Debütantinnen - Roman
er würde ihn nie verkaufen. Er hatte ihn den ganzen Weg von London mitgeschleppt, wo er ihn einem anderen Händler, der seinen Wert völlig falsch eingeschätzt hatte, praktisch abgeluchst hatte. Ein echter Hingucker.
Bei ihrer ersten Begegnung waren kaum zehn Minuten vergangen, da machte er ihr den Vorschlag.
»Können Sie fälschen?«
»Wie bitte?«
»Können Sie fälschen, meine Liebe? Zeigen Sie mir Ihre Mappe.«
Sie schlug sie auf.
Stirnrunzelnd blätterte er darin. »Ich habe Kunden, die großzügig für ein echtes Kunstwerk bezahlen würden. Allerdings von etwas traditionellerer Art.«
»Das ist nicht meine Stärke. Aber ich habe ein paar Ideen für eine große abstrakte Serie, basierend auf modernen Versionen von Die drei Grazien …«
Der Ausdruck auf seinem Gesicht ließ sie mitten im Satz innehalten. »Wollen Sie für den Rest Ihres Lebens in einem Besenschrank in einer Wohngemeinschaft in Brooklyn hausen?«
»Alphabet City.«
»Wo auch immer.«
»Nein, keineswegs. Aber ich dachte, wenn ich eine ordentliche Anzahl neuer Arbeiten zusammenbekäme …«
Wieder schüttelte er den Kopf. »Für den Anfang brauchen Sie einen Namen, einen Kundenstamm. Als Malerin erstklassiger Reproduktionen. Dann, ganz allmählich, fangen Sie an, Ihre eigenen Sachen zu malen. Verstehen Sie, dann sind Sie in einer wesentlich stärkeren Position. Und ich, meine Liebe, helfe Ihnen gern. Ich kenne viele Leute, die ihre Sammlungen nicht mal aufhängen können, weil die Versicherung so teuer ist. Und solche, die sich zu sehr schämen, um zuzugeben, dass sie ihre kostbarsten Stücke verkauft haben. Die Ausbildung der Kinder will schließlich in kalter, harter Währung bezahlt werden.« Er lächelte sie an. »Lassen Sie mich Ihnen helfen. Lassen Sie mich Sie führen.«
»Ich … Ich weiß nicht recht …«
»Wollen Sie mit Malen Geld verdienen oder mit Kellnern?«
»Mit Malen natürlich.«
Er sah sie an. »Na, so wie Sie an die Sache herangehen, käme man nicht darauf. Wissen Sie, wie viele Kunststuden ten jedes Jahr nach New York strömen, die alle denken, sie könnten diese Stadt im Sturm erobern? Es ist nicht so ein fach, wie es aussieht. Sie brauchen einen Türöffner. Sie brauchen Hilfe. Sie brauchen«, er lächelte langsam und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, »mich.«
»Ich bin Ihnen sehr dankbar, Derek.«
»Ava Rottling hat gerade ein absolut unglaubliches Penthouse mit Blick über den Park gekauft. Und wissen Sie was? Sie will ein phantastisches trompe l’œil für die Eingangshalle. Natürlich weiß sie das noch nicht. Aber sie wird dahinterkommen, sobald ich mit ihr geredet habe.«
»Ein trompe l’œil ?«
»Ja. Jede Menge rosafarbene Cherubinen, die auf flauschigen weißen Wolken herumtollen. Und eine attraktive Venus, die einen schlafenden Mars betrachtet, vorzugsweise im Adamskostüm.«
»Sie meinen romantisch?« Das Entsetzen in ihrer Stimme war unüberhörbar.
»Ja, romantisch. Und teuer, mein Kind. Sehr teuer.«
»Ich weiß nicht …«
Er kniff die Augen zusammen. »Sie müssen es nicht machen, wenn Sie nicht wollen. Aber ich könnte ihr erzählen, dass ich genau die richtige Künstlerin dafür kenne, eine Spezialistin aus London, die so etwas malen kann. Es gibt nur einen einzigen Menschen, dem ich so einen wichtigen Auftrag anvertrauen würde. Ava hat sehr oft Gäste. Alle würden Ihre Arbeit sehen.«
Dicke Cherubinen. Flauschige Wolken. Na, super, dachte sie. Jeder sieht meine epigonale Venus, meine Kopie von klassischem Scheiß-Mist.
»Nicht lange, und Sie können verlangen, was Sie wollen. Aber wenn das Sujet unter Ihrer Würde ist …« Er starrte sie an, ohne zu blinzeln. »Ich glaube, im Chicago Rib Shack suchen sie noch Kellnerinnen.«
»Ich habe noch nie ein trompe l’œil gemalt«, sagte sie.
Er griff zum Telefon. »Wie schwierig kann das schon sein? Perspektivische Verkürzungen en masse! Sie ist sowieso blind wie eine Fledermaus. Ich arrangiere für morgen Nachmittag ein Treffen.« Er fing an zu wählen.
Sie hatte gedacht, er würde sie in seinem Laden arbeiten lassen − nicht an ihrer Karriere herumbasteln.
»Denken Sie daran«, fuhr er fort, »Sie sind gerade erst aus dem Flugzeug gestiegen. Ihre Mappe ist noch nicht da. Sie tun es mir zu Gefallen, verstanden? Und was auch immer sie will, sagen Sie ihr, Sie hätten absolut keine Zeit. Ich will, dass Sie den Auftrag ablehnen. Höflich, charmant, aber entschieden. Erlauben Sie mir, die ganze Sache zu verhandeln. Reiche
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