Deborah Crombie - 03 Und Ruhe in Frieden 04 Kein Grund zur Trauer
wenig anders setzte. »Nie reagierte sie so, wie er es erwartete oder wünschte, und damit hatte er keine Erfahrung. Deshalb benahm er sich manchmal - unangemessen.«
Im vorderen Teil des Hauses fiel eine Tür zu, und sie neigte lauschend den Kopf. Sich halb von ihrem Stuhl erhebend, sagte sie: »Sie sind zurück. Ich will ihnen gleich -«
»Eine Frage noch, bitte, Mrs. Plumley«, unterbrach Kincaid. »Haben Sie Connor Swann am Donnerstag gesehen?«
Sie ließ sich wieder nieder, jedoch nur auf die Stuhlkante, wie auf dem Sprung. »Natürlich habe ich ihn gesehen. Ich habe ja das Mittagessen gemacht - nur kalte Salate und Käse -, und wir haben alle zusammen im Speisezimmer gegessen.«
»Alle außer Julia?«
»Ja, aber sie arbeitet mittags oft durch. Ich habe ihr selbst einen Teller hinaufgebracht.«
»War Connor Swann wie immer?« fragte Kincaid wie beiläufig, doch Gemma wußte, daß er voll stiller Konzentration auf die Antwort wartete.
Vivian entspannte sich, während sie überlegte, lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und zeichnete geistesabwesend das Blumenmuster auf ihrer Kaffeetasse nach. »Con hat immer viel gescherzt und gelacht, aber vielleicht war es ein wenig aufgesetzt. Ich weiß nicht.« Mit einem Stirnrunzeln sah sie Kincaid an. »Es ist gut möglich, daß ich das erst jetzt, im nachhinein so sehe. Ich traue meinem eigenen Urteil nicht recht.«
Kincaid nickte. »Ich danke Ihnen für Ihre Offenheit. Erwähnte er beim Mittagessen etwas über seine Pläne für den Rest des Tages? Es ist wichtig für uns festzustellen, was er an diesem Tag getan hat.«
»Ich erinnere mich, daß er auf seine Uhr sah und etwas von einer Verabredung sagte, aber er nannte keinen Namen. Das war gegen Ende des Essens. Als wir alle fertig waren, bin ich in die Küche gegangen, um abzuspülen, und danach in mein Zimmer, um mich ein wenig hinzulegen. Am besten fragen Sie Caro oder Gerald, ob er ihnen Näheres gesagt hat.«
»Danke, das werde ich tun«, antwortete Kincaid so höflich, daß Gemma sicher war, es würde Vivian Plumley überhaupt nicht auffallen, daß sie ihn soeben darüber belehrt hatte, wie er Seine Arbeit tun solle. »Es ist natürlich eine reine Förmlichkeit, aber ich muß Sie bitten, uns zu sagen, wie Sie den Donnerstagabend verbracht haben«, fügte er beinahe entschuldigend hinzu.
»Sie wollen ein Alibi von mir?« fragte Vivian in einem Ton, der mehr Überraschung als Gekränktheit verriet.
»Wir wissen noch nicht, wann genau Connor Swann gestorben ist. Es geht vor allem darum, Fakten zu sammeln - je mehr wir über das Tun der Personen wissen, die mit Connor in Verbindung standen, desto leichter wird es, die Lücken zu sehen. Die Löcher in der Logik.«
»Natürlich.« Besänftigt lächelte sie. »Das ist ganz einfach. Caro und ich haben im Wohnzimmer zusammen zu Abend gegessen. Ziemlich früh, wie häufig, wenn Gerald nicht da ist.«
»Und danach?«
»Danach haben wir noch eine Weile am Feuer gesessen, gelesen, ferngesehen, ein wenig miteinander geredet. Gegen zehn habe ich uns beiden eine Tasse Kakao gemacht, und als wir ausgetrunken hatten, bin ich zu Bett gegangen.« Mit einem Anflug von Ironie fügte sie hinzu: »Ich weiß noch, daß ich dachte, es sei ein besonders friedlicher und angenehmer Abend gewesen.«
»Das war alles?« Kincaid richtete sich auf und schob seine leere Tasse weg.
»Ja«, antwortete Vivian, doch dann hielt sie abrupt inne und starrte einen Moment ins Leere. »Ich erinnere mich tatsächlich an etwas, aber es ist ziemlich lächerlich.« Als Kincaid auffordernd nickte, fuhr sie fort. »Kurz nachdem ich eingeschlafen war, glaubte ich, die Türglocke zu hören, aber als ich mich aufsetzte und lauschte, war es völlig still im Haus. Ich muß es geträumt haben. Gerald und Julia haben natürlich beide ihre eigenen Schlüssel, es bestand daher kein Anlaß, auf sie zu warten.«
»Haben Sie die beiden nach Hause kommen hören?«
»Ich glaubte, gegen Mitternacht Gerald zu hören, aber ich war nicht richtig wach, und als ich das nächste Mal aufwachte, begann es draußen schon hell zu werden, und die Krähen machten in den Buchen vor meinem Fenster einen Höllenlärm.«
»Könnte es nicht auch Julia gewesen sein?« fragte Kincaid.
Sie überlegte einen Moment mit gekrauster Stirn. »Ja, möglich wäre es, aber wenn es nicht gerade schrecklich spät ist, schaut Julia im allgemeinen noch einmal
Weitere Kostenlose Bücher