnen gestern sagte, aber ich kann nicht erahnen, wann oder ob sie zum Ausbruch kommen wird.«
      »Und ist Geoff wütend?« fragte er.
      Sie schüttelte den Kopf. »Geoff hat Angst. Immer. Hier zu sein, scheint ihn zu erleichtern - manchmal kommt er einfach und sitzt eine Stunde oder länger hier, ohne ein Wort zu sprechen.«
      »Aber Sie wissen nicht, warum?«
      »Nein. Ich weiß nur, daß ich ihn nie anders gekannt habe. Geoff und sein Vater kamen einige Jahre vor mir ins Dorf. Brian gab seine Stellung als reisender Vertreter auf und kaufte das Moon.« Sie setzte sich anders, und die Katze erhob sich beleidigt und sprang vom Sofa zu Boden. »Also«, sagte Madeleine abrupt, »wenn ich es Ihnen nicht erzähle,

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