Decker & Lazarus 09 - Totengebet
Geschenk Gottes.«
»Wir haben beide vieles, wofür wir dankbar sein können.«
»Richtig.« Er war blass, seine Züge von Sorge geprägt. Rina spürte das Verlangen, ihn zu trösten, wie er sie getröstet hatte. Aber das war jetzt unmöglich. Andere Orte, andere Zeiten.
»Alles in Ordnung mit dir, Bram?«
»Wer weiß?« Er zuckte die Schultern. »Gott hat Abraham zehn Prüfungen auferlegt. Sehen wir mal, wie Abram mit einer fertig wird.«
29
Sollte der Weg zum Herzen eines Mannes tatsächlich durch den Magen führen, hatte Rina das Herz Deckers fest im Griff. Gegen fünf Uhr am Sonntagnachmittag erfüllte der Duft von Gewürzkräutern, Zwiebeln und Knoblauch das Haus. Es waren beziehungsreiche Gerüche, die Decker an die Sonntagsmahlzeiten seiner Kindheit erinnerten, die reihum bei seiner Familie und deren Verwandtschaft stattgefunden hatten. Seine Mutter hatte dann in der Küche geschuftet, mit erhitztem Gesicht, die gestärkte Schürze über ihrem besten Schwarzen, eine einreihige Perlenkette um den Hals. Die Männer in ihrem Leben, Deckers Vater, sein Bruder Randy und er selbst hatten in schwarzen, schlecht sitzenden Anzügen zwischen Großeltern, Tanten, Onkeln und Cousinen am Tisch Platz genommen. Sobald jedoch die Speisen aufgetragen worden waren, begann sich die Atmosphäre zu lockern. Die Erwachsenen unterhielten sich, die Kinder benahmen sich wieder wie Kinder, man hatte Spaß …
Decker betrat die Küche. Rinas Gesicht war feucht, das Haar fiel ihr in einem dicken festen Zopf über den Rücken. Sie trug ein loses, rostbraunes, geblümtes Kleid mit schmalen Ärmeln, das die Waden noch bis zur Hälfte bedeckte. Ihre Schuhe waren flach und schlicht. Obwohl einfach gekleidet, sah sie wie immer bezaubernd aus.
»Scheint so, als hättest du für eine ganze Armee gekocht«, bemerkte er. »Was machen wir, wenn die Marine auch noch kommt?«
»Sehr komisch.« Rina rührte die Suppe um. »Natürlich habe ich für fünf Erwachsene zu viel gekocht. Aber den Rest friere ich ein.«
»Brauchst du einen Vorkoster?«
»Du meldest dich freiwillig? Du bist ein Schatz, Peter!«
»Ist zwar ein ekelhafter Job, aber irgendwer muss ihn ja machen.«
Rina reichte ihm einen Löffel Suppe. Erbsenpüree mit Markknochen. Deckers Geschmacksnerven frohlockten. »Gut.«
»Danke.«
»Reicht gerade für mich. Was kriegen die anderen?«
Rina gab ihm einen Klaps, wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Lammkarree im Ofen zu, das sie mit einer Senf-Honigsauce bepinselte. Dann richtete sie sich auf und wischte sich die Hände an einem Handtuch ab. »Warum hast du Marge eigentlich eingeladen?«
»Aus purer Menschenfreundlichkeit. Wieso?«
»Du wolltest nicht zufällig mit ihr über euren Fall sprechen?«
Decker zögerte. »Vielleicht ergibt sich das eine oder andere. Aber das war nicht der Zweck der Übung. Hast du Angst, wir könnten uns vor den Jungs verplappern?«
»Nein, natürlich nicht.« Sie sah nach dem Reis und stellte die Flamme kleiner.
Decker näherte sich ihr von hinten, schlang die Arme um ihre Taille und küsste ihren Nacken. »Wir reden nicht über den Job heute Abend, in Ordnung?«
Sie drehte sich zu ihm um. »Ich muss dir was gestehen.«
Er lockerte seinen Griff. »Verheißt nichts Gutes.«
»Ich habe am Freitag mit Bram gesprochen«, begann sie. »Und Donnerstag übrigens auch schon. Das erste Mal bin ich zu ihm gefahren. Das zweite Mal war er hier.«
Decker sah sie an. »Hier?«
Rina nickte.
»Hier heißt hier bei uns zu Hause?«, fragte er.
»Ja.«
»Mordverdächtiger zu Gast im Haus des Chefermittlers.« Er ließ die Arme sinken. »Solche Schlagzeilen reißen meinen Boss bestimmt vor Begeisterung vom Hocker.«
»Er ist nicht mehr verdächtig. Du hast ihn freigelassen.«
»Ich habe nichts dergleichen getan«, fuhr Decker sie an. »Er hat Kaution gestellt.«
»Aber du bist derjenige gewesen, der die Kautionssumme heruntergesetzt hat.«
»Rina, er ist trotzdem noch verdächtig! Du hast kein Recht …«
»Bitte, werd jetzt nicht böse.«
»Du hast versprochen, dich nicht einzumischen!«, erinnerte er sie.
»Ja, das stimmt.«
»Du hast dein Versprechen gebrochen, Rina! Wie konntest du nur?«
»Nach jüdischem Gesetz kann ein Ehemann die Versprechen seiner Frau für nichtig erklären.«
»Wie bitte?«
»Ein Ehemann kann Schwüre und Eide der Frau für ungültig erklären. Das bedeutet, du kannst mir mein Versprechen erlassen.« Sie runzelte die Stirn. »Ich weiß allerdings nicht, ob das ex
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