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Deborah Crombie - 03 Und Ruhe in Frieden 04 Kein Grund zur Trauer

Titel: Deborah Crombie - 03 Und Ruhe in Frieden 04 Kein Grund zur Trauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Man lernt, daß der Zauber vergänglich ist.«
      Die Worte enthielten eine so tiefe Trauer, daß Gemma bis ins Innerste berührt war. Die Fotografien auf dem Flügel übten einen beinahe unwiderstehlichen Sog auf sie aus, doch sie hielt ihren Blick fest auf Carolines Gesicht gerichtet. Sie brauchte die Fotografien nicht anzusehen - das Bild des strahlenden Matthew Asherton hatte sich in ihr Gedächtnis eingebrannt. Sie holte tief Atem und sagte mit einer Kühnheit, die ihrer eigenen Furcht entsprang: »Wie schaffen Sie es weiterzumachen?«
      »Man schützt das, was man hat«, sagte Caroline leise und heftig. Dann lachte sie und brach den Bann. »Tommy war damals noch nicht ganz so elegant, obwohl man das heute nicht mehr glauben möchte. Er hatte seine Herkunft schon abgeschüttelt wie eine Schlange, die sich häutet, aber der Prozeß war noch nicht ganz abgeschlossen. Es waren noch ein paar ungeschliffene Kanten da.«
      »Das kann ich mir gar nicht vorstellen«, sagte Gemma, und sie lachten beide.
      »Tommy war immer ein höchst amüsanter Mensch, auch als es ihm noch ein bißchen an Kultur fehlte. Wir hatten herrliche Zeiten zusammen ... Wir hatten so große Pläne. Gerald und Tommy und ich - wir wollten die ganze Oper verändern.« Caroline lächelte.
      Wie hast du es ertragen, das alles aufzugeben? dachte Gemma. Laut sagte sie: »Ich habe Sie singen hören. Ich habe mir eine Kassette gekauft. La Traviata. Einfach wunderbar.«
      Caroline verschränkte ihre Arme locker unter ihrer Brust und streckte ihre kleinen Füße dem Feuer entgegen. »Ja, nicht wahr? Ich habe Verdi mit Leidenschaft gesungen. Seine Heldinnen haben eine spirituelle Qualität, die man bei Puccini nicht findet, und sie geben einem mehr Interpretationsfreiheit. Puccini muß man genauso singen, wie es niedergeschrieben ist, sonst wird es vulgär - bei Verdi muß man das Herz der Heldin finden.«
      »Genau das hab ich empfunden, als ich Ihre Violetta gehört habe«, erklärte Gemma eifrig. Caroline hatte ihr eine Definition ihrer eigenen vagen Eindrücke gegeben.
      »Kennen Sie die Geschichte der Traviata?« Als Gemma den Kopf schüttelte, fuhr Caroline fort: »Etwa um 1840 herum lebte in Paris eine junge Kurtisane namens Marie Duplessis. Sie starb am zweiten Februar 1846, neunzehn Tage nach ihrem zweiundzwanzigsten Geburtstag. Unter ihren zahlreichen Liebhabern in ihrem letzten Lebensjahr waren Franz Liszt und Alexandre Dumas der Jüngere. Dumas schrieb ein Stück, das auf Maries Leben basierte, La Dame aux Camelias oder die Kamelien -«
      »Und Verdi nahm es als Grundlage für seine Traviata.«
      »Ach, Sie haben gespickt«, sagte Caroline mit gespielter Enttäuschung.
      »Ich hab nur die Anmerkungen gelesen. Und ich wußte nicht, daß Violetta ein lebendes Vorbild hatte.«
      »Marie Duplessis ist auf dem Friedhof am Montmartre begraben, gleich unterhalb von Sacré Coeur. Man kann ihr Grab besuchen.«
      Gemma wagte nicht zu fragen, ob Caroline selbst eine solche Pilgerfahrt unternommen hatte - sie fürchtete, damit dem verbotenen Terrain von Matthews Tod zu nahe zu kommen.
      Draußen läutete es, und Gemma fiel ein, daß Caroline noch eine Schülerin erwartete.
      »Entschuldigen Sie, Dame Caroline. Ich habe Sie zu lange aufgehalten.« Sie schob den Riemen ihrer Tasche über ihre Schulter und stand auf. »Ich danke Ihnen, daß Sie sich so viel Zeit genommen haben.«
      Auch Caroline stand auf. Sie bot Gemma die Hand. »Auf Wiedersehen, Sergeant.«
      Als Gemma sich der Tür näherte, wurde sie von Plummy geöffnet, die sagte: »Cecily ist hier, Caro.«
      Im Vestibül sah Gemma im Vorübergehen flüchtig ein junges Mädchen mit dunkler Haut und dunklen Augen, dann brachte Plummy sie hinaus in den dämmrigen Abend. Die Tür schloß sich, und Gemma blieb einen Moment wie benommen in der kühlen feuchten Luft stehen. Sie schüttelte den Kopf, um wieder zur Besinnung zu kommen, aber das machte die langsam heraufziehende Erkenntnis auch nicht angenehmer.
      Sie war verführt worden.
     
    »Hier ist eine Nachricht für Sie, Mr. Kincaid«, rief Tony aus der Bar, als Kincaid das Chequers betrat. »Und Ihr Zimmer ist fertig.« Tony schien hier das Mädchen für alles zu sein und behielt dabei immer seine gute Laune. Jetzt zog er einen Zettel unter dem Tresen hervor und reichte ihn Kincaid.
      »Jack Makepeace hat angerufen?«
      »Ja, Sie haben ihn nur um ein paar Minuten verpaßt. Sie können nebenan

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