Decker & Lazarus 09 - Totengebet
Kerl. Aber du weißt, wie das ist. Sekretärinnen und ihre Chefs. Besonders bei einem Chef wie Sparks. Macht ist noch immer der wirksamste Lady-Killer. Wie erklärt es sich sonst, dass hässliche alte Knacker von Nymphchen flach gelegt werden?«
»Also, wenn Sparks sie gevögelt hat, ist er der Prototyp des heuchlerischen religiösen Fanatikers.«
»Lass das bloß nicht Decker hören.« Oliver hielt inne. »Wie kommst du denn überhaupt darauf?«
»Weil hier drei Regale mit religiöser Literatur voll gestopft sind … Christliche Zeitungen und Magazine, Unmengen von Gebetsbüchern und Bibeln.« Marge zuckte die Schultern. »Vielleicht haben Sparks und Heather zusammen die Bibel studiert.«
Oliver lachte. »Also in Missionarsstellung könnte ich mir die süße Heather schon vorstellen.«
Die Tür flog auf. »Was, zum Teufel, machen Sie hier?«, keifte eine Frauenstimme.
Marge steckte sich den Zeigefinger ins rechte Ohr und schüttelte den Kopf. Oliver klappte seine Marke auf.
Die junge Frau war Ende zwanzig. Das Auffälligste an ihr war im ersten Moment die löwenähnliche Mähne, die ihr über Schultern und Rücken wallte. Sie war ausgesprochen schlank und trug ein rotes Strickkleid, unter dem sich scharfe Kurven abzeichneten. Sie stieß Olivers Hand mit der Polizeimarke beiseite. »1st mir egal, wer Sie sind! Sie haben kein Recht in den Räumen meines Chefs herumzuschnüffeln.«
Der Vorspann der Nachrichtensendung flimmerte über den Bildschirm. Sparks Ermordung war die Top-Meldung. Das hatte zur Folge, dass die junge Frau erneut ein schrilles Klagegeschrei anhob. »Ich kann es einfach nicht glauben! Ich kann es nicht fassen!«
»Miss Manley«, begann Oliver vorsichtig. »Bitte setzen Sie sich erst mal.«
Sie raufte sich die üppige Haarmähne und Tränen quollen aus ihren tellerförmigen Augen. »Wie konnte nur jemand dem Doktor etwas zu Leide tun? Er war der liebste Mensch auf Erden!«
»Miss Manley, bitte setzen Sie sich doch.« Marges Mund formte stumm den Befehl, Oliver solle den verdammten Fernseher ausschalten.
Oliver schnitt dem Nachrichtensprecher mitten im Satz das Wort ab. Heather stöhnte noch immer. »Warum setzen Sie sich nicht, Miss Manley?«, drängte er erneut.
Heather Manley ging unruhig auf und ab.
Oliver rückte ihr einen Stuhl zurecht. »Bitte!«
Die Sekretärin blieb stehen und starrte ihn an. Dann setzte sie sich. Der Saum ihres Kleids rutschte bis zur Hälfte ihrer Oberschenkel hinauf und entblößte Beine mit schimmernd heller Haut. Olivers Blick nahm das Bild gründlich in sich auf und sagte: »Wir brauchen Ihre Hilfe, Madam. Haben Sie die Ärzte erreicht, die gestern diese Besprechung um sechs Uhr mit Sparks hatten?«
Heather schnupfte laut. »Dr. Decameron ist auf dem Weg hierher. Dr. Fulton … ist verhindert, weil sie keinen Babysitter kriegt. Und ihr Mann ist nicht zu Hause. Die fiese Ratte ist nie zu Hause. Ein echter Blindgänger dieser Kerl. Leidet an einem Peter-Pan-Komplex.«
Marge zückte ihr Notizbuch. »Diese Dr. Fulton ist also eine von Dr. Sparks Mitarbeitern?«
»Ja.« Heather zog ein Tempotaschentuch heraus, putzte sich die Nase und trocknete die Tränen. »Sie arbeitet mit Dr. Sparks an der Entwicklung von Curedon. Wie alle anderen auch.«
»Wer sind ›alle anderem?« Oliver hatte Mühe, Heathers sprunghaften Ausführungen zu folgen.
»Dr. Decameron, Dr. Fulton und Dr. Berger. Sie arbeiten mit Dr. Sparks … testen das Medikament Curedon.«
Oliver richtete sich auf. »Dr. Sparks hat ein neues Mittel entdeckt?«
»Er hat kein Mittel entdeckt«, verbesserte Heather ihn. »Er hat eines entwickelt. Nach jahrelanger Forschungsarbeit in seinem Labor. Curedon ist ein Medikament gegen Abwehrreaktionen des Körpers. Fisher/Tyne hat es gekauft.«
»Gekauft? Was bedeutet das?«, fragte Marge.
Heather seufzte. »Da bin ich mir auch nicht sicher. Fragen Sie Dr. Decameron und dann viel Glück.«
»Wieso viel Glück?«, fragte Oliver.
»Reggie ist ein Idiot. Versuchen Sie mal, eine Antwort von ihm zu bekommen. Viel Spaß! Keine Ahnung, wie Dr. Sparks ihn ertragen konnte.« Heather trocknete sich erneut die Augen. »Aber natürlich … Dr. Sparks war eben der wunderbarste Chef der Welt. Der ehrlichste, aufrichtigste, netteste, höflichste … Nicht dass er auch mal seine Launen gehabt hätte. Aber wenn man erst mal sein Genie begriffen hatte …« Sie begann erneut zu schluchzen.
»Wie lange haben Sie für ihn gearbeitet, Miss Manley?«, wollte
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