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Debütantinnen - Roman

Titel: Debütantinnen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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ich hätte einen Auftrag für dich.«
    »Warum?« Sie lachte. »Ich gehöre dir doch schon.«
    »Ich will etwas, das ich anschauen kann. Etwas, das ich mir an die Wand hängen kann.«
    »Wie eine Trophäe? So was wie einen Elchschädel?«
    »Ja, mal mir einen Elchschädel.« Er schob ihr die Haare aus dem Gesicht. »Solange er dir ähnlich sieht.«
    »Du hast mich.«
    »Ich will mehr von dir.«
    »Mehr gibt es nicht, das ist alles.« In ihrer Stimme schwang Enttäuschung mit. Was er Hingabe nannte, kam ihr vor wie ein Befehl.
    Er ließ nicht locker. »Es gibt immer mehr. Wenn es einem etwas bedeutet.«
    Sie schloss die Augen. »Es ist lange her. Wahrscheinlich kann ich es gar nicht mehr.«
    »Ganz bestimmt nicht«, meinte er seufzend und rollte von ihr weg. »Wer weiß? Vielleicht bist du völlig ausgetrocknet. Ich wollte dir nur einen Gefallen tun.«
    Sie schlug die Augen auf und sah zu ihm hinüber. Meinte er das etwa ernst? Doch sie konnte sein Gesicht nicht sehen.
    Der zärtliche Augenblick war vorüber. Das beherrschte er meisterhaft: sie aufzubauen und ihr dann den Boden unter den Füßen wegzuziehen. Entweder schwebte sie in großer Höhe oder sie stürzte ab, dazwischen gab es nichts. Doch waren die Zweifel einmal gesät, setzten sie sich rasch fest. Sie drehte sich von ihm weg, zog sich auf ihre Seite des Betts zurück. Vielleicht war sie ja ausgetrocknet. Doch sie wollte nicht, dass er recht behielt.
    Es fing als Selbstporträt an, was ganz untypisch war für sie. In der Kunsthochschule hatte Cate einige gemacht, als Fingerübungen. Doch es war nicht ihr Lieblingssujet. Dabei herausgekommen waren ziemlich konservative Abbildungen ihres Gesichts und ihrer Schultern, das, was sie ohne großen Aufwand im Badezimmerspiegel sehen konnte. Es war ihr schier unerträglich gewesen, ihr Spiegelbild so lange mit absoluter Objektivität anzustarren und in unbarmherzigen Einzelheiten jeden Makel zu registrieren − die Unregelmäßigkeit ihrer Züge, die Narbe auf ihrer Stirn, immer noch eine glänzende halbmondförmige Kerbe, ihre schweren Augenlider, die ihren Augen eine Aura von teilnahmsloser Traurigkeit verliehen. Ihre Mundwinkel hingen nach unten, und damals waren ihre Haare dunkler gewesen und waren ihr dick und glatt auf die Schultern gefallen. Die fertigen Arbeiten hatten eine Steifheit gehabt, die ihren Dozenten Rätsel aufgegeben hatte, denn sie waren kühnere Ergebnisse gewöhnt. Ihre Noten waren in diesem Semester untypisch schlecht gewesen.
    Doch diesmal nahm sie den großen Spiegel an der Tür ihres Wandschranks zu Hilfe und stellte im Atelier unzählige Kerzen auf. Sie beschloss, sich nackt zu malen, wie sie auf ihrem Klappbett lag.
    Nach den vielen Reproduktionen, dem peniblen Kopieren, wurde das Selbstporträt für Cate zum Wendepunkt, ja zur fixen Idee. Am Ende ihres Arbeitstags eilte sie nach Hause, um es fertigzustellen, und arbeitete oft bis spät in die Nacht daran. Sie posierte nicht gern nackt. Doch seltsamerweise verlieh dies dem Bild nur eine zusätzliche Dynamik. Es brachte Spannungen und Widersprüche hervor, das Bett wurde zu einer dunklen, schwebenden, leicht unheilvollen Masse. Und sie lag weniger darauf, als dass sie daraus hervorkam.
    Das Bild war nicht schön. Doch es war kraftvoll, beunruhigend und sogar den besten Arbeiten, die sie je produziert hatte, weit überlegen.
    Als sie es ihm schließlich präsentierte, betrachtete er es eingehend, sagte jedoch nichts. Normalerweise hatte er immer eine schnippische Bemerkung parat − er war ein Mensch schneller, scharfer Bonmots. Doch dieses Mal betrachtete er das Bild stirnrunzelnd.
    »Es scheint, als besäßest du wirklich Talent«, sagte er schließlich. Und es klang eher nach einem Vorwurf denn nach einem Kompliment.
    »Gefällt es dir nicht?« Sie wurde nicht klug aus ihm. Sie war verängstigt, fühlte sich zurückgewiesen und wusste nicht recht, warum.
    »Wie gesagt, du bist ein Weltklassetalent, Cate. Wie heißt es denn?«
    Darüber hatte sie noch gar nicht nachgedacht. » Ohne Titel , schätze ich mal.«
    Seine Züge wurden weich. »Dann denke ich mir was aus, soll ich?«
    So funktionierte das eigentlich nicht. Und doch hatte sie nachgegeben. Es war, als müsste er einen Teil von allem besitzen, was sie tat.
    Er liebte sie leidenschaftlich und gierig. Doch sie zahlte dafür mit Bruchstücken ihrer selbst.
    *
    Cate schob die schwere Glastür der Richard Green Gallery auf. Als sie sich wieder hinter ihr geschlossen und den Raum quasi

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