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Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen

Titel: Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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erwiesen. Seltsamerweise war es immer besonders schlimm, wenn der Körper so unversehrt war wie dieser.
      »Was ist mit Fremdflüssigkeiten?« hörte sie Kincaid fragen, während sie auf ihre Notizen starrte.
      »Die Abstriche haben nichts ergeben, und ich habe - oberflächlich betrachtet - nichts entdecken können. Das gilt auch für Spuren von Geschlechtsverkehr.«
      »Keine Hinweise also, daß es sich um ein Sexualverbrechen handeln könnte?«
      »Es sei denn, es war ein Verrückter, der nur was brauchte, um hinterher seine Phantasie zu beflügeln«, antwortete Kate abwiegelnd. »Aber selbst so einer läßt meistens was zurück.«
      Als Kate mit Annabelles Rückseite fertig war, und Gerald die Tote erneut umgedreht hatte, sagte sie: »Falls ihr nichts wißt, wonach ich im besonderen suchen soll, fange ich jetzt mit den inneren Organen an.«
      Kincaid schüttelte den Kopf und fing Gemmas Blick auf. Er wußte, daß sie um Beherrschung rang, wollte sie jedoch nicht mit einer Bemerkung in Verlegenheit bringen. Seiner Miene war anzusehen, daß ihn das, was kommen mußte, ebenfalls nicht begeisterte.
      Kate wählte ein Skalpell aus dem Sortiment auf dem Instrumententablett und sagte ins Mikro: »Also gut. Fangen wir mit einem Y-Schnitt an.«
      Gemma konzentrierte sich darauf, ruhig durch die Nase zu atmen und Kates Kommentare in ihr Notizbuch einzutragen. Weiblich und gesund. Vermutlich Gelegenheitsraucherin. Keine Anzeichen einer Schwangerschaft oder früherer Schwangerschaften.
      Nachdem sie die inneren Organe entfernt und gewogen hatte, sagte Kate: »Wir schicken den Mageninhalt ins Labor ... Das Ergebnis dürfte nicht lange auf sich warten lassen. Sehen wir uns jetzt mal den Hals an.«
      Gemma sah gerade lange genug auf, um festzustellen, daß das Skalpell an Annabelles weiße Kehle angesetzt wurde. Dann zwang sie den Blick zurück auf ihre Notizen.
      »Seht euch das an.« Kate klang, als habe sie in einem Silvesterknallbonbon was Hübsches gefunden. »Da sind Blutergüsse auf dem Gewebe, die auf der Haut nicht zu sehen waren. Seltsam, aber es kommt vor. Und der Kehlkopf ist intakt.«
      »Was heißt das? Ist sie nicht erwürgt worden?« fragte Kincaid stirnrunzelnd.
      »So kann man das nicht sagen. Es ist nur nicht offensichtlich. Und es besteht immer die Möglichkeit, daß durch eine Vagusreizung ein Herzstillstand eingetreten ist. Aber sehen wir uns erst die Kopfverletzung an.«
      Gemma holte tief Luft und hielt den Blick stur auf Annabelle Hammonds Zehen gerichtet.
     
    Trotz Einnahme eines Beruhigungsmittels hatte Reg Mortimer schlecht geschlafen. Er hatte von Annabelle geträumt, unzusammenhängende Sequenzen, in denen sie ihn entweder fortgeschickt oder wütend wegen etwas attackiert hatte, an das er sich nicht erinnern konnte. Im letzten Traum waren sie wieder Kinder gewesen, und er hatte hilflos zugesehen, wie sie in eine steile Schlucht stürzte ... und plötzlich war er derjenige gewesen, der sich im freien Fall befand, bis er mit trockenem Mund und Herzklopfen aufgewacht war.
      Er zwang sich, ein Bad zu nehmen und sich anzuziehen, eine Schüssel Cornflakes zu essen und eine Tasse Tee zu trinken, wobei das merkwürdige Gefühl anhielt, daß nichts wirklich war und er jeden Moment aufwachen und feststellen würde, daß alles - sogar das Ankleiden - nur ein Traum gewesen war.
      Gegen halb neun Uhr hatte er es in seiner Wohnung nicht mehr ausgehalten, und nicht einmal die geliebte Aussicht auf die Themse von seinem Wohnzimmerfenster aus hatte ihn ablenken können. Er hatte die verspielte Illusion geliebt, die das Haus wie das architektonische Mimikry eines großen Passagierdampfers erscheinen ließ. Jetzt plötzlich plagte ihn die Vorstellung, das Gebäude habe Schlagseite, könne kentern und alles mit sich in die Tiefe reißen.
      Reg blinzelte gegen das Schwindelgefühl an, und nahm seine Schlüssel vom leeren Tisch. Der Lift trug ihn in die Halle hinunter und in einen herrlichen Morgen hinaus. Er wandte sich unwillkürlich Richtung Süden und ging auf dem Uferpfad und am gleißenden Band der Themse entlang in die West Ferry Road und von dort um die Ecke in die Ferry Street.
      Der Anblick des blauweißen Absperrungsbandes, das vor der Tür zu Annabelles Wohnung flatterte, ließ ihn abrupt stehenbleiben. Ein Polizist in Uniform stand neben einem Lieferwagen und sprach mit einem Mann im weißen Overall. Reg beobachtete die beiden einen Moment und zwang sich

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