Deborah Crombie - 03 Und Ruhe in Frieden 04 Kein Grund zur Trauer
zu. »Wie geht es denn Ihrer Schwiegermutter?« wandte sie sich an Claire.
»Ich komme auch gleich, Schatz«, sagte Claire zu ihrer Tochter, ehe sie sich wieder Gemma zuwandte. »Den Umständen entsprechend, könnte man sagen. Der Schock scheint sie ein wenig verwirrt zu haben. Manchmal vergißt sie, was passiert ist, aber wenn es ihr wieder einfällt, macht sie sich Gedanken wegen der Beerdigung.« Claire blickte in die Bäume am Hang hinter dem Garten. Als die Küchentür hinter Lucy zugefallen war, sagte sie: »Da wir keine Ahnung haben, wann der Leichnam freigegeben wird, meint Becca, wir sollten eine kleine Gedenkfeier abhalten, ohne der Presse Stoff zu liefern.« Mit der Spur eines Lächelns fügte sie hinzu: »Alastair wäre sicher enttäuscht, daß man so gar kein Aufhebens von ihm macht.«
Sie trank ihre Limonade aus und sah auf ihre Uhr. »Tja, ich sollte mich auch noch umziehen, ehe ich nach Dorking fahre, um Gwen abzuholen.«
»Nur noch ein Wort«, sagte Gemma, »wenn Sie noch einen Moment bleiben können.«
Claire ließ sich wieder auf ihren Stuhl sinken und sah Gemma aufmerksam an.
»Es handelt sich um Ihr Bankkonto, Mrs. Gilbert. Das Konto, das Sie in Dorking eröffnet haben. Warum haben Sie alle Korrespondenz an Ihren Arbeitsplatz schicken lassen?«
»Das Bankkonto?« sagte Claire verständnislos. »Aber wie ...« Sie zwinkerte verwirrt und sah weg. »Ich war ein sehr behütetes Einzelkind«, sagte sie, den Blick immer noch abgewendet. »Ich habe Stephen geheiratet, als ich neunzehn war. Abgesehen von der kurzen Zeit nach Stephens Tod habe ich niemals allein gelebt.« Erst jetzt sah sie Gemma wieder an. Ihre Augen brannten. »Wissen Sie, wie es ist, wenn man etwas ganz für sich allein haben möchte? Kennen Sie dieses Gefühl? Das war mein einziger Wunsch - ich wollte etwas haben, an das niemand sonst heran konnte. Ich brauchte niemanden um Erlaubnis zu fragen, ob ich dieses Geld ausgeben darf, ich brauchte mich nicht zu rechtfertigen. Es war wunderbar und es war mein Geheimnis.« Sie sah auf ihre Hände hinunter und holte tief Atem. »Woher wissen Sie von dem Konto? Malcolm hat es Ihnen gewiß nicht gesagt.«
»Nein«, antwortete Gemma, »er hat nichts gesagt. Wir haben die Kontonummer auf einem Zettel in einer Tasche Ihres Mannes gefunden.«
Gemma saß an einem Tisch im Garten vor dem Pub und beobachtete das Treiben rundherum. Brian brauste in einem kleinen weißen Lieferwagen vorüber; Claire und Lucy fuhren in ihrem Volvo los; Geoff blieb einen Moment bei ihr stehen, um ein paar Worte zu wechseln, ehe er zur Pfarrerin ging, um ihr bei der Gartenarbeit zu helfen.
Nach einer Weile schloß sie die Augen und versuchte, an gar nichts zu denken, nicht an Jackie, nicht an Alastair Gilbert, nicht an - einfach an gar nichts. Die Sonne lag warm auf ihrer Haut, und erst als ein Schatten kühl auf ihr Gesicht fiel, öffnete sie hastig die Augen.
»Gut geträumt?« fragte Kincaid.
»Woher sind Sie denn - ich habe Sie gar nicht kommen sehen.«
»Offensichtlich nicht.« Er zog eine Braue hoch und setzte sich auf die Bank ihr gegenüber.
Leicht verärgert über seinen neckenden Ton, begann Gemma ohne weitere Umschweife von ihrer Fahrt nach Dorking zu berichten und danach, etwas zögerlicher, von ihrem Besuch bei Claire Gilbert.
Kincaids einziger Kommentar bestand darin, daß er die Augenbraue noch ein wenig höher zog. Dann erzählte er ihr in ausdruckslosem Ton von seinem Gespräch mit Gabriella Wilson.
Als er zum Ende gekommen war, starrte sie ihn einen Moment ungläubig an, dann sagte sie entschieden: »Das kann nicht Ihr Ernst sein.«
»Doch, leider.«
»Aber wie konnte er dieser Frau etwas antun? Sie wirkt so - zerbrechlich.« Gemma meinte das Geräusch splitternder Knochen zu hören und sah wieder Claires Hals unter dem auseinanderfallenden Haar, so zart wie ein Lilienstengel.
Kincaid sah auf seine Hände hinunter, die auf dem rauhen Holztisch ruhten. »Ich kann es natürlich nicht mit Sicherheit sagen, aber ich habe das Gefühl, daß vielleicht gerade ihre Zerbrechlichkeit den Mann reizte.«
Die Vorstellung entsetzte Gemma und sie kreuzte wie zum Schutz ihre Arme über ihrer Brust. »Sie haben keine Beweise.«
»Das hat Nick auch gesagt.« Er zuckte die Achseln. »Ich habe mich schon früher geirrt. Aber ich muß sie danach fragen. Ich glaube im übrigen auch nicht, daß sie Ihnen die ganze Wahrheit über
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