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Decker & Lazarus 09 - Totengebet

Decker & Lazarus 09 - Totengebet

Titel: Decker & Lazarus 09 - Totengebet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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das wie ein versengendes Feuer in ihm gebrannt hatte. Jetzt ertrug er ihre Gegenwart ruhig und beherrscht. Und dafür war er dankbar. Gottesfurcht und die Liebe zu Jesus erfüllten sein Herz. Rina war nicht schuld an dieser Veränderung. Im Gegenteil, sie war noch schöner geworden. Die Ehe bekam ihr gut.
    »Dein Haar ist nicht bedeckt«, bemerkte er.
    Rinas Hand zuckte hoch. Dann rannte sie aus der Küche und griff sich ihr Tuch. Trotz pochender Kopfschmerzen schlang sie es fest ums Haar, bis es vollständig bedeckt war. Sie schluckte eine von Peters Aspirintabletten. Anschließend kehrte sie in die Küche zurück, machte sich erneut an ihren Einkäufen zu schaffen. »Warum bist du gekommen?«
    »Um mich zu entschuldigen. Kannst du mich nicht wenigstens mal ansehen?«
    Rina drehte sich um. Obwohl seine Züge angestrengt wirkten, sah er erholter aus als am Vortag. Er war rasiert, sein Haar frisch gewaschen.
    »Ich könnte dir nie böse sein«, sagte sie leise. »Vergessen wir die Sache. Einverstanden?«
    »Ich kann sie nicht ungeschehen machen, Rina.« Er hielt ihren Blick fest. »Mein Benehmen gestern war unentschuldbar. Und für einen so genannten Mann Gottes wie mich einfach abscheulich. Ich habe meinen Frust, meine Enttäuschung an dir ausgelassen. Es tut mir sehr Leid.«
    Rina wandte sich ab. »Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Ich weiß nur zu gut, wie dir zu Mute ist.«
    »Ist trotzdem keine Entschuldigung.« Bram stand auf, ging zur offenen Tür, sah in den Garten hinaus. »Rina, ich habe nachgedacht, darüber, was du mich gefragt hast.«
    »Bram …«
    »Du hast mir eine Frage gestellt. Sie verdient eine Antwort. Hör mir einfach zu, ja?«
    Rina schwieg.
    »Ich habe versucht, jeden Augenblick noch einmal zu durchleben, den ich mit Yitzy verbracht habe, von unserer ersten Begegnung bis zu unserer letzten.«
    Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar.
    »Ich kann ehrlich sagen, dass es nie, niemals auch nur andeutungsweise eine Geste oder Bemerkung gegeben hat, derer ich mich schämen müsste. So lange ich Yitzy gekannt habe, war er das, was er immer gewesen ist. Ein aufrechter Zaddik, ein Gerechter, ein Rabbi und ein liebevoller Vater und Ehemann. Und mein Benehmen ihm gegenüber war immer ohne Fehl und Tadel. Aber …«
    Er schluckte, den Blick starr nach draußen gerichtet.
    »Aber es gab – wie ich es nennen möchte – Gefühle.«
    Rina sagte noch immer nichts.
    »Gefühle.« Bram sah sie an. »Vage sexuelle Gefühle.«
    Rina lehnte sich gegen die Küchentheke, betrachtete ihre Hände. »Für Yitzchak?«
    »Das habe ich damals angenommen, denn sie entstanden kurz nachdem ich ihn kennen gelernt hatte und verschwanden kurz nach seinem Tod wieder.«
    Er zuckte mit den Schultern.
    »Ich wusste nicht recht damit umzugehen. Ich hatte nie zuvor so empfunden. Abgesehen von einer kurzen Zeit in meinem Leben war ich immer ein Mann mit großen geistigen Bedürfnissen und eher kleinem physischem Appetit. Ich esse nicht viel, bin selten durstig, trinke außer gelegentlich einem Glas Bier keinen Alkohol. Ich habe nie Drogen genommen, nie eine Zigarette geraucht.«
    »Das ist doch in Ordnung.«
    »Und ich … ich … mein Sexualtrieb war nicht besonders groß«, fuhr er fort. »Ich schlage da offenbar aus der Art, denn wenn ich bedenke, wie mein Bruder in der Schule hinter den Mädchen her war!«
    Rina sah ihn an, sagte jedoch nichts.
    »Also wusste ich mit diesen Gefühlen nicht viel anzufangen«, sagte Bram. »Ich habe sie einfach mit Yitzchak verbunden und … unterdrückt. Jedenfalls blieb unsere Freundschaft davon völlig unberührt.«
    »Hat er …« Rina holte tief Luft. »Hat Yitzchak dich je spüren lassen …« Sie wandte sich ab. »Ach, vergiss es.«
    »Die Antwort auf deine ungestellte Frage ist ein nachdrückliches Nein.«
    Rina hielt die Hand vor den Mund. »Großer Gott, wie konnte ich überhaupt nur denken …« Sie räumte die Einkaufstüten aus.
    »Du machst mich nervös!«
    Sie wirbelte herum. »Was?«
    »Warum tötest du den Boten? Ich bringe dir nicht mal schlechte Nachrichten. Es war nie etwas anderes zwischen uns als brüderliche Liebe. Yitzchak war nicht schwul. Also beruhige dich.«
    Sie sank auf einen Küchenstuhl. »Ich benehme mich dumm.« Sie sah ihn an. »Bram, ich glaube, ich habe dir nie gedankt …«
    »Doch, hast du.«
    »Nein, habe ich nicht.«
    »Wir kommen vom Thema ab. Also diese Gefühle …«, fuhr er fort. »Erst viel später, nach Yitzys Tod, während dieser sehr kurzen

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