Decker & Lazarus 08 - Doch jeder toetet, was er liebt
dass ich für sie reden würde … sie rächen würde. Denn es hat sie jemand auf gemeine Weise ermordet, ohne Rücksicht auf ihre Gefühle und ihr Leben. Und es tut mir wirklich Leid, aber ich glaube, dass es Christopher Whitman war. Was glaubst du, Terry?«
Im Flüsterton entgegnete sie: »Ist das wichtig?«
»Mir ist es wichtig. Und Chris bestimmt auch. Den Geschworenen wird es wichtig sein. Und vor allem … für dich wird es wichtig sein. Von dieser einen Frage wird es abhängen, wie du mit dir selber weiterleben kannst, wenn diese schreckliche Geschichte vorüber ist.«
Sie sah auf. Ihre Augen waren trocken. »Chris hat es nicht getan.«
Decker hielt seine Enttäuschung im Zaum. Er musterte ihr Gesicht. Nicht mehr trotzig. Sehr ernst. Ruhig fragte er: »Und warum glaubst du das, Terry?«
Sie antwortete nicht.
Decker wartete einen Moment ab. »Glaubst du, dass Chris eines Mordes fähig ist, Terry?«
Sie nickte langsam mit dem Kopf.
»Warum glaubst du dann, dass er Cheryl nicht ermordet hat.«
Sie holte tief Luft und ließ sie ganz langsam wieder heraus. »Ich bin eine Zeit lang zu den Feten gegangen … diesen wilden Partys. Ich habe nicht aktiv an irgendwas teilgenommen … nur rumgesessen. Aber ich ging hin, um Chris zu sehen. Ihn anzuschwärmen. Es war ziemlich kläglich.«
Decker wartete ab.
»Chris trank wie ein Weltmeister! Und es war überhaupt nichts Ungewöhnliches für ihn, ganz zum Schluss noch mal ein volles Wasserglas Schnaps zu kippen. Und trotzdem war er, wenn er ging, immer wie frisch gebügelt … vollkommen wach und klar.«
Sie sprach in einem leisen Singsang.
»Christopher Whitman ist der … beherrschteste … penibelste … krankhaft ordentlichste Mensch, den ich je kennen gelernt habe. Und das will etwas heißen. Ich bin nämlich auch nicht gerade locker und spontan. Aber gegen ihn sehe ich aus wie ein Hippie. Ich habe ihn betrunken gesehen, gestresst, ich habe ihn wütend gesehen, ich habe ihn … erregt gesehen, ich habe ihn glücklich gesehen und unglücklich. Ich habe ihn in den verschiedensten Gefühlszuständen gesehen. Aber niemals schlampig.«
Sie sah Decker in die Augen.
»Der Mord an Cheryl war … unsauber. Wenn Chris sie umgebracht hätte, hätte er das auf ordentliche Weise getan.«
Decker antwortete nicht. Meinte sie das ernst? »Terry, auch Ordnungsfanatiker rasten mal aus …«
»Nicht Chris.« Sie schüttelte den Kopf. »Eh-eh, der nicht, unmöglich ! Nachlässigkeit ist für ihn das Allerletzte. Wenn Chris ein Killer wäre, wäre er ein Ninja.«
»Terry …«
»Und wenn er es nicht getan hat, Sergeant, heißt das, dass es ein anderer getan hat! Und wenn Sie nicht nach ihm suchen, werde ich es tun.«
Decker antwortete nicht sofort, weil er merkte, wie ihm die Galle hoch kam. Er ärgerte sich über die Frechheit dieses Mädchens, musste sich aber gezwungenermaßen auch eingestehen, dass er beunruhigt war. Whitman war wahrscheinlich schuldig – der Junge hatte die Augen eines Mörders. Aber Decker hatte dieses beharrliche Kratzen in seinem Hirn nie ganz ausgeschaltet.
Die afro-amerikanischen Schamhaare, die bei der routinemäßigen Kämmung des Genitalbereichs gefunden worden waren. Das Sperma in Cheryls Scheide.
Ein anderer Mann.
Er bemühte sich, ganz ruhig zu wirken, als er schließlich antwortete: »Terry, was ich jetzt sage, ist keine Bitte. Es ist ein Befehl. Halt dich aus der Polizeiarbeit heraus. Denn wenn du dich einmischst, wirst du alles nur noch schlimmer machen. Für dich und für Chris …«
»Sergeant, wenn Sie so sicher sind, dass Chris der Täter ist, warum stört es Sie dann, wenn ich ein paar Fragen stelle?«
»Weil die Leute Angst bekommen, wenn man ihnen etwas unterstellt. Und wer Angst hat, handelt irrational.« Decker formte seine Hand wie zu einer Pistole, hielt ihr den Zeigefinger an die Schläfe und ließ den Daumen hoch schnappen. Schuss. »Und was dann, Terry?«
Sie schwieg.
Decker sagte: »Du bist ein aufrichtiges Mädchen. Schwör mir, dass du dich nicht einmischen wirst.«
Terry erwiderte: »Sir, können wir einen Deal machen?«
»Nein, das können wir nicht!«
»Ich werde mich nicht einmischen … Sir … Sergeant … wenn Sie mir versprechen, dass Sie jeden einzelnen Aspekt von Cheryls Tod untersuchen werden.«
»Terry, das ist genau das, was ich tue.«
»Mit allem gebührenden Respekt, Sergeant … Sir, ich glaube, Sie versuchen, Chris hinter Gitter zu bringen, und nicht, Cheryls Mörder zu finden …
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