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Debütantinnen - Roman

Titel: Debütantinnen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Fleisch und Blut.«
    Er ließ ihre Hand los.
    Sie schwebte einen Augenblick lang zwischen ihnen in der Luft, bevor sie nach unten sank.
    »Und doch haben Sie meine Frage noch nicht beantwortet.«
    »Welche Frage?«
    »Was ich denke?«
    Sie blickte ihm erneut ins Gesicht.
    Die Wolke zog weiter, und die Sonne schien wieder strahlend hell.
    Doch jetzt wusste sie, dass die Angst da war. Und sie erkannte, dass er ihr vielleicht etwas gezeigt hatte, dessen er sich gar nicht bewusst war.
    »Ich weiß nicht«, murmelte sie und wandte sich ab. Sie hatte das Gefühl, in einer Gefahr zu schweben, die sie weder benennen noch erklären konnte − ein schmerzliches Nachgeben, eine tückische, irreführende Sehnsucht. »Es scheint, als würden meine Kräfte heute versagen.«
    »Schade.« Er zuckte die Achseln und trat ein paar Kieselsteine über den Weg. Ihre Miene war undurchdringlich. Fand sie ihn dumm? »Schließlich war ich bereit, mich überraschen zu lassen.«
    Er klang ein wenig enttäuscht.
    »Wer weiß?«, sagte sie und erwiderte seinen Blick. »Solche Sachen sind bekanntermaßen wechselhaft. Vielleicht weiß ich ein andermal genau, was Sie denken, Mr Coates.«
    *

* * *
    5 St. James’s Square
    London
    24. Oktober 1926
    Liebes,
    hab vielen Dank für Deinen Brief − den nettesten Brief, den ich seit Ewigkeiten erhalten habe. Es tut mir schrecklich leid, dass ich Dir Grund zur Sorge bereitet habe. Ich bin in letzter Zeit ein wenig niedergeschlagen; Du weißt ja, dass ich zu solchen finsteren Perioden neige. Und ich vermisse Dich schrecklich. Ich glaube nicht, Liebes, dass ich wirklich begriffen habe, dass Du heiratest und mich so bald verlässt. Hat er wirklich schon ein Haus gefunden?
    Vielleicht hast Du recht mit der Schweiz. Sie verstehen von diesen Dinge viel mehr als wir − haben alle möglichen Kuren und Diäten. Aber ich will nicht in eine Klinik. Ich habe Angst, wenn ich mal drin bin, lassen sie mich nicht mehr raus. Ich weiß, dass ich Dir Angst eingejagt habe und dass Du willst, dass es mir gut geht bei Eurer Hochzeit. Wenn ich ehrlich bin, jage ich mir selbst Angst ein. Ich weiß nicht, was diese Anfälle auslöst. Alles ist so schwierig, Irene. Vermisst Du Irland wirklich nie, oder Fa oder unser lustiges kleines Haus?
    Vater Ryan war neulich hier. Ihre Heiligkeit hat ihn herzitiert. Wir haben lange zusammengesessen, und ich redete und redete und weinte dabei, und er nickte und versuchte, Mitgefühl zu zeigen, ohne mir zu nah zu kommen oder allzu nass zu werden. Schließlich sagte er, ich solle glauben. »Woran?«, fragte ich.
    »Nun, an Gottes Willen.«
    »Wie soll ich denn wissen, was Gottes Wille ist?« Er saß nur da, aufgequollen und rosa, und machte den Mund auf und zu wie ein riesiger Fisch. Am Ende war alles, was ihm einfiel: »Tun Sie, was Ihre Mutter sagt, und gehen Sie öfter in die Kirche.« Kannst Du Dir vorstellen, dass Gott seinen Willen durch Mutter zum Ausdruck bringt? Danach hat sie darauf bestanden, dass ich mir die Haare machen lasse, denn ich hatte mich seit Wochen nicht darum gekümmert. Sie haben eine Tönung aufgetragen, von der es ziemlich golden geworden ist. Sie wenigstens war zufrieden. Also muss Gott wohl auch zufrieden sein.
    In Wirklichkeit geht es mir schon besser. Der Arzt rät zu langen Spaziergängen, um die Stimmung zu heben, also hat der Gatte, Gott segne ihn, mir einen Spanielwelpen gekauft, der mir Gesellschaft leisten soll. Ich nenne ihn Nico, was mein kleiner privater Witz ist. Er ist das hübscheste Ding im ganzen Green Park. Ich war auf der Suche nach einem kleinen Andenken an den echten Nick, aber im ganzen Haus am St. James’s Square ist nichts. Bemerkenswert, wie vollständig der Gatte ihn aus seinem Leben eliminiert hat.
    Ich hasse diesen trüben, kalten Regen! Verzeih mir, wenn ich nur kurz schreibe. Manche Tage sind sehr anstrengend. Aber ich werde Dich an Deinem Hochzeitstag nicht enttäuschen, das verspreche ich Dir − nichts als Lächeln und Freude und jetzt auch noch einen passenden blonden Schopf!
    Diana

A ls Cate in die Küche kam, wartete dort ein Teller mit Resten vom Brathühnchen und Salat auf sie. Sie aß einen Bissen, da hörte sie jemanden in der hinteren kleineren Küche. Sie ging nachsehen und stieß auf Jo, die einen der Kühlschränke abtaute und die Drahtgitter in dem großen Spülstein abwusch. Zu Cates Überraschung weinte sie.
    »Jo?«
    Jo schaute auf und lächelte traurig. »Ich kann nicht glauben, dass es tatsächlich so weit gekommen

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