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Debütantinnen - Roman

Titel: Debütantinnen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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harten Realität des Tages. Er schickte einen Wagen vorbei, um sie abzuholen, und ließ sie auch wieder nach Hause bringen. Natürlich hatte sie die ganze Zeit gewusst, was das bedeutete. Doch sie hatte ihn nie direkt danach gefragt, sondern sich bewusst dafür entschieden, sich in eine dunstige moralische Grauzone zu begeben, wo nichts real war, solange es nicht laut ausgesprochen wurde.
    In Wirklichkeit geriet das Gleichgewicht sehr schnell außer Kontrolle. Sie wollte ihn nicht nur, sie brauchte ihn.
    Ganz neue Seiten an ihr kamen zum Vorschein. Die große Wut, die sie jahrelang unterdrückt hatte, machte sich in ihrer Sexualität Luft, machte sie kühn und fordernd. Es stellte sich heraus, dass sie Hunger hatte auf Leidenschaftlichkeit, auf höhnischen, neckenden Austausch, auf drastischen, gelegentlich sogar gewalttätigen Sex. Und in seiner schönen Wohnung, im matten Licht, wo reichlich Champagner und Whiskey flossen, schmolzen nach ein oder zwei Gläsern jegliche Hemmungen dahin wie das Eis am Boden des Glases. Wenn sie ehrlich war, war es eine Erleichterung, eine Befreiung. Bei diesem Mann war alles klar, unzensiert, animalisch. Kein höflicher Austausch von Liebenswürdigkeiten, keine stockenden Versuche, Konversation zu betreiben, kein Tasten nach dem Eigentlichen in dem Versuch zu interpretieren, was gesagt worden war und was genau es bedeutete, wenn es keinen sexuellen Subtext hatte.
    Dies war nicht die saubere, kühle Blondine, die sie dem größten Teil der Welt präsentierte. Es war auch nicht die junge Frau, die dicke, rotwangige Cherubinen auf Ava Rottlings Wand malte. Nein, ihm wurde ein exklusiver Blick in die tiefsten, zügellosesten Bereiche ihrer Persönlichkeit gewährt.
    Als er anfing, ihre Rechnungen zu bezahlen, schien es nur natürlich zu sein, schließlich wurde ihr gemeinsames Leben dadurch definiert, dass er ihr immer einen Schritt voraus war, die Machtspielchen von Dominanz und Abhängigkeit waren immer nur Vorspiel. Sie trug Nonchalance zur Schau, als wäre es ihre Pflicht. Und als er ihr eine Kreditkarte mit ihrem Namen darauf gab, ließ sie sich kaum dazu herab, es überhaupt zur Kenntnis zu nehmen.
    »Hier«, sagte er und schob die Karte bei ihrem Lieblingschinesen, bei dem sie nach dem Sex oft aßen, über den Tisch.
    Sie saßen in einer abgewetzten, mit rotem Samt bespannten Sitznische im hinteren Bereich des Restaurants. Auf dem Tisch die Überreste von Spareribs, süßsauren Garnelen, gebratenem Rindfleisch und Bergen von fettigen Singapur-Nudeln. Die Rechnung war schon vor einer Weile gebracht worden und lag unberührt auf dem kleinen schwarzen Plastiktablett. Es war kurz vor Mitternacht. Sie waren die letzten Gäste. Die Eingangstür war abgeschlossen. Das Küchenpersonal spielte an einem Tisch Karten und trank Bier, lachte und fluchte auf Chinesisch.
    Doch sie saßen noch da.
    Immer begierig, sich zu treffen. Immer zögernd, Abschied zu nehmen. Einzig ihre Gespräche waren kühl und reserviert.
    Sie zog eine Augenbraue hoch. »Willst du mich kaufen?«, fragte sie und öffnete einen Glückskeks.
    »Muss ich das?«, entgegnete er.
    »Nein.« Sie lächelte. »Du bekommst alles umsonst.«
    Sie rollte den Spruch auf. »Hüte dich vor falschen Freunden«, lautete der Text. Sie zerknüllte das Zettelchen und warf es in den Aschenbecher. »Ich weiß nicht, warum du dich bemühst.«
    »Du sollst wissen, dass sich jemand um dich kümmert.«
    »Ich werde sie nicht benutzen.«
    Er zuckte die Achseln. »Wie auch immer.«
    Doch sie benutzte sie.
    Ein paar Wochen nachdem er sie ihr gegeben hatte, ging sie an einem Schaufenster von Christian Dior vorbei, wo ihr ein hauchdünnes Etuikleid in hellem Stahlgrau ins Auge fiel. An diesem Abend lag auch dieses Kleid zerknittert auf dem Boden.
    Verdrehen, abwenden, wegschieben, klammern, ihre Beziehung war ein andauerndes Tauziehen.
    Das war Liebe … oder nicht? Ihre Absichten waren nicht mit denen Julias zu vergleichen, sie war unschuldig. Dumm vielleicht, sehr durcheinander, doch des skrupellosen Vergehens, das Jacks Welt auseinandergerissen hatte, letztendlich unschuldig. Oder?
    Das Klingeln eines Telefons unterbrach ihre Gedanken. Sie schlug die Decke zurück und eilte in Rachels Zimmer, wo auf dem Nachttisch ein Nebenanschluss stand.
    »Hallo?«
    »Miss Albion?« Die Stimme war ihr nicht vertraut.
    Sie zögerte. »Was kann ich für Sie tun?«
    »Ich heiße Cyril Longmore.«
    »Ja?«
    »Ich rufe aus dem Archiv von Tiffany in der Bond Street

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