Decker & Lazarus 09 - Totengebet
Zeit, die wir noch Kontakt hatten, konnte ich meine sexuellen Gefühle als das deuten, was sie waren.«
Er setzte sich an den Tisch, wich ihrem Blick aus. »Sowohl deine als auch meine Konfession verbietet den Ehebruch. Es ist mein sechstes und dein siebtes Gebot.«
Er zögerte.
»Jesus Christus hat überdies schon das bloße Verlangen verdammt. Er lehrt uns, die Frau eines anderen nicht zu begehren. Er sieht dies als einen Ehebruch im Herzen an. Und damals, nachdem ich gerade mein Priesterseminar beendet hatte, habe ich seine Worte sehr ernst genommen.«
Er hielt inne, sammelte seine Gedanken.
»Ich weiß, heute ist es schick, Ehebruch zu verharmlosen, zu romantisieren. Folge deinem Herzen, pfeife auf die Folgen, heißt die Devise. In Wahrheit ist dieser Betrug ein schreckliches, gemeines Monster, das alle verunsichert … die, die betrügen und die, die betrogen werden.«
Sein Blick schweifte zu ihr, dann in die Ferne.
»Es zerstört jede Selbstachtung. In meinem Fall war es besonders schmerzlich, denn ich wurde von meinem Zwillingsbruder hintergangen. Ich habe keine Ahnung, welche Beweggründe Dana hatte. Aber ich wusste, ihr Problem mit mir war nicht die fehlende körperliche Anziehung. Schließlich hatte sie mich gegen mein Ebenbild eingetauscht. Folglich musste ich annehmen, dass mit mir offenbar etwas nicht stimmte.«
»Es stimmte alles mit dir, Bram«, widersprach Rina sanft. »Ihr wart Kinder. Und Kinder machen dumme Sachen.«
»Natürlich. Und ich hege deshalb auch keinen Groll gegen Dana.«
Er stand auf, schlenderte zur Tür.
»Was Luke angeht … Ich liebe meinen Bruder sehr. Ich würde alles für ihn tun. Verzeihen war nie das Problem. Aber das Vergessen. Denn wie sehr ich auch zu vergessen versuche, der Schmerz ist noch immer präsent.«
Rina seufzte. »Du hast immer so distanziert darüber gesprochen. Ich hatte keine Ahnung, wie sehr du gelitten hast.«
»Ich weiß nicht einmal, warum ich dir überhaupt je davon erzählt habe. Der Schmerz jedenfalls wäre eine sehr vergängliche Erfahrung gewesen, hätte nicht Danas Schwangerschaft die Situation kompliziert. Denn diese machte ein Geständnis gegenüber den Eltern nötig.«
»Was für ein Chaos.«
»Chaos? Katastrophe, Fiasko, Martyrium … alles in einem.« Er zog die Augenbrauen hoch. »Bis damals hatte ich immer geglaubt, vor dem Zorn meines Vaters sicher zu sein. Und da stand ich nun, zu verlegen, um einzugestehen, dass ich vom eigenen Bruder genarrt worden war, zu beschämt, dass ich nicht der Kerl war, der ich glaubte sein zu müssen. Und so habe ich die Schuld für etwas auf mich genommen, das ich nicht getan hatte. Und mein Vater … mein Vater war sofort bereit, mich den Wölfen vorzuwerfen.«
Bram lachte auf.
»Man stelle sich vor, was Dad mit Luke gemacht hätte, hätte er die Wahrheit erfahren. Jedenfalls bekam ich eine hübsche Kostprobe dessen, was meine Brüder bislang durchgemacht hatten.«
»Dein Vater hat dich vergöttert.«
»In den letzten Jahren … ja vielleicht. Und trotz all seiner Fehler, habe ich diese Gefühle erwidert. Aber das ist nicht relevant.«
Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.
»Wie gesagt, vage sexuelle Gefühle tauchten auf, nachdem ich Yitzchak kennen gelernt hatte und waren kurz nach seinem Tod wieder verschwunden. Aber Ziel dieser Gedanken war eben nicht Yitzchak, das warst du, Rina. Aber da du eine verheiratete Frau warst, und der Gedanke an Ehebruch für mich undenkbar war, habe ich sie einfach auf eine neutralere Person übertragen, auf deinen Mann. Schwul zu sein war für mich leichter zu ertragen, als zum Ehebrecher zu werden.«
Rina sah ihn an. »Und das soll ich glauben?«
»Du weißt, wie sehr ich dich geliebt habe! Gott, wie ich dich geliebt habe!« Er lächelte. »Es ist schwer, so viel Leidenschaft zu simulieren.«
»Du hast auch Yitzy geliebt.«
»Ja, habe ich.« Bram wirkte nachdenklich. »Ich bin Priester. Sexuelle Orientierungslosigkeit ist mir gestattet.«
Rina lachte. »Abram Matthew, ich kann nicht glauben, dass du das gesagt hast.«
Bram blieb nachdenklich. »Jetzt ist das alles unwichtig geworden. Seit meiner Priesterweihe bin ich ein treuer Diener meines Herrn gewesen. Und was ich in meinem Herzen für dich, Yitzchak, meine Familie und alle anderen empfinde, geht nur mich und Gott etwas an.«
Sie sah ihn an. »Und was ist mit den Magazinen?«
Brams Blick ruhte nachdenklich auf ihr. »Die Presse hat bereits einen Mord aus der homosexuellen Szene vermutet,
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