Decker & Lazarus 09 - Totengebet
von Aknenarben zerfurchten Gesicht waren das fliehende Kinn und die schlechten Vorderzähne. Sein fahlblondes Haar hatte er zum Pferdeschwanz gebunden. Sein Outfit glich dem von Grease Pit: Schwarzes T-Shirt über schwarzen Jeans. Seine Stiefel hatten Metallspitzen und Sporen, bestens geeignet, um störrische Motorräder anzutreiben.
»Sidewinder Polinski, das ist …«
»Lieutenant Decker.« Er streckte die Hand aus. Polinski schüttelte sie euphorisch.
»Sidewinder, dieser Bursche hier ist der Boss der Leute, die Granddaddys Tod untersuchen«, erklärte Grease Pit. »Wir müssen mit ihm zusammenarbeiten. Das Arschloch finden, das das auf dem Kerbholz hat.«
»Absolut«, sagte Polinski. »Wir helfen, wo wir können. Nicht nur ich, alle von uns. Wir haben Granddaddy geliebt.«
»War ein Mordskerl«, sagte Sanchez. »Habe gerade dem Lieutenant … dem Lieutenant …«
»Decker.«
»Ja, dem Lieutenant hier gesagt, dass entweder er das Arschloch findet … oder wir es finden. Macht für mich keinen Unterschied. Solange das Arschloch nur geschnappt wird, heißt das.«
»Sir, vor dem Gesetz ist das ein großer Unterschied.«
»Ach, scheiß auf das Gesetz!«
»Ich weiß, Mr. Sanchez. Das hatten wir schon mal.«
»Grease Pit ist gefrustet«, warf Polinski ein. »Wie wir alle. Ich meine, betrachten Sie’s mal von unserem Standpunkt aus. Die Steuergelder, die beim Prozess gegen OJ verschleudert wurden. Und dann die Pleite mit Menendez … da wurden noch mehr Dollar verheizt! Unmengen, verdammt. Ist doch verständlich, dass er davon quatscht, das Gesetz selbst in die Hand zu nehmen. Ich meine, es ist falsch. Aber es bringt was.«
»Es bringt euch in den Knast.«
»Womit wieder neue Steuergelder verschwendet wären«, sagte Polinski prompt. »Aber so weit hat’s die Gesellschaft gebracht. Nichts als Verschwendung.«
Decker starrte den Biker an, zückte sein Notizbuch. »Irgendeine Idee, wer Granddaddy ins Jenseits befördert haben könnte, Sidewinder?«
»Ich?« Polinski kratzte sich am Kopf. »Nein. Keinen Schimmer.«
»Ne, wir kennen keine Arschlöcher, die so einen Scheiß machen würden«, sagte Sanchez. »Wir glauben nicht an sinnlose Gewalt.«
Decker gelang es tatsächlich, keine Miene zu verziehen.
»Sie hätten Granddaddy mal sehen sollen«, fuhr Sanchez fort. »Auf seinem Bike, Lieutenant. Dem schmolz der Teer nur so unter den Reifen weg und der Auspuff hat gequalmt. Und er hatte die Geldbörse auf dem rechten Fleck. Kam immer damit rüber, wenn’s angesagt war.«
»Wofür angesagt war?«
»Für die Sache, Mann.«
»Für welche Sache?«
»Er meint«, sagte Polinski, »Dass Granddaddy geholfen hat, wann immer es nötig war.«
»Darauf kannst du einen lassen.«
»Was für eine Sache?«, wiederholte Decker.
»Na zum Beispiel, als es Benny zerlegt hat.« Polinski kratzte sich erneut den Kopf, und es regnete Schuppen. »Mann, hat’s dem die Schnauze poliert.«
»Ja, Mann! Das war der GAU«, seufzte Sanchez. »Den hat’s richtig zerlegt, Mann.«
»Was ist denn mit Benny passiert?«, wollte Decker wissen.
»War stockbesoffen, das Arschloch.« Sanchez rückte seine Hose zurecht. »Den hat’s kopfüber mit dem Bike durch die Gegend katapultiert. Das Blut ist nur so gespritzt. Granddaddy war sofort auf dem Posten. Mann, das war ein Fest! Granddaddy in Aktion, als sich Benny die Schnauze poliert hatte. Ein alter Knacker wie er!« Er schnippte mit den Finger. »Hat sich bewegt wie ein junger Gott.«
»Hat ihn verbunden und zusammengeflickt, bevor überhaupt eine Ambulanz angetrödelt kam«, berichtete Polinski. »War eine Offenbarung, ihm zuzusehen. Wir haben alle den Mund nicht zugekriegt … vor Bewunderung.«
»Und was ist aus Benny geworden?«
»Hat trotzdem ins Gras gebissen, verdammte Scheiße«, antwortete Sanchez. »Massive Kopfverletzungen.«
»Nicht, dass er viel drin gehabt hätte, in seinem Schädel.«
»Er hat keinen Helm getragen?«, fragte Decker.
Sanchez schnaubte verächtlich. »Wir hatten unseren Spaß in der Wüste. Da erwartest du nichts Böses, in der Wüste. Schon gar keinen Unfall. Außerdem sind Helme nur was für die Bräute.«
»Schade, dass Benny das nicht mehr widerlegen kann«, bemerkte Decker. »Wie kam es eigentlich, dass Sparks sich eurer Truppe angeschlossen hat, mit euch auf Tour gegangen ist?«
»Ich hab ihn gefragt, ob er Lust hat«, antwortete Sanchez. »Hab mich gleich in den alten Knacker verknallt, Sie wissen schon. Ist mit seinen Söhnen in den
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