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Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen

Titel: Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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regnen aufgehört, und die blauen Risse in der Wolkendecke ließen auf einen schönen Sonnenuntergang hoffen. »Und Toby ist also Ihr Sohn?« fragte Vic.
      »Er ist drei. Und er liebt Autos auch schon. Muß ihnen in den Genen liegen.«
      »Ich weiß. Wenn ich daran denke, daß ich an die Theorie geglaubt habe, man müsse Kinder nur ohne die üblichen geschlechtsspezifischen Stereotype großziehen, um ...« Sie legte die Hand leicht auf Gemmas Arm. »Ich bin froh, daß Sie mitgekommen sind.«
      Der Motor des Midget heulte auf. Kit sprang vom Fahrersitz und rannte auf sie zu. »Er ist wirklich geil, Mum. Können wir auch so einen kaufen? Unser Auto ist schrecklich langweilig.«
      Vic lachte. »Ich mag’s langweilig.«
      Kincaid war Kit gefolgt und schüttelte jetzt seine Hand. »Wenn du sechzehn bist, verkauf ich ihn dir.« Er gab Vic einen flüchtigen Kuß auf die Wange und nahm Gemmas Arm. »Wiedersehen! Und vielen Dank für den Tee.«
      Es war etwas an Vics Körperhaltung, dachte Gemma, schon im Auto, das beredter war als jedes Wort - der Ausdruck einer sich selbst genügenden Entschlossenheit. Sie mochte die Wortkombination, wiederholte sie stumm und spürte, wie sich tief in ihr etwas lange Verborgenes regte.
      Als sie die Autobahn erreichten, war die Wolkendecke noch weiter aufgerissen und gab den Blick auf einen strahlenden Sonnenuntergang frei. Für Kincaid hatten Sonnenuntergänge etwas sehr Weibliches, und dieser erschien ihm besonders üppig mit seinen rosagoldenen Wolkentürmen und Formen, die entfernt an einen Rubens-Akt erinnerten. Er lächelte unwillkürlich bei der Vorstellung und warf einen flüchtigen Blick auf Gemma. Würde sie ihn als Sexisten beschimpfen, wenn er ihr seine Gedanken verriet?
      Sie saß schweigend neben ihm, betrachtete den Himmel und beklagte sich nicht einmal über seinen Wagen. Er wollte sie fragen, woran sie dachte, aber in diesem Moment spritzte ein überholender Lastwagen öligbraune Flüssigkeit gegen die Windschutzscheibe des Midget. Kincaid hatte alle Hände voll zu tun, die Turbulenzen hinter dem Laster auszugleichen, während ihm die Sicht genommen war. Als die Windschutzscheibe wieder sauber war, legte er ein Klavierkonzert in den Kassettenrecorder und konzentrierte sich aufs Fahren.
      In Gemmas Wohnung brannten sämtliche Lichter, und auf dem Tisch stand eine Vase mit Osterglocken. Neben einem Topf mit Bohnen und einem Laib selbstgebackenen Brots lag eine Notiz von Hazel. »Guten Appetit!« stand auf dem Zettel. »Bohnen >Gourmet< auf Toast.«
      »Deine gute Fee war hier«, sagte Kincaid und tauchte einen Finger in die noch warmen Bohnen, um zu kosten. »Schade, daß sie schon vergeben ist.«
      »Du hättest sowieso keine Chance bei ihr«, entgegnete Gemma gelassen. »Du kannst froh sein, daß gelegentlich was Eßbares für dich abfällt.«
      Nachdem Toby gegessen hatte, ins Bett verfrachtet worden war und sie den letzten Toast und Tee verspeist hatten, rollte Kincaid die Hemdsärmel auf. »Ich übernehme den Abwasch«, erbot er sich. »Vorausgesetzt, ich kriege ein Glas Wein. Ich könnte in dem Tee ersaufen, den ich heute getrunken habe.«
      »Rot oder weiß?« erkundigte sich Gemma und reckte sich nach den Gläsern im obersten Regalfach.
      Kincaid betrachtete bewundernd die Linie ihres Körpers und die aufreizenden Formen, die sich unter ihrer Wolljacke abzeichneten. Er stellte sich hinter sie und legte die Hände auf ihre Hüften. »Mmmm, rot, glaube ich.«
      Gemma entwand sich seinem Griff mit einem abwesenden Lächeln. Sie goß zwei Gläser Burgunder ein und räumte den halbmondförmigen Tisch ab. Kincaid hatte inzwischen das Spülwasser eingelassen und gab Spülmittel hinein.
      »Setz dich hin!« befahl er ihr, während er abzuwaschen begann. »Für zwei ist hier kein Platz - das heißt, Platz wäre schon, aber das würde mich zu sehr ablenken.« Als diese charmante Anmache ohne Erwiderung blieb, sah er sich um. Gemma saß auf einem der Klappstühle am Tisch, die Beine weit von sich gestreckt, den Blick starr in das Weinglas gerichtet. Kincaid wollte etwas sagen, überlegte es sich dann anders und stellte den letzten Teller ins Abtropfregal, bevor er seine Hände abtrocknete.
      »Gemma, was ist los?« Er setzte sich auf den Stuhl ihr gegenüber und sah sie an. »Du hast kaum ein Wort gesagt, seit wir Cambridge verlassen haben.«
      »Oh!« Sie schaute auf, als hätte sie ihn völlig vergessen. »Tut mir leid.

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