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Decker & Lazarus 08 - Doch jeder toetet, was er liebt

Decker & Lazarus 08 - Doch jeder toetet, was er liebt

Titel: Decker & Lazarus 08 - Doch jeder toetet, was er liebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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das Gleiche mit dem linken. Ich fühlte mich so machtlos wie ein ausgenommenes Hühnchen. Ich ließ die Finger spielen.
    »Zu fest?«, fragte er.
    »Nein … das Blut fließt noch … so gerade eben.«
    »Wenn deine Glieder zu kitzeln anfangen, sag’s mir. Ich will dir nicht weh tun.«
    »Na, das ist wenigstens beruhigend.«
    Sein Gesicht wurde undurchdringlich. »Terry, es würde mich nur einen Atemzug kosten, dir den Hals umzudrehen.
    Aber ich will dir nichts tun. Ich zeichne dich als Ausdruck meiner Liebe zu dir. Glaubst du mir das?«
    »Natürlich, aber …«
    »Gut, dann leg die Füße übereinander.«
    »Du bindest mir die Füße auch noch fest?«
    »Jesus war gefesselt und gebunden, als er starb. Leg die Füße übereinander.«
    Ich legte die Füße übereinander. Er band sie zusammen. Dann nahm er noch eine Krawatte und machte sie am Fußende des Bettes fest. Ich war völlig bewegungsunfähig und begann zu zittern. Er warf die Decke über meinen Körper und fing an, meine Haare zu drapieren.
    »Willst du mir noch einen falschen Bart ankleben?«
    Er antwortete nicht und strich ein paar Haarsträhnen glatt. Er drehte meinen Kopf zur einen, dann zur anderen Seite. Er forderte mich auf, nach oben zu sehen und nach unten, die Augen zu schließen, wieder zu öffnen, zu lächeln und die Stirn in Falten zu legen, dann sollte ich verzückt aussehen. Schließlich stand er auf und zog mir die Decke vom Körper. Chris betrachtete mich eine lange Zeit.
    Er ging zu seiner Staffelei und zeichnete zwanzig Minuten lang, dann hielt er inne. »Der Blickwinkel stimmt nicht. Es ist eine zu starke Draufsicht.«
    »Vielleicht möchtest du ein Kreuz für mich bauen, und wir versuchen es nächste Woche noch mal.«
    Seine Stimme klang plötzlich unwirsch. »Mach dich nicht über mich lustig.«
    Ich schwieg, spürte die Tränen in mir aufsteigen. Er starrte mich einen Moment lang an, dann warf er den Kohlestift quer durch den Raum. »Verdammte Scheiße!«
    Er stapfte herüber und band meine Arme los. Er war wütend und frustriert. Ich fühlte mich, als hätte ich versagt, ihn im Stich gelassen. Schlimmer noch, ich fühlte mich, als hätte ich an der Kunst versagt.
    Als ich von meinen Fesseln befreit war, schüttelte ich meine Glieder, während er mutlos auf der Bettkante saß. Ich hüllte mich in seine Tagesdecke, setzte mich neben ihn und griff nach seiner Hand. Er wurde starr bei meiner Berührung. Ich zog meine Finger zurück.
    Ich sagte: »Es ist noch früh, Christopher. Lass es uns noch einmal versuchen.«
    Er sah auf die Uhr. »Es ist fast neun. Wie viel Zeit hast du?«
    »So viel wie du brauchst.«
    Er fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. »Mein Gott, was bin ich für ein selbstsüchtiges Schwein. Du bist blass. Du musst hungrig sein. Lass mich dich zum Essen einladen.«
    »Nein, das ist schon in Ordnung. Wir wollen einfach weitermachen.«
    »Nicht, bevor ich nicht irgendwas Nahrhaftes in dich reinbekommen habe.« Er stand auf. »Zieh einen von meinen Morgenmänteln an, und dann mach ich dir was. Ich werde ein paar Bücher über religiöse Kunst durchblättern, während du isst. Klingt das gut?«
    »Ja, das klingt prima.«
    Er beugte sich herunter und küsste mich auf die Stirn. »Du bist ein guter Kumpel.«
    »Danke«, murmelte ich. »Das kannst du mir ja dann als Nachruf auf den Grabstein schreiben.«
    Er ging, ohne zu antworten. Ich bebte. Ich bedauerte, dass ich mir die spitze Bemerkung nicht verkniffen hatte.
     
    Nach der Pause ging Chris mathematisch an die Proportionen heran. Er maß Entfernungen und Winkel – von meiner Schulter zur Hand, von meiner Hand bis zum Kopfteil seines Bettes. Er rang mit verschiedenen Stellungen, bis er ein paar Posen gefunden hatte, die ihm gefielen. Als er dann schließlich mit dem richtigen Zeichnen anfing, war es fast elf. Um ein Uhr morgens zerriss Chris das Blatt, an dem er gerade arbeitete.
    »Ich lasse nach.« Er hielt inne. »Du siehst auch müde aus.«
    Ich war erschöpft. Ich hatte nicht gewusst, dass Modellsitzen so eine harte Arbeit war. Er band mich los. Ich schüttelte die Glieder; ich fühlte mich taub und ausgelaugt. Er legte mir die Decke um die Schultern und forderte mich dann auf, mich wieder anzuziehen.
    Er sah nicht, wie ich ins Wohnzimmer kam. Ich sah, dass er seinen Anrufbeantworter abhörte. Die letzte Nachricht war von einem Mädchen, er solle seinen Hintern zu Tom rüberschwingen, weil er nämlich eine super Party verpasse. Ich kannte die Stimme. Sie war hübsch

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